CAD/CAM zeigt neue Perspektiven
Wenn in einem Vierteljahrhundert bis heute weltweit insgesamt rund 26 Millionen vollkeramische Restaurationen mit Hilfe aller CAD/CAM-Systeme konstruiert und NC-gesteuert ausgeschliffen worden sind, erinnert man sich kaum noch an das Jahr 1985, als das erste computergestützt ausgeschliffene Keramikinlay an der Universität Zürich entstand. Der Erfolg der computergestützten Verfahren dominiert unser Erinnerungsvermögen, weil wir uns daran gewöhnt haben, dass die Digitaltechnik heute viele restaurative Behandlungsschritte vereinfacht und klinisch dauerhafte Ergebnisse produziert.
Das Cerec-System war lange Zeit der einzige Vertreter der optoelektronischen Intraoralabformung und der computergestützten Rekonstruktion. Heute ist es das meist verbreitete CAD/CAM-Verfahren für vollkeramische Versorgungen und ihre Anwender können als einzige auf ein Vierteljahrhundert Erfahrung in Klinik und Praxis zurückblicken.
25 Jahre Erfahrung
Die Geburtstagfeier, die im August im Rahmen eines Welt-Symposiums in Las Vegas, USA, in Anwesenheit von rund 3 000 System-Anwendern und CAD/CAM-Interessierten stattfand, war jedoch nicht nur dem Rückblick gewidmet. 40 international bekannte Referenten thematisierten auch neue Applikationen, die Praxis und ZT-Labor weitere Prozessschritte und Schnittstellen zur Vernetzung mit externen Systemen bieten. Die Langlebigkeit der CAD/CAMRestaurationen ist laut Prof. Dennis Fasbinder, Universität von Michigan, Ann Arbor, durch viele Studien hinlänglich bewiesen, so dass der „Goldstandard“ nicht mehr allein metallgestützten Versorgungen zugeschrieben werden kann. Dass Cerec nicht stehen geblieben ist, sondern sich zusehends zum Nukleus für vernetzte Anwendungen entwickelt, beschrieb Prof. Werner Mörmann, Universität Zürich, und verwies auf die „interaktive, abformfreie Praxis“, auf die arbeitsteilige Schnittstelle zur Zahntechnik (Abbildung 1) und zur digitalen Volumentomografie für die Implantologie.
Die Weiterentwicklung der biogenerischen Kauflächengestaltung für Kronenrekonstruktionen stellte Prof. Albert Mehl, Universität Zürich, vor – ein Verfahren, das die Gestaltung patientenspezifischer Okklusalflächen mit funktionellen Eigenschaften ermöglicht (Abbildung 2). Ihre Erfahrungen aus der Praxis zu biogenerisch gefertigten Kronen berichteten die US-Zahnärzte James Klim, Jacob Park, Sameer Puri, die der Software eine gute Praxistauglichkeit zur Herstellung individueller Kauflächen bescheinigten.
Zahnersatz modellfrei fertigen
Vom Online-Datenaustausch intraoral erzeugter, virtueller Modelle zum ZT-Labor mit Cerec Connect berichteten Michael Skramstad sowie die Zahntechniker Tom Nieting und Lindy Sikes. Auf breiter Basis nutzen diese Software inzwischen die Glidewell-Labors in Kalifornien; der Inhaber des ZT-Labors mit 2600 Mitarbeitern verzeichnet zunehmende Eingänge von Digitaldatensätzen aus Praxen, die auf dem „in-Lab-System“ zu vollkeramischen Kronen und Brücken verarbeitet werden. Mit den Worten „no model, no problem“ gewinnt laut James Glidewell die mittels Digitalabformung modellfrei hergestellte, gerüstfreie Kronenrestauration zunehmend an Bedeutung (Abbildung 3). Die im Vergleich zur konventionellen Abformung höhere Übertragungspräzision der via Internet übermittelten Datensätze wird laut Glidewell dazu führen, dass künftig für die Herstellung von monolithisch gefrästen Kronen und drei- bis viergliedrigen Brücken kein Modell mehr erforderlich sein wird. Durch die modellfreie Fertigung würden Zeitaufwand und Herstellungskosten ohne Qualitätseinbußen reduziert. Wachstum prognostizierte Glidewell ebenso der Multilayertechnik auf Kronenund Brückengerüsten. Hierbei wird die Verblendung computergestützt aus Feldspatkeramik oder Lithiumdisilikat ausgeschliffen und mit dem anatomisch reduzierten Zirkonoxid-Gerüst dauerhaft verbunden (Abbildung 4).
Den virtuellen Import von Cerec-Scans in die dreidimensional bildgebende, digitale Volumentomografie (GALILEOS) thematisierten die Zahnärzte Tarun Agarwal, Andreas Bindl, Yukio Kusama, Jay Reznick, Neal Patel. Mit diesem Verfahren kann erstmalig die Planung einer implantologischen Versorgung präzisiert, die Behandlung vereinfacht und die klinische Sicherheit erheblich gesteigert werden (Abbildung 5). Cerec hat auch wirtschaftliche Aspekte bedient. So können ästhetische Restaurationen zu sehr unterschiedlichen Arbeitskosten erzielt werden. Monolithisch ausgeschliffene Kronen aus Feldspat oder Lithiumdisilikat, poliert, glasiert oder charakterisiert, alternativ mit der Cutback-Methode im Schichtsinter- oder Pressverfahren verblendet – alle diese Techniken verfolgen zwei Ziele: Ästhetik für jeden individuellen Anspruch und zu unterschiedlichen Kosten zu fertigen, die im Einzelfall den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Patienten entgegen kommen. Vollkeramik und CAD/CAM haben Ästhetik zu wirtschaftlichen Bedingungen möglich gemacht.
In den USA, in denen sich der technische Fortschritt in allen Bereichen der Medizin besonders schnell durchsetzt, ist das computergestützte Chairside-Verfahren besonders schnell aufgenommen worden. Die Referenten auf dem Cerec-Weltsymposium ließen aber auch keinen Zweifel daran, dass die Anforderungen der Anwender hinsichtlich Produktivität, Flexibilität und Wirtschaftlichkeit weiterhin steigen werden. Las Vegas hat jedoch gezeigt, dass Cerec das Rüstzeug dazu hat, auch weiterhin den Standard in der CAD/CAM-Technik zu prägen.
Manfred KernDeutsche Gesellschaft fürComputergestützte Zahnheilkunde (DGCZ)Karl-Marx-Straße 12412034 Berlinm.kern-dgcz@t-online.de