Worauf Arbeitgeber bei Überstunden achten sollten
„Überstunden“ und „Mehrarbeit“ zum Beispiel klingen ähnlich, sind aber nicht dasselbe, erklärt der Kölner Fachanwalt Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ beim VDAA. Auch wenn beide Begriffe oft verwechselt werden gebe es arbeitsrechtlich klare Unterschiede.
„Überstunden liegen vor, wenn Beschäftigte mehr arbeiten, als in ihrem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung steht. Wer also länger bleibt, als individuell vereinbart, macht Überstunden. Mehrarbeit heißt dagegen: Die gesetzliche Höchstarbeitszeit wird überschritten.“ Laut Arbeitszeitgesetz gelte: Maximal acht Stunden pro Werktag – mehr ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Etwa durch spezielle Tarifverträge, so Görzel, der FAQ liefert.
Darf der Chef einfach Überstunden anordnen?
Die klare Antwort: Nein. Viele glauben, der Arbeitgeber könne Überstunden einfach anordnen – doch das stimmt nicht. Das sogenannte Weisungsrecht erlaubt dem Arbeitgeber zwar, die Arbeit im Detail zu organisieren. Aber es reicht nicht aus, um Beschäftigte zu zusätzlicher Arbeit zu verpflichten. Ohne klare Regelung im Vertrag müssen Arbeitnehmer also keine Überstunden leisten. Das Weisungsrecht darf nicht dazu benutzt werden, um einfach mehr Arbeit zu verlangen, als ursprünglich vereinbart wurde. Es braucht eine gemeinsame Vereinbarung – mündlich oder schriftlich. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich einig sein, dass Überstunden geleistet werden. Ohne Zustimmung gibt es keine Pflicht zu bleiben!Überstunden vereinbaren: So geht’s richtig
Manchmal muss es schnell gehen. In solchen Fällen kann sich der Arbeitgeber direkt mit dem Mitarbeitenden abstimmen – und dieser erklärt sich bereit, länger zu arbeiten. Dafür reicht schon eine mündliche Absprache. Auch eine stillschweigende Übereinkunft kann genügen. Transparenter und sicherer ist es jedoch, wenn Überstunden im Arbeitsvertrag geregelt sind. Dort kann zum Beispiel stehen, dass der Arbeitgeber Überstunden anordnen darf. Aber Achtung: Damit so eine Klausel wirksam ist, muss sie angeben, wie viele Überstunden maximal verlangt werden dürfen. Nur so weiß der oder die Beschäftigte genau, was auf ihn oder sie zukommen kann – und kann sich entsprechend darauf einstellen.Tarifvertrag, Betriebsrat, Notfall: Wann Überstunden doch erlaubt sind
Gibt es eine Betriebsvereinbarung zu Überstunden, dann bestimmt diese, wann der Arbeitgeber Überstunden verlangen darf – und wann nicht. Wichtig dabei: Der Betriebsrat hat beim Thema Überstunden ein Wörtchen mitzureden. Laut § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gilt ein Mitbestimmungsrecht. Gleiches gilt für Tarifverträge. Auch sie enthalten oft klare Regeln, wie viele Überstunden erlaubt sind und in welchen Fällen sie angeordnet werden dürfen.Es gibt ganz seltene Ausnahmefälle
Bei echten Not- oder Katastrophenfällen – zum Beispiel bei einer Naturkatastrophe, darf der Arbeitgeber zu Überstunden einseitig verpflichten. In solchen Fällen kann sich aus der Treuepflicht der Mitarbeitenden ergeben, dass sie verpflichtet sind, auch ohne vorherige Absprache länger zu arbeiten. Aber: Solche Fälle sind die absolute Ausnahme – und müssen wirklich schwerwiegend und nicht vorhersehbar sein.Überstunden auszahlen
Grundsätzlich gilt: Überstunden müssen bezahlt werden – es sei denn, etwas anderes wurde klar und wirksam vereinbart. Das heißt: In vielen Fällen bekommen Beschäftigte für ihre Mehrarbeit das reguläre Gehalt plus Überstundenvergütung. Alternativ kann auch Freizeitausgleich vereinbart werden. Doch Vorsicht: Pauschale Klauseln im Arbeitsvertrag, die sagen, dass alle Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, können ungültig sein. Nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel bei leitenden Angestellten mit hohem Gehalt – ist das zulässig. Wichtig ist außerdem: Eine solche Klausel muss ganz genau angeben, wie viele Überstunden davon betroffen sind und in welcher Höhe sie abgegolten sein sollen. Fehlt diese Klarheit? Dann ist die Klausel unwirksam – und der Arbeitgeber muss zahlen.Überstunden abbauen
Was passiert mit den angesammelten Überstunden? Und wer bestimmt, wann sie abgebaut werden? Gibt es keine Regelung im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, darf der Arbeitgeber selbst entscheiden, wann Überstunden abgebaut werden. Er darf dabei sein Weisungsrecht nutzen – zum Beispiel, um in auftragsarmen Zeiten den Abbau von Plusstunden anzuordnen.