ZÄT Rheinland-Pfalz

Aufbruch ins Ungewisse

„Sind der Zahnmedizin nicht Grenzen gesetzt, die wir teilweise überschreiten?“ Mit dieser Frage eröffnete San.-Rat Dr. Michael Rumpf den 20. Zahnärztetag Rheinland-Pfalz Mitte März. Unter dem Motto „Moderne Zahnmedizin – Was bringt uns weiter?“ widmeten sich 28 Fachreferenten und mehr als 400 Besucher zwei Tage lang der Aufgabe, die zukünftigen Möglichkeiten ihrer Disziplin in ethischer wie medizinischer Hinsicht auszuloten.

Die Grenzen des Wachstums und die Notwendigkeit eines pfleglicheren Umgangs mit Ressourcen in der Medizin allgemein erörterte Gastredner Prof. Eckhard Nagel dem Auditorium im voll besetzten Festsaal des Mainzer Hilton-Hotels. „Ökonomie und Moral sind kein Widerspruch“, mahnte der Transplantationsmediziner, der heute Ärzt-licher Direktor des Universitätsklinikums Essen und als promovierter Philosoph Mitglied des Deutschen Ethikrates ist.

Nagel betonte in seinem Vortrag „Die ethische und ökonomische Rationalität in der (Zahn)Medizin“, wie problematisch die politische Annahme ist, medizinische Versorgung lasse sich planen und refinanzieren wie eine industrielle Produktion. Er warnte eindringlich davor, „den medizinischen Fortschritt generell infrage zu stellen“. Aus seiner Sicht sei stattdessen eine breite Diskussion innerhalb der Selbstverwaltung wünschenswert, um die wahren und vermeintlichen Fortschritte zu identifizieren und voneinander abzugrenzen.

Die Botschaft: Der Zahnarzt soll sich als Arzt verstehen

Abgrenzung war auch das Thema von Prof. Wilfried Wagner – der Mainzer widmete sich jedoch der Unterscheidung der gängigsten Fibrome und Karzinome, die Zahnärzte klassischerweise als Nebenbefunde machen.

Mit Blick auf die exorbitant höhere Fünf-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit früh entdeckten HIV- oder Krebserkrankungen verwies Wagner auf die Wichtigkeit, bei Standardkontrollen den kompletten Mundraum auf Veränderungen zu untersuchen.

Kaum ein Beruf habe so hohe Kontaktzahlen wie Zahnärzte, nach seinen Angaben besuchen 85 bis 88 Prozent aller Patienten mindestens einmal pro Jahr ihren Zahnarzt. „Der Hausarzt sieht einen solch hohen Prozentsatz an Patienten übers Jahr nicht in seiner Praxis“, sagte er. Deshalb sei die zahnärztliche Behandlung nicht zuletzt ein „Tor“ in die Gesamtmedizin, folgerte Wagner und forderte: „Der Zahnarzt muss sich als Arzt verstehen.“

Anschließend überreichten Prof. Bernd d’Hoedt und Prof. Robert Mischkowski den im Zweijahresrhythmus verliehenen Martin-Herrmann-Forschungspreis (MHF) an Dr. Sarah Grimm. Die 26-Jährige ist Assistenzärztin an der Mainzer Poliklinik für Kieferorthopädie und zeigte mit ihrer Arbeit „Mechanische Belastung beeinflusst die Wirkung von Bisphosphonaten auf parodontale Fibroblasten“, dass eine mechanische Überbelastung des Parodontiums beispielsweise bei parodontal geschädigten Zähnen unter der akuten Einnahme von Bisphos-phonaten vermieden werden sollte.

Diskussionsgrundlage für die Frage, was die moderne Zahnmedizin zu bieten hat und was die Branche weiter bringt, lieferten im weiteren Verlauf mehr als ein Dutzend Vorträge und Workshops zu Themen wie beispielsweise minimalinvasives Weich- und Hartgewebsmanagement, neue Techniken der Kariesdetektion oder Lappen- und Nahttechniken in der Implantologie.

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