IDS 2011 – Themen, Trends und Produkte

Zahnsubstanz erhalten nach den neuesten Regeln der Kunst

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In den ersten vier Teilen der Serie über die diesjährige IDS wurden Trends und neue Produkte aus den Bereichen Implantologie und Regeneration, Prothetik und Funktion, Geräte und Hygiene sowie Prävention und Parodontologie vorgestellt. In diesem letzten Teil werden die Themen direkte Füllungstherapie und Endodontie besprochen sowie Hinweise und Informationen zum Messebesuch gegeben.

Direkte Füllungstherapie und Endodontie gehören zusammen. Ziel ist es, den Zahn so lange wie möglich zu erhalten. Produktneuheiten in beiden Bereichen werden auf der IDS 2011 nach bisher verfügbaren Informationen eher evolutionär denn revolutionär sein. Die spannendsten neuen Produkte sollen helfen, geschädigte Zahnsubstanz zu reparieren oder Substanzverluste bei der Therapie so gering wie möglich zu halten.

Zahnerhaltende Maßnahmen beginnen bei der Kariesdiagnostik und enden bei retrograden Wurzelfüllungen und Stift-Stumpfaufbauten als Vorbereitung für die Restauration. Zwischen direkten und indirekten Restaurationen gibt es bei minimalinvasiver Denkweise nicht mehr so große Unterschiede. So kann heute, zum Beispiel für keramische Teilkronen im abradierten Gebiss, sehr substanzschonend präpariert und insofern auch zahnerhaltend therapiert werden [Edelhoff, 2011]. Dennoch besteht zwischen „Prothetikern“ und „Konservisten“, zumindest von der wissenschaftlichen Organisation her, noch immer eine klare Abgrenzung.

Dies wird nachvollziehbar, wenn man das präventive Engagement vieler Zahnerhalter betrachtet, das bereits mit der Diagnose des Kariesrisikos beginnt. Der wichtigste Parameter ist hier die bereits vorhandene Karies, die sich visuell, radiologisch und – ergänzend – zum Beispiel mit fluoreszenzoptischen Methoden feststellen lässt. Seit 2007 ist ein intraorales Kamerasystem (Dürr Dental) erhältlich, das mithilfe von Lichteinstrahlung die spezifische Fluoreszenz bakteriell kontaminierter Zahnhartsubstanz misst. Die gewonnenen Daten unterstützen den visuellen und radiologischen Befund und dienen der Überwachung des Defektverlaufs (Monitoring). Eine neue In-vitro- Studie zeigt eine vielversprechende Vorhersagegenauigkeit, die aber noch in Patientenstudien bestätigt werden muss [Jablonski- Momeni, 2010].

Infiltrieren oder regenerieren

Kann eine von Karies betroffene Approximalfläche vor der Kavitation bewahrt werden, so ist keine Füllung notwendig. Dieses Ziel wird nach neueren Studien mit der sogenannten Kariesinfiltration in vielen Fällen erreicht (DMG). Wenn initialkariöse Milchzahnläsionen mit lichthärtendem Kunststoff infiltriert und zusätzlich mit einem Fluoridlack behandelt wurden, ließ sich das Fortschreiten bei 77 Prozent der Läsionen stoppen [Ekstrand, 2010]. Ähnliche Ergebnisse wurden auch bei Erwachsenen gefunden, sogar bei erhöhtem Kariesrisiko [Paris, 2010]. Spannend ist eine im vergangenen Jahr gestartete Studie, bei der ein möglicher wirtschaftlicher Nutzen der Methode gegenüber konventioneller Füllungstherapie über fünf Jahre untersucht werden soll. Als weiteres Anwendungsgebiet könnte sich die Behandlung vestibulärer White-Spot- Läsionen etablieren [Paris, 2009].

