Wenn alle Gelenke schmerzen
Die Arthrose wird im allgemeinen Sprachgebrauch als „Gelenkverschleiß“ verstanden. Auch wenn mit zunehmendem Alter die meisten Menschen hin und wieder Gelenkprobleme entwickeln, handelt es sich doch bei einer ausgeprägten Arthrose (Polyarthrose) nicht um einen altersgerechten Verschleißprozess, sondern um eine krankhafte Degeneration der Gelenke. Damit stellt die Polyarthrose keine zwangsläufige Alterserscheinung dar, sondern vielmehr einen Krankheitsprozess, der sich allerdings vorwiegend im höheren Lebensalter manifestiert. Risikofaktoren sind dessen ungeachtet eine anhaltende Überbelastung des jeweiligen Gelenks, sei es durch Übergewicht, durch eine Gelenkfehlstellung oder durch eine übermäßige Beanspruchung zum Beispiel bei sportlichen Aktivitäten. Die Arthrose kann allerdings auch im Gefolge anderer Erkrankungen entstehen, insbesondere als Folge von Gelenkentzündungen sowie im Zuge knöcherner Veränderungen beispielsweise bei einer Osteoporose. Es gibt zudem eine genetische Prädisposition für das vorzeitige Auftreten einer Arthrose, die insbesondere bei der Polyarthrose zum Tragen kommt.
Am Anfang steht die Knorpelläsion
Unterschieden wird eine primäre Arthrose mit offenbar ausgeprägter Prädisposition und entsprechend ungünstiger Knorpelsituation sowie eine sekundäre Arthrose, bei der der Erkrankung ursächliche Faktoren wie etwa eine Überlastung oder Arthritiden zugeordnet werden können.
Die Krankheitsentwicklung ist bei beiden Formen jedoch vergleichbar: Fußend auf einer initialen Knorpelschädigung kommt es zunächst zu Aufrauungen und zur Knorpelausdünnung und schließlich auch zu Ulzerationen und einem Knorpelumbau.
Bei fortschreitendem Knorpelabrieb wird der Gelenkspalt kleiner, und es bilden sich knöcherne Randanbauten an den Gelenkrändern und damit Gelenkverformungen. Dabei können sich auch sekundär Achsenabweichungen und Gelenkfehlstellungen entwickeln und im weiteren Verlauf Kontrakturen, die die Beweglichkeit einschränken und eine zunehmende Versteifung des betroffenen Gelenks bedingen.
Die sekundären Veränderungen können wie in einem Teufelskreis das Fortschreiten der Arthrose forcieren und schließlich in der Abrasion der gesamten Knorpelfläche münden, so dass bei der Bewegung Knochen auf Knochen reibt. Die oberflächlichen Knochenflächen können dadurch regelrecht einbrechen, und es können sogenannte Geröllzysten entstehen.
Typisch: Anlaufschmerz und Steifigkeit
Arthrotische Gelenkveränderungen machen sich mit charakteristischen Beschwerden bemerkbar, wobei der Schmerz und insbesondere der Anlaufschmerz sowie die Steifigkeit der Gelenke im Vordergrund stehen. Die Betroffenen geben in aller Regel an, bei kaltnassem Wetter besonders stark unter Beschwerden zu leiden, die Steifigkeit nimmt zudem in Ruhephasen zu, beispielsweise in der Nacht oder nach langem Sitzen.
Sie bessert sich dagegen bei Bewegung, wobei für die Arthrose eher kurz anhaltende Beschwerden charakteristisch sind, also zum Beispiel Schmerzen und eine gewisse Steifigkeit bei den ersten Schritten nach dem Aufstehen. Längerfristige Beschwerden wie beispielsweise eine anhaltende Morgensteifigkeit deuten dagegen eher auf eine entzündliche Erkrankung wie etwa eine rheumatoide Arthritis hin.
Im Frühstadium einer Polyarthrose stehen der Anlaufschmerz, ein Ermüdungsschmerz und auch ein Belastungsschmerz im Vordergrund. Mit dem Fortschreiten der degenerativen Veränderungen ändert sich die Schmerzsymptomatik: Es kommt zum Dauerschmerz und damit auch zu Schmerzen während der Nacht, die zusätzlich den Schlaf der Betroffenen beeinträchtigen.
Charakteristisch neben den Schmerzen und der Steifigkeit ist ferner das Auftreten eines Reibegeräuschs bei Bewegung und eine zunehmende Bewegungs- und Funktionseinschränkung der erkrankten Gelenke.
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Manifestation in verschiedenen Gelenken
Grundsätzlich können praktisch alle Gelenke arthrotisch verändert sein, sehr häufig aber entwickelt sich der Gelenkverschleiß im Bereich der unteren Extremität, wobei konkret meist das Kniegelenk (Gonarthrose) und/oder das Hüftgelenk (Coxarthrose) betroffen sind.
Eine sehr häufige Manifestation sind außerdem die Fingergelenke. Hierbei sind die Heberden-Arthrose sowie die Bouchard- Arthrose und die Rhizarthrose zu unterscheiden. Bei der Heberden-Arthrose sind vor allem die Fingerendgelenke betroffen, dabei können sich sogar knöcherne Veränderungen und Gelenkverformungen ausbilden. Das Krankheitsbild kommt nach einer gewissen Zeit hoher Krankheitsaktivität oft spontan zur Ruhe. Ähnlich wie die Heberden-Arthrose entwickelt sich in aller Regel auch die Bouchard-Arthrose, bei der vor allem die Fingermittelgelenke betroffen sind. Nicht selten liegen beide Krankheitsformen nebeneinander vor. Die Rhizarthrose stellt eine gewisse Sonderform der Fingergelenksarthrosen dar, bei der vor allem das Daumensattelgelenk arthrotisch verändert ist.
