Betriebliches Gesundheitsmanagement

Am besten topfit bis zur Rente

sg
Wirtschaftlich schwierige Zeiten setzen nicht nur Unternehmen, sondern auch deren Mitarbeitern zu. Die Krise schlägt auf die Gesundheit. In den Firmen stehen dafür bisweilen betriebsärztliche Checks oder Fitnesskurse zur Verfügung. Doch das allein reicht nicht mehr. Mehr als körperlich, fühlen sich Beschäftige heute geistig erschöpft. Dafür müssen jetzt die Weichen im betrieblichen Gesundheitsmanagement gestellt werden.

Glaubt man den Aussagen der Fachleute, steigt die Anzahl derer, die aufgrund von seelischen Krankheiten der Arbeit fernbleiben kontinuierlich an. Ein Arbeitnehmer ist im Durchschnitt 22,5 Tage krank wegen eines inneren Erschöpfungszustands und nur 15,7 Tage wegen einer Verletzung, so das wissenschaftliche Institut der AOK in einer Erhebung der Ausfallzeiten nach Krankheitsarten von 2008. Verglichen mit den körperlichen Gebrechen dauern Krankschreibungen verursacht durch psychische Probleme auch länger an. Eine beängstigende Entwicklung, zumal keine Entspannung der Arbeitssituation in Sicht scheint und Symptome psychischer Probleme im Vorfeld von dem Betroffenen gar nicht als solche wahrgenommen werden. Arbeitsbedingte Stressauslöser können aus Wahrnehmungen und Bewertungen entstehen, oder durch eine Emotion wie etwa dauerhafter Ärger mit dem Chef oder Kollegen.

Burnout ist zu einem Massenphänomen geworden. Jeder Neunte leide in Deutschland bereits darunter, schätzen die Betriebskrankenkassen. Psychische Störungen sind heute nachweislich der häufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit. Das ist auf die Individualisierung und Flexibilisierung der modernen Arbeitswelt zurückzuführen. Hier werden unentwegt Entscheidungen von den Mitarbeitern verlangt. Sie müssen für immer komplexere Aufgaben immer mehr Verantwortung übernehmen. Eine überbordende Flut von Mails und permanente Leistung „am Anschlag“ sind kräftezehrend und münden immer häufiger in einen Zustand des Ausgebranntseins. Eine tickende Zeitbombe, die schnell zu handfesten Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann. Ist der Mitarbeiter erst einmal psychisch erkrankt, wird er eine mehr oder minder lange Auszeit benötigen, in der dem Unternehmen wertvolles Know-how fehlt und Kosten entstehen.

Stress-Stabilität erlernen

Vor diesem Hintergrund ist das betriebliche Gesundheitsmanagement gefordert. Wo bisher noch Sportgeräte und der Besuch beim Betriebsarzt im Vordergrund standen, müssen jetzt Maßnahmen ergriffen werden, um psychischen Krankheiten vorzubeugen. Psychologen wie Dr. Petra Bernatzeder, Geschäftsführerin des Münchner Unternehmens Upgrade Human Ressources, sprechen in diesem Zusammenhang von einer „neuen Präventionskultur“. „Um heute wirksam dem Stress begegnen zu können, muss eine präventive Arbeitsgestaltung stattfinden. Das heißt, Unternehmen sollten da ansetzen, wo es um Aufbau geht, nämlich beim Aufbau von Stress-Stabilität und mentaler Stärke.“

Tatsächlich offenbart die Praxis aber ein anderes Bild. Unternehmen agieren kapitalmarktgetrieben. Sie richten ihr Handeln auf kurzfristige Gewinne aus. Dafür müssen Mitarbeiter im Extremfall schon einmal kurzfristig ausgewechselt werden oder dauerhafte Überlastung ertragen. Die Gesundheit als einen wesentlichen Produktivitätsfaktor zu sehen und langfristig im Betrieb zu etablieren, ist Vielen noch fremd. Eine Veränderung in Richtung Präventionskultur würde auch für das Management bedeuten, eine andere Personalpolitik zu betreiben, in der beispielsweise verstärkt Teamarbeit und dezentrale Entscheidungen im Fokus stehen könnten.

Altersgerechte Gesundheitsförderung

Vereinzelte Anzeichen im Markt deuten aber schon darauf hin, dass Unternehmen, die schon jetzt ein gezieltes Gesundheitsmanagement betreiben, davon profitieren. So ging aus einer kürzlich veröffentlichten Befragung der Initiative Gesundheit und Arbeit hervor, dass bei rund 82 Prozent der Unternehmen, die Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) einsetzen, eine stabilisierende Wirkung in Bezug auf die Belastbarkeit der Mitarbeiter in schwierigen Zeiten zu registrieren ist. Verantwortlich dafür seien vor allem die Verbesserungen am Arbeitsplatz und bei den Arbeitsabläufen, durch die der Krankenstand verringert werden konnte.

Alleinige Messgröße für ein erfolgreiches BGM sollte allerdings nicht nur die Verringerung der Krankentage sein. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und sich verändernder Erwerbsbiografien bewährt sich eine altersgerechte Gesundheitsförderung. Ältere Arbeitnehmer sind naturgemäß anfälliger für Krankheiten, erst recht, wenn sie dauerhaftem Druck ausgesetzt sind. Meist arbeiten sie aber auch eigenverantwortlicher und selbstständiger als die jungen Kollegen, das heißt, Gesundheitsförderung sollte diese Voraussetzung berücksichtigen. Mitarbeiter müssen motiviert werden, um zu lernen, mit der eigenen Belastungssituation besser umzugehen. Der Arbeitgeber sollte den Rahmen dafür schaffen, damit sie sich aktiv und eigenverantwortlich eine verbesserte Problemlösungskompetenz erarbeiten. Denn wer gelernt hat, stressresistent zu sein und über mentale Stärke verfügt, bleibt geistig fit und psychisch gesund – sogar bis zur Rente.

Silvia HänigEichendorffstraße 2285521 Ottobrunn bei München

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