Auch beim Exkavieren kariösen Dentins können schonende Methoden wertvolle Zahnsubstanz erhalten. So wurde für einen bereits im Jahr 2003 eingeführten selbstlimitierenden Polymerbohrer gezeigt, dass im Vergleich zu Hartmetall-Rosenbohrern durchschnittlich 0,5 Millimeter weniger Dentin abgetragen wird [Tsolmon, 2008]. Dieser Unterschied kann bei tiefer Karies darüber entscheiden, ob eine endodontische Behandlung notwendig wird oder nicht. Auf der IDS 2011 wird eine weiterentwickelte Version des Polymerbohrers zu sehen sein (SS White Burs). Aufgrund seiner Materialeigenschaften trägt er, wie sein Vorgänger, laut Anbieter nur kariös erweichtes Dentin mit zerstörter Kollagenstruktur ab. Verändertes, aber erhaltungswürdiges Dentin wird dagegen geschont. Ähnliches gilt nach ersten Informationen auch für einen weiteren, vom Prinzip offenbar vergleichbaren Polymerbohrer, der in Köln erstmals präsentiert wird (Komet/Gebr. Brasseler).

Nach dem Exkavieren wird die Dentinoberfläche in der Regel mit einem Dentinadhäsiv bestrichen, das in die Kollagenstruktur eindringt. Dadurch erfolgt, in gewisser Analogie zur oben beschriebenen Infiltrationstechnik, eine Imprägnierung der Zahnsubstanz. Die an sich gewünschte Remineralisation, die eine Annäherung an den Ursprungszustand bedeuten würde, wird also verhindert. Interessant ist hier die Idee einiger Forscher, mithilfe geeigneter Substanzen, zum Beispiel mit Kalziumphosphatzement (Prof. Karl-Heinz Kunzelmann, Universität München) oder sogenannten Dentin-Matrix-Proteinen [Dai, 2010], eine Remineralisation des Kollagens und damit eine Defektheilung anzuregen. Produkte hierzu werden auf der IDS voraussichtlich noch nicht vorgestellt.

Wenn trotz aller Bemühungen die Pulpa eröffnet wird, aber noch vital und deshalb erhaltungswürdig ist, kann eine direkte Überkappung versucht werden. Ein bereits seit Längerem eingeführtes Produkt für diesen Zweck ist „Mineral Trioxide Aggregate“, eine pastenförmige Mineralmischung, die mit Erfolg reparative Vorgänge in der Pulpa anregt (Dentsply DeTrey). Das Material kann zur Apexifizierung, für die Reparatur von Perforationen in der Endodontie und für direkte Pulpa-Überkappungen verwendet werden. Einen ähnlichen Indikationsbereich hat ein für die IDS als „Dentinersatz“ angekündigtes Produkt mit „Trikalziumsilikat- Kern“ (Septodont). Als zusätzlicher Anwendungsbereich wird die „Behandlung geschädigten Dentins im Bereich der Zahnkrone“ angegeben.

Adhäsivtechnik als Optimum

Sind adhäsive Kompositfüllungen das Ende der Fahnenstange in der direkten Füllungstherapie? Einige Experten haben daran ihre Zweifel. So weist der Ulmer Hochschullehrer Prof. Bernd Haller darauf hin, dass zur Vermeidung postoperativer Beschwerden möglichst schonend exkaviert werden sollte [Haller, 2009]. Dies könne schon im Vorfeld das Risiko für eine Pulpitis senken. Bei der adhäsiven Vorbereitung des Dentins müssten produktspezifische Besonderheiten in der Anwendung beachtet werden, um zum Beispiel die Ablösung des Komposits vom Kavitätenboden zu verhindern. Als weitere Voraussetzungen für den Langzeiterfolg adhäsiver Kompositfüllungen werden von Praktikern eine gute Mundhygiene des Patienten und das Vorhandensein von Schmelz am Kavitätenrand genannt. Beides kann in der Praxis leider häufig nicht berücksichtigt werden [Kober, 2011].

Bei selbstätzenden Adhäsivsystemen scheint das Risiko undichter Füllungsränder besonders groß zu sein [Sauro, 2008]. Auch deutet eine viel zitierte Vergleichsstudie darauf hin, dass einphasige Einkomponenten-Adhäsive, die ohne vorheriges Ätzen und Vorbereiten der Dentinoberfläche anwendbar sind, besonders techniksensitiv sind [van Landuyt, 2009]. Ein neues Adhäsiv, das zudem in nur einer Schicht aufgetragen werden muss, wird mit einer Polymerisationszeit von nur noch zehn anstelle von 20 Sekunden beworben (Dentsply DeTrey). Da die Benetzung aller Flächen plus Einmassieren und Verblasen zusammen mindestens 30, aber eher 40 bis 45 Sekunden dauert, ist dieser Zeitgewinn nicht wirklich entscheidend. Wie bei allen anderen Materialien sollte vor allem auf, nach Möglichkeit unabhängig ermittelte, klinische Langzeitergebnisse geachtet werden. Diese können allerdings naturgemäß erst einige Jahre nach der Produkteinführung vorliegen.

