IGeL-Report 2024

Warum zahnärztliche Leistungen draußen bleiben

sth
Politik
2,4 Milliarden Euro geben Patienten in Deutschland jährlich für Selbstzahlerleistungen aus oft ohne Nutzen. Zahnärztliche Leistungen bleiben im IGeL-Report 2024 erneut außen vor.

Erstmals liefere der Report „belastbare Informationen darüber, wie viel Geld gesetzlich Krankenversicherte insgesamt für IGeL ausgeben und wie sich diese Ausgaben auf einzelne IGeL und Facharztgruppen verteilen“, heißt es in dem Papier, für das das Marktforschungsinstitut forsa im Auftrag des Medizinischen Dienstes Bund 2.013 Personen im Alter von 18 bis 80 Jahren befragt hat.

Der Medizinische Dienst geht sogar davon aus, dass die eigentliche Summe weitaus höher liegt als 2,4 Milliarden Euro, da auch gesetzlich Versicherte unter 18 und über 80 Jahren IGeL in ärztlichen Praxen in Anspruch nehmen. Die wirtschaftliche Bedeutung des IGeL-Marktes sei demnach „enorm“.

Zwei von drei Befragten denken, IGeL seien medizinisch notwendig

Als „besorgniserregend“ bezeichnete Prof. Dr. Jonas Schreyögg vom Lehrstuhl für Management im Gesundheitswesen der Universität Hamburg, „dass die meisten Patientinnen und Patienten viel zu wenig Wissen haben, um eine informierte Entscheidung für oder gegen eine IGeL treffen zu können“. So seien zwei von drei Befragten etwa von der falschen Annahme ausgegangen, dass es sich bei IGeL um medizinisch notwendige Leistungen handele, berichtete Schreyögg, der den Report wissenschaftlich begleitet hat.

Problematisch ist dabei laut der Befragung, dass IGeL in den Praxen zwar durchaus als IGeL benannt werden, oftmals jedoch „fälschlicherweise als medizinisch notwendige Leistungen verkauft werden, für die die Krankenkassen nicht aufkommen“. Über die Hälfte der Versicherten sagte laut dem Report überdies, dass IGeL wichtig für den Erhalt der Gesundheit seien und bewerteten sie als eine gesundheitsfördernde Ergänzung zu den Leistungen der GKV.

Immer wieder gibt es Verstöße gegen Patientenrechte und Regeln

Immer wieder werde gegen Patientenrechte und Regeln, die von ärztlichen Praxen beim Verkauf von IGeL einzuhalten seien, verstoßen, kritisierte Dr. Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender Medizinischer Dienst Bund: „So wird Patientinnen und Patienten oftmals der vermeintliche Nutzen von IGeL angepriesen, während über das Schadensrisiko nicht informiert wird.“

Der gesundheitspolitische Fokus sollte zukünftig darauf liegen, die Patientinnen und Patienten in den Arztpraxen besser zu informieren und die Praxen zum Beispiel dazu zu verpflichten, unabhängige schriftliche Informationen zu ihren IGeL vorzuhalten und auszuhändigen.

Wenig Veränderung bei den Top-Anbietern

Der IGeL-Report 2024 zeigt, dass mit 7,5 Millionen Leistungen pro Jahr Selbstzahlerleistungen in gynäkologischen Praxen mit Abstand am häufigsten in Anspruch genommen werden. Es folgen die Allgemeinmedizin mit 4,5 Millionen, die Augenheilkunde mit 4,4 Millionen, die Orthopädie und Unfallchirurgie mit 2,1 Millionen und die Urologie mit 1,7 Millionen.

Die höchsten Umsätze durch den Verkauf von IGeL erzielen laut der Analyse die Fachrichtungen Augenheilkunde (544 Millionen Euro), Gynäkologie (543 Millionen), Orthopädie und Unfallchirurgie (397 Millionen Euro), Allgemeinmedizin (341 Millionen Euro) und Dermatologie (116 Millionen Euro).

Zahnärztliche Leistungen werden von vielen Krankenkassen erstattet

Auch in der Erhebung für den IGeL-Report 2024 wurden zahnärztliche Leistungen wieder nicht berücksichtigt. Bei ihnen handele es sich „nicht um IGeL im eigentlichen Sinne, sondern in der Regel um Zuzahlungen, die mittlerweile auch von vielen Krankenkassen als Satzungsleistungen erstattet oder bezuschusst werden“, teilte ein Mitarbeiter am IGeL-Report auf unsere Anfrage mit.

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