Job-Sharing – leichter Einstieg mit Risiken

Geteilte Arbeit für zwei echte Partner

Zulassungsbeschränkungen oder auch finanzielle Hürden verzögern oftmals die Niederlassung für frischgebackene Zahnärzte; Alteingesessene wünschen sich einen allmählichen Ausstieg aus der vertragszahnärztlichen Praxis. Job-Sharing bietet – wenn auch nicht ganz ohne Risiko – echten Partnern reizvolle Perspektiven.

Als eine Folge des 2. Neuordnungsgesetzes wurde die Möglichkeit des so genannten Job-Sharings auch für Freiberufler geschaffen. Demzufolge besteht die Möglichkeit, auch in einem überversorgten Planungsbereich eine Kassenzulassung zu erhalten. Vorausgesetzt, dass

• der betreffende Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt derselben Arztgruppe ausüben wird und

• die Partner sich gegenüber dem Zulassungsausschuss zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet.

Der Vertrag über die gemeinsame Berufsausübung beider Partner muss gemäß den Bedarfsplanungsrichtlinien der Bundesausschüsse einen Vertrag zur Bildung einer Gemeinschaftspraxis darstellen, welche die Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit gem. § 33 Abs. 2, Satz 2 1.-ZV erfüllt.

Dieses Modell des Job-Sharings bietet jungen Zahnärzten jetzt die Chance, auch in Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erhalten, ohne dass ein Sondertatbestand vorliegt.

Besonders attraktiv kann eine solche beschränkte Zulassung in Planungsbereichen sein, in denen in naher Zukunft mit einer Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen gem. § 103 Abs. 3 SGB V zu rechnen ist. in diesem Fall würden die Beschränkungen und die Leistungsbegrenzung der Job-Sharing- Zulassung unmittelbar enden, und der Job-Sharing-Partner somit über eine Vollzulassung verfügen.

Reizvolle Perspektiven für Newcomer ...

Ein weiterer Vorteil, insbesondere für junge Medizinerinnen, besteht darin, dass diese Form der zahnärztlichen Kooperation auch eine Teilzeittätigkeit erlaubt. Das ist eine der wenigen Möglichkeiten, den sonst Kraft raubenden Einstieg in die berufliche Selbständigkeit mit einem Familienleben zu vereinbaren.

Im Vergleich zu der Übernahme einer Praxis erleichtert Job-Sharing dem Newcomer den Start in die Selbständigkeit nämlich erheblich: Der neu eingetretene Partner profitiert üblicherweise von der Erfahrung und Alltagsroutine des älteren Kollegen, gerade wenn es um die speziellen Probleme der Niedergelassenen geht, die der Zahnarzt während seiner Ausbildung kaum oder nur flüchtig kennen lernt.

... und für etablierte Aussteiger

Für den älteren, bereits langjährig niedergelassenen Partner wiederum bietet dieses Modell des Job-Sharings die Möglichkeit, sich von der Praxis zu trennen. Ein interessanter Aspekt, zumal es für abgabewillige Zahnärzte bekanntermaßen schwierig ist, ad hoc ihre bisherige Position aufzugeben. Auch aus einem anderen, von der eigenen Lebensplanung unabhängigen Gesichtspunkt her kann Job-Sharing mit einem jungen Partner für den alteingesessenen Zahnarzt eine reizvolle Perspektive bieten: Eröffnet sich doch hierdurch dem etablierten Partner die Chance, gezielter auch Privatleistungen anzubieten, als er dies bislang aus zeitlichen Gründen einrichten konnte.

Mit einem Junior in der Praxis könnte der Seniorpartner aber in einem von ihm bislang wenig erschlossenen Marktbereich expandieren, ohne dabei die Aufgaben aus der vertragszahnärztlichen Tätigkeit vernachlässigen zu müssen. Denkbar wäre etwa eine Aufgabenverteilung der Partner mit dem Zuschnitt, dass der junge Zahnarzt den Bereich der vertragszahnärztlichen Tätigkeit abdeckt, während der Alteingesessene sich stärker darauf konzentriert, die Position der Praxis auf dem privaten Sektor auszubauen.