Bei tiefen Kavitäten wird vor Auftragen des Adhäsivs aus toxikologischen Gründen eine Schutzschicht empfohlen, zum Beispiel aus kunststoffmodizifiertem Glasionomerzement [Haller, 2009]. Als günstig bewertet der gleiche Autor auch den Inhaltsstoff Glutaraldehyd, der postoperativen Beschwerden nachweislich vorbeugt. Praktisch sind unabhängig davon die neuesten Darreichungsformen, zum Beispiel mit Sichtfenster zum Füllungsstand und unterschiedlichen Applikatorgrößen (Ivoclar Vivadent).

Auch die Matrizentechnik, die Art des Einbringens des Komposits und die Lichtpolymerisation sind kritische Faktoren. Bei den Matrizen hat transluzentes Polyester nach einer neuen Studie den Nachteil, dass die Qualität approximaler Kontakte vier Jahre nach der Restauration abnimmt – im Gegensatz zu Füllungen, die mit metallischen Matrizen gelegt worden waren [Demarco, 2011]. Anatomisch geformte Matrizenbänder und ausgetüftelte Matrizenhalter (zum Beispiel Garrison, Directa) leisten ihren Beitrag zu guten Ergebnissen. Ein batteriebetriebenes Modellierinstrument verändert laut Anbieter die Fließeigenschaften von Kompositen. Das Instrument wird in Schwingungen versetzt, verbessert so die Adapation an die Kavitätenwände und reduziert Luftblasen (Kerr).

Erstes selbstadhäsives Flow-Komposit

Als weitere Erfolgsfaktoren sind die Schichttechnik und die Polymerisation zu nennen. Empfohlen wird das Auskleiden der Kavität mit einem fließfähigen Komposit. Hier gibt es mit dem ersten selbstadhäsiven Material tatsächlich etwas (fast) Neues (Kerr). Nach den auf einer Anbieter-Webseite abrufbaren Daten sind Randdichtigkeit und Farbstoffpenetration nach Anwendung des ohne Adhäsiv anwendbaren Flow-Materials günstiger als für die kombinierte Anwendung von Adhäsiven und Flowmaterialien einiger Mitbewerber [Kerr].

In ästhetischer Hinsicht von Interesse ist ein gingivafarbenes Flow-Komposit, das bei Rezessionen im Zahnhalsbereich anwendbar ist (Voco). Unterschiedliche Flow-Viskositäten werden ebenfalls angeboten (zum Beispiel Tokuyama), ein anderes Produkt hebt sich durch seine weiße Einfärbung gut von der Zahnfarbe ab und erleichtert damit die Anwendung als „Unterfüllung“ (Heraeus Dental).

Ein relativ neuer Ansatz ist ebenfalls ein fließfähiges Komposit, das als „selbstnivellierendes“ Unterfüllungskomposit angeboten wird (Dentsply DeTrey). Seine erhöhte Lichtdurchlässigkeit erlaubt es laut Anbieter, das Material in einer Schichtdicke von bis zu vier Millimetern einzubringen, quasi als Dentinersatz. Darüber wird ein Komposit normaler Viskosität geschichtet. Erste klinische Daten werden dem oder der Interessierten mit Hinweis auf das Internet per Pressetext versprochen. Sie sind aber leider online nicht einsehbar, sondern nur „auf Anfrage“ erhältlich (Stand 07. Februar 2011).

