Lebensversicherung und Wertentwicklung

Die doppelte Rentenlücke

Michael Vetter
Die – vor Jahren vollmundig prognostizierten – Rentenleistungen sind gar nicht mehr so sicher, was nun? Dann muss eben die gute alte Lebensversicherung zum Ausgleich herhalten. Wie irrtümlich dieser Gedanke bei dem Wertverfall der Versicherungen jedoch sein kann, zeigt der folgende Fall.

Als Bastian T. vor rund zwanzig Jahren seine erste Kapitallebensversicherung abschloss, ahnte er nicht, dass diese später einmal einen wesentlichen Beitrag zu seiner finanziellen Altersabsicherung leisten muss. Ursprünglich als Zubrot zu seiner Rente und Zusatzversorgungskasse (ZVK) gedacht, müssen sowohl diese als auch die beiden anderen Lebensversicherungen die nun erwartete finanzielle Lücke ausgleichen, die von den prognostizierten Rentenleistungen nicht mehr gedeckt werden kann. Vor diesem Hintergrund erinnerte er sich an seine Lebensversicherungen, deren Entwicklung er bis zu diesem Zeitpunkt kaum verfolgt hatte.

Doch das hat sich geändert: Seit rund vier Jahren kontrolliert T. die „Standmitteilungen“, in denen der Versicherer jährlich mitteilt, mit welchen Ablaufleistungen respektive Rückkaufswerten er jetzt und zukünftig rechnen kann. Darüber hinaus erläutert das Unternehmen, wie sich seit der jeweils letzten Mitteilung (des Vorjahres) die Kapitalmärkte entwickelt haben und welche Auswirkungen diese Entwicklung auf den Wert der Lebensversicherungen hatte. Genau dies macht T. nun Sorge: Während der vergangenen Jahre ist der Wert der Versicherung nämlich nur unwesentlich gestiegen, da die Zentralbankpolitik des billigen Geldes auf die Verzinsung seiner Versicherungen durchschlägt.

Unter Berücksichtigung der jährlichen Einzahlungen von rund dreitausend Euro in die drei Versicherungen ergibt sich eine jährliche Durchschnittsverzinsung von gerade einmal rund 1,5 Prozent pro Jahr.

Wo sind die 15.000 Euro?

Stabilisiert sich die Entwicklung auf diesem niedrigen Niveau, wird er eine rechnerische Lücke zum Ablauf der Versicherung in knapp zehn Jahren von mehr als fünfzehntausend Euro haben. Diesen Betrag, mit dem er fest kalkuliert hat, müsste er kurzfristig in anderer Form ansparen. Derzeit sieht er sich dazu aber außerstande, da seine Praxis die erforderlichen Einnahmen nicht hergibt. Die Betrachtung der Wertentwicklung seiner Lebensversicherungen während der vergangenen Jahre veranlassten T., den Versicherungsverlauf noch weiter zurückzuverfolgen: Während des geprüften Zeitraums von zehn Jahren schaffte es das Unternehmen maximal bis zum Durchschnitt der in der Branche vorhandenen Mitbewerber.

Auf Nachfrage beim Versicherer teilte dieser ihm mit, dass die Gesellschaft ihm bereits seit Jahren einmal im Jahr eine Mitteilung über die Entwicklung seiner Versicherungen zugesendet. Bei Durchsicht dieser Unterlagen hätte T. also auffallen müssen, dass sich die Gesamtwerte der Lebensversicherungen keinesfalls so entwickelt haben wie ursprünglich prognostiziert. Mehr noch: Der Versicherer hat auch darauf verwiesen, dass die in den vergangenen Jahren schwierige Situation an den Kapitalmärkten Hauptursache für die Wertenwicklung gewesen ist. Da T. diese Schreiben immer nur oberflächlich angesehen hatte, war ihm nicht aufgefallen, dass bereits vor Jahren ein finanzielles Gegensteuern seinerseits hätte erfolgen müssen. Dazu dürfte es nun fast zu spät sein. Die erwähnte angespannte Praxissituation gibt weitere finanzielle Mittel nicht her. So denkt T. nun darüber nach, sich von einem unabhängigen Versicherungsexperten bezüglich möglicher Änderungen der bestehenden Lebensversicherungen beraten zu lassen. Und er denkt auch an eine Reduzierung der monatlichen Raten. Das so eingesparte Geld will er eventuell in einen Sparplan mit Aktien einbringen, von dem er sich eine bessere Wertentwicklung verspricht.

Michael Vetter, Fachjournalist für Finanzen E-mail:

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.