KZBV-Diskussionsforum in Berlin

Reform heißt Strukturreform

Wie geht es für die Zahnärzte nach der geplanten Gesundheitsreform weiter? Das wollte der Vorstand der KZBV wissen und lud die führenden gesundheitspolitischen Akteure am 2. Juli in Berlin zur Diskussion ein. Wider Erwarten wurden die von der Koalition angekündigten Eckpunkte jedoch erneut vertagt – Position bezogen die Gäste trotzdem.

Nur strukturelle Reformen können die – vom Patienten zu Recht erwartete – hochwertige Versorgung in der Zahnmedizin sicherstellen, verdeutlichte der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer in seinem Eingangsstatement. Wichtig sei, jetzt die Weichen zu stellen, und zwar in Richtung einer flächendeckenden Versorgung mit freier Arztwahl und wettbewerbsfähigen Vergütungsstrukturen – statt hin zu einem Flickenteppich mit fragwürdiger Qualität. Nach 20 Jahren ohne Honorarreform seien Sparmaßnahmen bei den Zahnärzten fehl am Platz.

Wettbewerb und Qualität

Eßer: „Soll das Fazit für Zahnärzte heißen: Bei der Reform vergessen und beim Sparen wiederentdeckt?“ „Eine Nullrunde für die Zahnärzteschaft ist indiskutabel“ bekräftigte der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz, der auf dem Podium die Zahnärzte vertrat. „Wir haben mit Einführung der Festzuschüsse zu enormen Einsparungen auf GKV-Seite beigetragen – ohne die Patienten zu benachteiligen.“ Im Gegenteil: „Mit immer weniger Füllungen und Zahnersatz hat das Festzuschussmodell gleichzeitig zu einer umso hochwertigeren Versorgung geführt.“

Eine Anpassung der zahnärztlichen Vergütungsstruktur an heutige Systemrealitäten hält auch DAK-Chef Dr. Herbert Rebscher für notwendig: „Ansonsten kommt es zu totalen Verwerfungen zwischen Zahnärzten und Kassen.“ Was das milliardenschwere GKV-Defizit betrifft, müsse die Politik beantworten, wie es dazu kam. „Ich will das Honorarplus gar nicht prinzipiell in Frage stellen“, so Rebscher, „aber man kann den Ärzten nicht zwei bis drei Milliarden Euro mehr geben und sich dann über das Minus wundern – das ist unredlich.“ Anstatt die Grundlohnsumme (GLS) anzuheben, plädierte der CDU-Abgeordnete und Zahnarzt Dr. Rolf Koschorrek (CDU) dafür, zuerst den Ost-West-Angleich und die Budgetfrage anzugehen. Offen zeigte er sich dennoch, gemeinsam mit der Zahnärzteschaft andere Indikatoren zu finden. Nicht an die GLS, sondern an die viel aussagekräftigere Wirtschafts- und Einkommenskraft müsse das Honorar gebunden sein, hielt Dr. Harald Terpe von den Grünen dagegen. Terpe: „Früher war die Grundlohnsummenanbindung ein probates Mittel, heute ist sie aus der Zeit gefallen.“ Auf einem ganz anderen Trip war der SPD-Abgeordnete Steffen-Claudio Lemme unterwegs. Er forderte von den Medizinern einen Solidarbeitrag: „Bei dem GKV-Defizit gibt es erstmal nichts umzuverteilen. Die Grenze der Versichertenbelastung ist erreicht.“

Ganz unterschiedlich positionierte sich die Runde auch zu den Selektivverträgen. „Es gilt, vernünftige Strukturen zu schaffen, damit sich die Vertragspartner auf Augenhöhe begegnen“, erläuterte Koschorrek. Generell halte er die Verträge zwar für Unfug, doch werde der Zahnarzt ja nicht gezwungen, ihnen beizutreten. Ein klares Kontra kam von Christine Aschenberg-Dugnus (FDP): „Die freie Arztwahl steht für mich ganz oben und die wird durch Selektivverträge ganz klar eingeschränkt!“ „Selektivverträge können den Kollektivvertrag nicht ersetzen, aber ergänzen“, meinte Rebscher. Bei gesicherter Qualität wolle er Zahnarzt und Patient dann die Entscheidung überlassen. Rebscher: „Kundenwünschen folgen – das ist unser Job.“ Dass Selektivverträge nur als Add-on auf den Leistungen des Kollektivvertrags aufbauen können, stellte Fedderwitz klar: „Für mehr Qualität muss es auch mehr Geld geben. Zurzeit sind es Verträge zulasten Dritter.“ Einig war man sich indes bei der Praxisgebühr: „Die diskutierten fünf Euro pro Besuch sind in der Zahnarztpraxis kontraproduktiv“, stellte Koschorrek fest. „Wir sind Weltmeister in der Prävention, haben das Bonusheft und Doktorhopping gibt es bei uns nicht – wir brauchen keine Praxisgebühr“, stimmte Federwitz zu. Als ein von den Zahnärzten „neu entdeckter Markt“ bezeichnete Rebscher das von KZBV und BZÄK entwickelte Versorgungskonzept zur Alters- und Behindertenzahlheilkunde. „Wegen der Präventionserfolge fehlen Euch die Zähne – deshalb die Idee“, rief er. „Die Versorgungsqualität für alle sichern – das ist gesamtgesellschaftliches Anliegen wie ethischer Anspruch,“ stellte Fedderwitz richtig. „Gesundheit und Lebensqualität darf man einem Teil der Bevölkerung nicht einfach vorenthalten. Auch die GKV muss ein Interesse daran haben, diese insuffiziente Versorgung abzustellen und die hohen Folgekosten zu vermeiden.“ Resümee des stellvertretenden KZBV-Vorsitzenden Dr. Günther Buchholz: „Röslers neue Vertrauenskultur begrüßen wir. Doch brauchen wir im politischen Gestaltungsprozess auch Spielraum – und erwarten endlich konstruktive Ergebnisse.“

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