Verschiedene Kompositanbieter nennen als wichtiges Merkmal ihrer Materialien einen reduzierten Schrumpfungsstress (zum Beispiel GC Europe). Um diesen voll für einen sicheren adhäsiven Verbund zu nutzen, werden für die Polymerisation Softstart-Geräte empfohlen, nach Möglichkeit mit begrenzter Intensität. Bei den nachfolgenden Schichten sollte dagegen für eine gute Durchhärtung eine höhere Intensität eingesetzt werden. Das heißt, dass zwei unterschiedliche Geräte sinnvoll sein können [Haller, 2009]. Eine Aushärtung in drei Sekunden, die noch immer von einzelnen Anbietern vesprochen wird, ist aber nach Expertenmeinungen nicht realistisch und auch nicht zu empfehlen. Interessant sind dagegen minimierte Lichtleiter für die Punktpolymerisation, die zum Beispiel zum „Anheften“ von indirekten Restaurationen verwendet werden können (Ultradent Products).

Bedenkliche Inhaltsstoffe

Bei der adhäsiven Füllungstherapie sollte man auch an das Thema Biokompatibilität denken. So wird der in den meisten Kompositen enthaltene Inhaltsstoff Bisphenol-A wegen seiner hormonähnlichen Wirkung kritisch gesehen. Der Regensburger Wissenschaftler Prof.Gottfried Schmalz empfiehlt den Herstellern, nach Alternativen zu suchen [Schmalz, 2010]. Auch Allergien gegen Inhaltsstoffe scheinen zuzunehmen [Reichl, 2009]. Ein Schritt in die richtige Richtung könnten daher Komposite sein, die auf einer anderen Chemie basieren. So werden bei einem vor zwei Jahren eingeführten „Nano-Dimer“- Komposit die potenziell schädlichen Monomere besonders effektiv in der Matrix vernetzt, was zu einer besseren Bioverträglichkeit führen soll (Septodont). Aus dem wissenschaftlichen Bericht zu dem Material geht jedoch hervor, dass durchaus geringe Mengen Bisphenol-A abgegeben werden [Septodont]. Ob diese geringen Mengen klinisch relevant sind, wurde nicht untersucht. Dabei handelt es sich offenbar um eine anspruchsvolle toxikologische Frage, deren Beantwortung noch länger auf sich warten lassen könnte.

Dagegen scheinen die bisher erhältlichen Glasionomermaterialien noch immer keine Alternative zu Kompositen zu sein, da ihre Belastbarkeit nicht ausreicht. In einer Langzeituntersuchung zum Erfolg direkter PulpaÜberkappungen schnitten diese Materialien zum Beispiel signifikant schlechter ab als Komposite [Dammaschke, 2010]. Dennoch werden immer wieder neue Anläufe genommen, Glasionomere für definitive Füllungen zu entwickeln (Dentsply DeTrey, GC Europe, Voco). Dies ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sicher plausibel. Lang- oder zumindest mittelfristige Erfolgsraten bleiben indes abzuwarten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die adhäsive Füllungstherapie mit Kompositen ein bewährtes Verfahren ist, das aber trotz aller Weiterentwicklungen seine Tücken hat. Deshalb bleibt es spannend, neue Ansätze zu verfolgen, wie zum Beispiel einen in Entwicklung befindlichen „bioidentischen Zahnersatz“. Mithilfe „bio-nanotechnologischer“ Materialien soll nach einer Pressemeldung der „naturähnliche“ Ersatz verloren gegangener Zahnsubstanz gelingen. Beteiligt sind verschiedene Hochschulen (darunter die Universität Witten/Herdecke), wissenschaftliche Institute und ein Dentalvertrieb (Hager & Werken).

Erfolgreiche Kanalarbeit erwünscht

Der Versuch, eine durch Karies oder andere Infektionen bedrohte Pulpa zu retten, markiert den Grenzbereich zwischen Zahnerhaltung und Endodontie. Wenn die Pulpa irreversible Schädigungssymptome zeigt und schrittweise Kariesentfernung, indirekte oder direkte Überkappung nicht mehr erfolgreich sind, hilft bekanntlich nur noch die Säuberung des Pulpenkavums und des Kanalsystems mit geeigneter Technik.

Dass es sich dabei durchaus um eine medizinische Therapie handelt, zeigt ein lesenswertes Editorial von Michael Hülsmann [Hülsmann, 2010]. Darin betont der Göttinger Professor, dass der Erfolg einer endodontischen Therapie nicht dem Zufall überlassen werden dürfe. Vielmehr müsse diese auf einem kausalen Behandlungskonzept und manuellem Geschick basieren. Insofern sei die endodontische „Kanalarbeit“ mit der chirurgischen Therapie eines infizierten Blinddarms vergleichbar – auch wenn nach missglückter endodontischer Behandlung noch ein Implantat inseriert werden kann.

