Bayerischer Zahnärztetag

Der Berufsstand hat sich umgekrempelt

Mit einem Festakt wurde am 23. Oktober der 55. Bayerische Zahnärztetag eröffnet. Das Highlight für die Gäste aus Politik, Standespolitik, Gesellschaft und Verbänden war der Festvortrag des Autors und Bloggers Sascha Lobo zum Thema „Zukunft Internet – Was das Netz mit der Gesellschaft macht.“ Der wissenschaftliche Kongress stand unter dem Motto „Zähne und Kiefer im Netzwerk des Körpers“.

„Prävention kann viel“, betonte Bayerns Kammerpräsident Prof Dr. Christoph Benz in seiner Eröffnungsrede vor rund 350 Gästen und verwies auf den Paradigmenwechsel von der kurativen hin zur präventionsorientierten Zahnmedizin, den die Zahnärzteschaft aus eigener Kraft bewältigt habe: „Der Berufsstand hat sich umgekrempelt.“ Ein wichtiger Teil der zahnmedizinischen Erfolgsgeschichte sei die Professionelle Zahnreinigung, bei der Patienten das Gefühl erhielten, selbst etwas für die Zahngesundheit tun zu können. Einige Krankenkassen versuchten jedoch, dieses Modell zu unterlaufen, eine PZR sei aber nicht auf dem „Schnäppchenmarkt“ zu „Flatrate-Preisen“ verfügbar. Benz verwies auf die Herausforderungen bei der Versorgung von Pflegebedürftigen und von Menschen mit Behinderungen, die einer regelmäßigen Betreuung bedürfen. Hier seien im Entwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes weitere Schritte geplant.

Der Vorsitzende des Vorstands der KZB Bayerns, Dr. Janusz Rat, kritisierte das Finanzgebaren der AOK Bayern im Zusammenhang mit den Puffertagen. Wichtig sei, den Zahnärzten Honorarsicherheit zu geben, vor allem bei der Versorgung in der Fläche. Puffertage seien für Praxen mit einem hohen Anteil an AOK-Versicherten ein großes Risiko. Eine wohnortnahe zahnmedizinische Versorgung in Bayern sei eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, zu der auch die AOK ihren Beitrag leisten müsse.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml unterstrich die Bedeutung von Prävention als wichtige Säule im Gesundheitswesen. Sie kündigte einen bayerischen Präventionsplan an, mit dem alle Volkskrankheiten abgedeckt und die Menschen in ihren Lebenswelten abgeholt werden sollen. Die Rolle der bayerischen Zahnärzte bei der Präventionsarbeit sei vorbildlich, sagte sie und hob Initiativen wie die Präventions-Aktion Seelöwe in Kindergärten hervor. Wichtig seien ihr auch die Belange von älteren Menschen und deren Recht auf Zahngesundheit bis ins hohe Alter. Huml verwies auf die Vorbildfunktion des Patenzahnarztkonzepts der Kammer für stationäre Einrichtungen. Ziel sei, die Versorgung von Pflegebedürftigen weiter zu verbessern.

Zukunftsfest aufstellen

Auf die Funktion der Kammern ging Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer ein. „Kammern müssen ihre Rolle überdenken und sich für die Zukunft aufstellen“, forderte er. „Wir müssen unser Selbstverständnis einem Update unterziehen.“ Das Kammerwesen sei ein gut bewährtes Modell liberaler und zugleich dienender Staatsorganisationen. Es bringe durch seine gesetzlich fixierte Gemeinwohlverpflichtung die Interessen des Berufsstands mit denen der Bevölkerung in Einklang. Und die Kammern bestimmten maßgeblich das Außenbild des gesamten Berufsstands. Die berufsständischen Werte müssten gemeinsam nach außen vertreten werden.

Was das Internet mit der Gesellschaft macht, skizzierte der Autor, Blogger und Spiegel-Online-Kolumnist Sascha Lobo in seinem Festvortrag. Er warnte vor den Gefahren einer Digitalisierung in allen Lebensbereichen. Die Vernetzung untereinander sei die wahre Kraft des Internets, erklärte er. Menschen liebten es, Daten ins Netz zu stellen. Es sei aber wichtig, die Grenzen von Datenbegeisterung und Datensicherheit im Auge zu behalten. Das gelte auch – und vor allem – für sensible Daten im Gesundheitsbereich. Auch die Zahnmedizin sei Teil der Datenwirtschaft. Wichtig sei, dass der Berufsstand eigene Infrastrukturen aufbaut, um die Hoheit der eigenen Daten selbst in der Hand zu behalten.

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