Polyarthrose – viele Gelenke sind verändert
Neben den genannten Manifestationen der Arthrose können auch Veränderungen in anderen Bereichen auftreten. Dies ist aber weitaus seltener der Fall, wobei in aller Regel dann eine Polyarthrose vorliegt. Betroffen sein kann beispielsweise das Sternoclaviculargelenk, also das Gelenk zwischen Brustbein und Schlüsselbein sowie das Acromioclavicular-Gelenk, also das Schultereckgelenk und das Zehengrundgelenk. Außerdem kann eine Arthrose des Schultergelenks vorliegen (Omarthrose), eine Arthrose des Kreuz-Darmbeingelenks (Iliosakralarthrose) und eine Kiefergelenksarthrose. Doch nicht nur die peripheren Gelenke können bei der Polyarthrose in Mitleidenschaft gezogen sein, beteiligt sind oftmals auch die kleinen Wirbelgelenke im Sinne einer Spondylarthrose.
Dagegen sind laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie die Fingergrundgelenke, die Handgelenke (Radiocarpalarthrose), die Ellenbogengelenke (Cubitalarthrose), die Sprunggelenke sowie die Zehengrund-, Mittel- und Endgelenke bei der Polyarthrose fast nie degenerativ verändert. „Liegt ein Befall dieser Gelenke vor, sollte differenzialdiagnostisch immer an die Möglichkeit einer anderen Erkrankung gedacht werden“, so PD Dr. Hans-Eckardt Langer aus Düsseldorf. Es kann sich nach seiner Darstellung um eine rheumatoide Arthritis handeln oder um eine Psoriasis-Arthritis, eine Gelenkentzündung im Zusammenhang mit einer Schuppenflechte. Möglicherweise liegt aber auch eine Kristallarthropathie vor, also eine Gelenkerkrankung durch die Ablagerung von Kristallen in den Gelenken, wobei das bekannteste Beispiel die Ablagerung von Harnsäurekristallen bei der Gicht darstellt.
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Diagnostik per Bildgebung
Die Arthrose lässt sich zum einen über das klinische Bild diagnostizieren, ist unter Umständen aber schwierig von Arthritiden abzugrenzen. Die Bildgebung spielt bei der Diagnosestellung eine zentrale Rolle. Im Röntgenbild zeigt sich die Arthrose laut Langer in der Regel zuerst mit einem „Verlust an Gelenkknorpel und einer Verschmälerung des Gelenkspalts, begleitet oder gefolgt von knöchernen Randanbauten an den Gelenkrändern“.
Unterhalb des Gelenkknorpels ist oft schon frühzeitig eine Verdichtung der gelenknahen Knochensubstanz als subchondrale Sklerosierung erkennbar. Sie erklärt die zunehmende mechanische Belastung dieser Region infolge einer abnehmenden Pufferwirkung des verbliebenen Knorpels.
Behandlung rein symptomatisch
Kausal lässt sich die Arthrose bislang nicht behandeln, die Therapie erfolgt rein symptomatisch. Bei den primär konservativen Therapieformen werden zwei Hebel angesetzt, es geht zum einen um die Symptombesserung und hierbei insbesondere um die Schmerzlinderung. Zum anderen zielt die Behandlung darauf ab, die Überlastung des Gelenks zu minimieren und dem Fortschreiten der Veränderungen vorzubeugen.
Behandelt wird entsprechend mit Analgetika, vor allem den nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) und bei entzündlichen Prozessen auch mit Glukokortikoiden. Außerdem werden häufig Chondroprotektiva verordnet.
Wichtig sind zudem allgemeine Maßnahmen wie etwa eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht sowie das Vermeiden von Überlastungen und der Schutz vor Verletzungen und last, but not least regelmäßige körperliche Bewegung.
Außerdem kann eine Arthroskopie indiziert sein. Bei diesem auch als „Gelenkspülung“ bezeichneten Eingriff werden mechanische Störfaktoren wie etwa Knorpelabrieb im Gelenk beseitigt und der Knorpel wird geglättet. In schweren Fällen sind ausgedehntere operative Eingriffe zu erwägen, zum Beispiel als gelenkerhaltende Operation, wenn es darum geht, durch eine Umstellungsosteotomie Fehlstellungen zu beheben und so wieder für eine normale Belastungssituation des Gelenks zu sorgen.
In einigen Fällen kann ferner eine Knorpeltransplantation hilfreich sein. Möglich ist die Autotransplantation, bei der Knorpelanteile aus wenig belasteten Gelenkbereichen direkt in die Defektzone transplantiert werden. Eine Alternative ist die autologe Chondrozyten-Implantation, bei der zunächst einzelne Knorpelzellen (Chondrozyten) aus einem wenig belasteten Gelenkbereich entnommen und kultiviert werden. Sind ausreichende Mengen an Zellen heran- gewachsen, so werden diese in die Defektzone des Knorpels transplantiert. Sie sollen neuen Knorpel bilden und dadurch die Beschwerden mindern und zudem den Gelenkverschleiß aufhalten.
Früher oder später steht bei ausgeprägter Arthrose zudem das Thema Gelenkersatz an. Die Zahl der Implantationen von Endoprothesen im Bereich der Hüfte wie auch der Kniegelenke nimmt dabei in Deutschland stetig zu, nicht zuletzt bedingt durch die demografische Entwicklung und die Tatsache, dass die Arthrose im Allgemeinen eine Erkrankung des höheren Lebensalters darstellt. Die Inzidenz- und Prävalenzzahlen steigen damit stetig weiter an.
Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Kölninfo@christine-vetter.de