Erfolgreiche Therapie basiert, nicht nur in der Endodontie, auf sorgfältiger Diagnostik. Neue Möglichkeiten bietet hier offenbar die digitale Volumentomographie, für die eine sehr hohe Übereinstimmung mit histologischen Befunden festgestellt wurde [Michetti, 2010]. Die dritte Dimension könnte nach aktuellen Expertenberichten die aus Röntgenbildern abgeleitete Erfolgsrate erheblich verringern. Da ihre Auflösung in der Regel geringer, die Strahlenbelastung aber höher ist als bei zweidimensionalen Techniken, rechtfertigen diese ersten Resultate sicher noch keinen endodontischen Routineeinsatz. Als Ergänzung für die bildgebende Diagnostik wird zurzeit auch eine Ultraschalltechnologie erprobt (ultrasound real time imaging), die sonst in der Allgemeinmedizin Anwendung findet (Siemens) [Raghav, 2010].

Als diagnostische Instrumente im weiteren Sinne werden vergrößernde Sehhilfen von Spezialisten durchgehend verwendet. Sie helfen, den Erfolg endodontischer Behandlungen zu sichern. Während Lupenbrillen auch in anderen Teilbereichen der Zahnmedizin fast schon Standard sind, werden offenbar Mikroskope immer beliebter. Nach Zeiss engagiert sich mit Leica (in Kooperation mit Kavo) ein weiteres renommiertes optisches Unternehmen in der Zahnmedizin. Da die Probleme der mikroskopisch-endodontischen Fotografie inzwischen gelöst sind, lassen sich die Befunde auch mit eindrucksvollen Fotos dokumentieren.

Zugang zum Kanal und seine Aufbereitung

Wenn alle Wurzelkanäle erkannt und über die Zugangskavität erreichbar sind, muss der koronale Abschnitt oft für die Aufbereitung gängig gemacht werden. Hierfür gibt es bei den rotierenden Instrumenten bisher die traditionellen Gates-Glidden-Bohrer oder spezielle Rosenbohrer mit langem, dünnem Übergang vom Arbeitsteil zum Schaft (Komet/ Gebr. Brasseler). Alternativ sind auch diamantierte Ultraschallspitzen anwendbar (zum Beispiel Acteon, American Dental Systems), die allerdings einen feinen Schleifstaub hinterlassen und damit die Sicht erschweren können. Als weitere Möglichkeit werden auf der IDS neuartige rotierende Zugangsbohrer vorgestellt, die mit ihrem konischen Arbeitsteil und der nicht schneidenden Spitze selbstzentrierend wirken (SS White Burs). Dadurch soll sich der Zugang zum Wurzelkanal – im Vergleich zu Rosenbohrern, mit denen relativ leicht eine Via falsa präpariert werden kann – geradlinig und substanzschonend erweitern lassen. Zudem erzeugen die Hartmetallschneiden des Instruments glatte, saubere Flächen, was wiederum die Diagnostik erleichtern soll.

Während und nach der Aufbereitung muss der Wurzelkanal gründlich gespült werden. Hierfür wird häufig empfohlen, mit Ultraschall aktivierte Feilen zu verwenden, die zum Beispiel in speziellen Handstücken angeboten werden. Eine aktuelle Studie, in der die Effizienz der Schmierschicht-Entfernung untersucht wurde, zeigte allerdings für ein akkubetriebenes Gerät keinen Vorteil gegenüber konventioneller Spülung mit Spritzen und Luer-Lock-Kanülen [Uroz-Torres, 2010]. Insgesamt kann die Verwendung von Ultraschall in der Endodontie aber als etabliert angesehen werden [van der Sluis, 2009].

Wie in der restaurativen Füllungstherapie wird auch für Wurzelfüllmaterialien eine möglichst gute Biokompatibilität gefordert [Geurtsen, 2010]. Dabei zeigen laut Firmeninformationen zum Beispiel UDMA- und silikonbasierte Produkte gute Ergebnisse in zytotoxischen und Sensibilisierungstests (zum Beispiel Ultradent Products, Roeko). Hormonelle Wirkungen dürften hier keine wesentliche Rolle spielen. In Bezug auf die Methodik werden thermoplastische Verfahren (zum Beispiel Dentsply DeTrey, Loser) insgesamt positiv beurteilt, sind aber offenbar relativ techniksensitiv [von Schroeter, 2009].

