Midlife-Krise des Mannes
Irene kennt ihren Mann nicht mehr wieder: Statt Stunden vor dem Fernsehen auf dem Sofa zu hocken, joggt ihr Manfred wie von Furien verfolgt durch den Wald. Dafür allerdings lassen seine Aktivitäten im ehelichen Schlafzimmer zu wünschen übrig. Manfred ist 48 Jahre alt und in einer kritischen Phase seines Lebens. Die Wissenschaftler nennen das PADAM-Syndrom. Das Kürzel steht für „partielle Senkung des Androgenspiegels beim alternden Mann“, ein Phänomen, das dem starken Geschlecht in seinen besten Jahren zu schaffen macht: Mit etwa 40 Jahren, sagen die Forscher, nimmt die Produktion des männlichen Hormons Testosteron durchschnittlich und kontinuierlich um ein Prozent pro Jahr ab.
Die männliche Potenz ist davon zunächst nur selten betroffen. Selbst im hohen Alter von 80 Jahren ist jeder Zweite statistisch gesehen noch Manns genug, Kinder zu zeugen. Männer kommen eher schleichend in die Jahre. Eine so rasante Umstellung wie Frauen in den Wechseljahren haben sie nicht zu verkraften, sagt der Medizinische Psychologe der Universität Leipzig, Elmar Brähler.
Senken des Hormonspiegels
Dennoch hat der sinkende Hormonspiegel ab etwa 50 Jahren Folgen für den Körper, betont der Frankfurter Urologe Gerd Ludwig in einem demnächst erscheinenden Buch über „Sexualität und Partnerschaft in der zweiten Lebenshälfte“. Tatsächlich klagen nicht wenige Männer in der Mitte des Lebens über ähnliche Symptome wie Frauen: Hitzewallungen, Ansteigen der Herzfrequenz, Konzentrationsstörungen und sogar Depressionen. Auch die Lust lässt nach, nicht aber die Potenz.
Verstärkt wird das PADAM-Syndrom noch durch die Tatsache, dass es sich in einer Lebensphase bemerkbar macht, die auch durch andere Faktoren belastet ist: Die Kinder sind groß, die Leistung lässt nach und die ersten Anzeichen des Alterns lassen sich auch beim besten Willen nicht mehr verleugnen. „Das ist eine gefährliche Zeit für Paare“, warnt Brähler. Der Frankfurter Urologe Hermann Berberich sieht das ähnlich: „Älter werden hat etwas mit Loslassen zu tun – und das können Männer schlechter als Frauen.“ Auch Alleinsein sei für Männer eher ein Problem als für Frauen.
Bestätigung nötiger denn je
Viele Männer haben aus diesen Gründen ihre Schwierigkeiten mit dem Älterwerden. Deshalb sind nach Berberichs Einschätzung diejenigen, die sich in den mittleren Jahren einer jüngeren Frau zuwenden, nicht in erster Linie von sexuellen Wünschen getrieben, sondern von dem Bedürfnis nach Bestätigung der eigenen Jugendlichkeit. „Je oller, je doller“, sagt der Volksmund dazu. Psychologen und Mediziner sprechen vom „Jennifer-Syndrom“.
Sorgen bereitet es den Psychologen und Andrologen, dass Männer – wesentlich stärker als Frauen – Raubbau mit ihrem Körper betreiben. „Männer ziehen durch“, sagt Brähler. Genussgifte, Süchte, schlechte Ernährung, Schlafmangel und übertriebene sportliche Aktivitäten schwächten den Körper.
„Das männliche Prinzip ist lebensverkürzend“, warnt auch Berberich, der in der Deutschen Urologischen Gesellschaft die Arbeitsgruppe „Psychosomatik“ leitet. Den Körper sähen viele Männer als „Maschine“. „Stimmt etwas nicht, wollen sie ihn repariert haben wie ihr Auto.“ Zu dieser verkürzten Sichtweise passt nach Brählers Worten auch ein immer wieder zu beobachtender voreiliger Griff zu Lifestyle-Medikamenten gegen Haarausfall, Erektionsstörungen oder Fett.