Auf jeden Fall muss die neue Gemeinschaftspraxis eine echte Kooperation sein. Andernfalls, etwa bei einer „versteckten“ Anstellung eines angeblichen Job-Sharing- Partners, würden empfindliche Nachzahlungen der Sozialversicherungsabgaben und unter Umständen ein Verfahren wegen Abrechnungsbetrug drohen.

Essig im Wein

Der Gesetzgeber hat es jedoch leider nicht unterlassen, ein wenig Essig in den Wein zu geben: Bei dieser Partnerschaft bleibt

1.die Beschränkung der Neuzulassung erhalten,

2.die Leistung im vertragszahnärztlichen Sektor begrenzt,

3.die eventuelle offizielle Nachfolgeregelung offen.

Zum ersten Punkt: Die Beschränkung der Neuzulassung auf die gemeinsame Tätigkeit und die Leistungsbegrenzung endet erst nach zehnjähriger gemeinsamer vertragszahnärztlicher Tätigkeit.

Der zweite Nachteil wurde ja bereits angerissen: die Leistungsbegrenzung. Gemäß den Bedarfsplanungsrichtlinien- Zahnärzte sind als Obergrenze für die neuen Partner Gesamtpunktzahlvolumina so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als drei Prozent überschritten werden. Dabei ist das Überschreitungsvolumen von drei Prozent jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Diese Punktzahlobergrenze wird vom Zulassungsausschuss als Nebenbestimmung zum Job-Sharing-Zulassungsbescheid beziehungsweise Genehmigungsbescheid der Job-Sharing-Gemeinschaftspraxis erlassen. – Höchst umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob die Punktzahlobergrenze als Nebenbestimmung isoliert angreifbar ist, mit dem Resultat, dass jedenfalls der Zulassungs- beziehungsweise Genehmigungsbescheid wirksam bleibt, oder ob nur der Gesamtbescheid angegriffen werden kann, mit dem Ergebnis, dass der Zulassungs- oder Genehmigungsbescheid insgesamt nicht wirksam wird.

Der dritte Nachteil betrifft in erster Linie den Junior der Praxis: Die gemeinschaftliche Praxisausübung mit dem Job-Sharing- Partner ist erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragszahnärztlicher Tätigkeit bei der Auswahl der Bewerber zu berücksichtigen, im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 SGB V.

Im Klartext bedeutet dies schlimmsten Falles, dass der neu eingetretene Partner vor Ablauf dieser fünf Jahre mit leeren Händen da steht, falls der Seniorpartner auf die Vollzulassung verzichtet, sie verliert oder aus Altersgründen abgeben muss – oder aber stirbt.

Das Risiko abfedern

Der Junior wäre dann zwar Teilhaber einer Zahnarztpraxis, würde aber trotz seiner bis dahin gemeinsam ausgeübten Tätigkeit hinsichtlich der Nachfolge dieser vertragszahnärztlichen Vollzulassung nicht bevorzugt berücksichtigt werden.

Dieses besondere Risiko des Juniorpartners während der ersten fünf gemeinsamen Praxisjahre kann nur mit einer konstruktiven Gestaltung des Vertrags bei der Gründung der Gemeinschaftspraxis oder bei der Aufnahme eines Job-Sharing-Partners in eine bestehende Gemeinschaftspraxis abgefedert werden.

Ziel hierbei muss sein, gerade das zuletzt genannte Risiko im Wege der Vertragsgestaltung so klein wie möglich zu halten. Eine völlige Absicherung für die zuletzt genannte Situation ist rechtlich jedoch unmöglich.

Ein Vertrag für zwei

Die Chancen und Vorteile des Job-Sharing- Modells überwiegen dessen Nachteile. Allerdings muss der Vertrag zur Gemeinschaftspraxis zwischen den beiden Kooperationspartnern die Risiken, die sich aus der geltenden Rechtslage ergeben, für alle Beteiligten persönlich weitest möglich kompensieren und minimieren.

Andreas OhleckRechtsanwaltLenaustraße 7168167 Mannheim

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