Bei den maschinellen Feilensystemen gibt es etwas wirklich Neues. Mit nur einer Feile gelingt nach einer Webseite des Anbieters (VDW) die gesamte Aufbereitung des Kanals, meist auch ohne Präparation des Gleitpfads: „In der Hinundherbewegung (reciprocation) wird die Feile zuerst in schneidender Richtung bewegt und dann rückwärts, um das Instrument zu entlasten. Eine 360°-Drehung wird in mehreren reziproken Teilbewegungen vollzogen.“ Passend zu den Instrumenten gibt es einen speziellen Motor, Papierspitzen und Guttapercha-Stifte. Die optimalen Drehwinkel sind im Motor gespeichert, um Überlastungen zu vermeiden.

Unter Experten ist es strittig, ob endodontische Feilen, insbesondere die nicht billigen Nickel-Titan-Feilen, mehrmals angewendet werden sollten. Eine optimale Aufbereitung und Sterilisation ist offenbar auch bei Kontrolle der Instrumente unter der Lupe nicht immer möglich, was für den Einmalgebrauch spricht. Hinzu kommt die Gefahr von Ermüdungsbrüchen. Alternativ können Instrumente bei Behandlungen über mehrere Sitzungen auch patientenbezogen aufbewahrt und am Ende der Therapie entsorgt oder dem Patienten mitgegeben werden [Sonntag, 2010].

Auch eine perfekte Desinfektion oder gar Sterilisation des Kanalsystems ist nicht machbar. Daher ist eine möglichst dichte und belastbare postendontische Restauration von größter Bedeutung für den Langzeiterfolg. Bei den Wurzelstiften gibt es eine farbenfrohe Neuheit. Quarzfaser-Wurzelstifte mit temperaturempfindlichen Pigmenten sorgen während des Einbringens für einen guten Kontrast zur Zahnsubstanz (VDW). Wurzelstifte sind heute in vielen Fällen beschichtet, so dass eine separate Silanisierung oder Silikatisierung nicht mehr notwendig ist.

Die CAD/CAM-Technik eröffnet bei der Gestaltung von Stift-Stumpfaufbauten neue Möglichkeiten (Sirona). Dazu wird der Stift zusammen mit dem Zahn intraoral gescannt, der Aufbau kann dann mithilfe der Software gestaltet und wie gewohnt CAMgefräst werden. Die Verbindung beider Komponenten erfolgt nach Silanisierung mit Befestigungskomposit (zum Beispiel Ivoclar Vivadent). Dafür wird zunächst nach Einfüllen des Komposits in die Wurzelkanäle der Aufbau befestigt, dann der Wurzelstift durch eine okklusale Öffnung in die Endposition gebracht und anpolymerisiert [Brunner, 2010].

Endodontie unter einem Dach

Die ganz oben erwähnte Zusammengehörigkeit von Füllungstherapie und Endodontologie hat vor Kurzem in der neuen Struktur der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) eine organisatorische Entsprechung gefunden. Die bisher getrennten Fachgesellschaften Deutsche Gesellschaft für Endodontie (DGEndo) und Arbeitsgemeinschaft für Endodontologie und Traumatologie in der DGZMK (AGET) haben sich in der entsprechenden Deutschen Gesellschaft (DGET) unter dem Dach der DGZ – und damit der DGZMK – vereinigt.

Was hat das mit der IDS 2011 zu tun? Es zeigt, wie wichtig Vernetzung, der Zusammenhalt innerhalb von Fachgruppen und der Austausch mit kompetenten Partnern sind. Synergien sind auf vielen Ebenen sinnvoll, auch mit Anbietern von Produkten und Dienstleistungen, mit an der Entwicklung beteiligten Praktikern und Wissenschaftlern, mit Vertretern von Fachverbänden und Fachmedien und nicht zuletzt mit Berufsverbänden. In dieser Dichte und Qualität gibt es das nur auf der IDS.

Dr. Jan Hermann KochParkstr. 1485356 Freisingjanh.koch@dental-journalist.de

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