Studie der Universität Witten/Herdecke

Betriebliches Präventionsprogramm verbessert die Mundgesundheit

Zahnärzte der Universität Witten/Herdecke konnten nachweisen, dass eine intensive Schulung im Rahmen eines niedrigschwelligen betrieblichen Vorsorgeprogramms helfen kann, die Mundgesundheit von Erwachsenen zu verbessern.

Nimmt Deutschland bei der Zahngesundheit von zwölfjährigen Kindern weltweit eine Spitzenposition ein, geht diese Führung bei den Erwachsenen wieder verloren: Bei den 35- bis 44-Jährigen belegte Deutschland nur Platz sechs in einem Vergleich mit zehn europäischen Ländern, den USA und Australien.

„Das war für uns der Anlass nach Wegen zu suchen, wie wir das Wissen um Vorbeugung und einfache vorbeugende Maßnahmen an Erwachsene herantragen könnten. Und da war schnell klar, dass wir ein niedrigschwelliges Angebot am Arbeitsplatz testen müssen“, schildert Prof. Stefan Zimmer, Leiter der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin an der Universität Witten/Herdecke, den Hintergrund. Er verantwortet die Studie; die Zahnärzte Filiz und Enis Su unterstützten ihn dabei.

Den Mitarbeitenden eines Tierfutterherstellers – eines Betriebs mit Arbeitsplätzen in Büro und Produktion – wurde zunächst ein Lehrvideo zur Zahnpflege gezeigt. Außerdem wurde ihnen die Wirkung von zuckerfreiem Kaugummi und einer Mundspüllösung erklärt, die Fluorid und einen Wirkstoff gegen Mikroben enthielt. Diese Produkte wurden den Probanden für den Zeitraum eines Jahres zur Verfügung gestellt.

Weniger Beläge und besseres Zahnfleisch

Vor Beginn dieser Anwendung erhoben die Forscher die drei Mundhygiene-Indizes Papillen-Blutungsindex (PBI), modifizierter Approximal-Plaque-Index (mAPI) sowie Sondierungstiefenmessungen (STM). Von den 144 in die Pilotstudie eingeschlossenen Probanden konnten 85 nach einem Jahr nachuntersucht werden.

Alle drei Indizes zeigten nach einem Jahr eine deutliche Verbesserung. Der entsprechende Summenscore verbesserte sich von 10,68 (1,93) auf 9,97 (1,60) (p < 0,05) (Details siehe Kasten). „Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, dass solche betrieblichen Vorbeugungsprogramme eine gute Wirkung erzielen“, erläutert Zimmer die Ergebnisse. „Wir konnten zeigen, dass die Probanden weniger Zahnfleischbluten hatten, weniger Zahnbeläge aufwiesen und das Zahnfleisch auch deutlich besser am Zahn abschloss“, fasst er das Ergebnis zusammen.

Ein weiterer Beitrag zur Prävention

„Die orale Prävention ist sehr erfolgreich. Die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe als lebensweltenbezogene Maßnahme ist bei Kindern und Jugendlichen das reichweitenstärkste Präventionsprogramm in Deutschland.Dennoch gibt es noch zahlreiche Handlungsfelder – die zahnmedizinische betriebliche Prävention ist eines davon. Sie ist national und international noch wenig entwickelt. Hier setzt die Studie der Universität Witten/Herdecke an.

Das Forum Zahn- und Mundgesundheit Deutschland unterstützt den Forschungsansatz und bringt im Hinblick auf die Präventionsgesetzgebung die Zahnmedizin mit ein. Ziel des Forums ist es, die Mundgesundheit im Rahmen der von der Bundesregierung entwickelten nationalen Präventionsstrategie zu verankern. Die BZÄK ist Mitglied des Forums und leistet damit einen weiteren Beitrag zur Weiterentwicklung der zahnmedizinischen Prävention.“

Mit der Pilotstudie wollten die Autoren die Machbarkeit der Implementierung eines niedrigschwelligen zahnmedizinischen Präventionsprogramms in einem Unternehmen prüfen und gleichzeitig erste Daten zu dessen Wirksamkeit generieren. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen als Grundlage für eine Anschlussstudie mit mehr Probanden und längerer Laufzeit dienen.

Fazit für die Praxis

  • Zahnmedizinische Präventionsprogramme am Arbeitsplatz könnten helfen, die Präventionslücke zwischen Jugend- und Erwachsenenalter zu schließen.

  • Die Studie zeigt, dass ein solches Präventionsprogramm in einem Unternehmen mit Arbeitsplätzen in der Produktion und der Verwaltung umsetzbar ist und wirksam sein kann.

Zimmer S, Su F, Su E: Pilotprojekt zur betrieblichen Prävention. Das Gesundheitswesen<link url="https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32886941/" import_url="https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32886941/ - external-link-new-window" follow="follow" seo-title="" target="new-window">DOI 10.1055/a-1205–1207

Unterstützt wird die Studie vom Forum Zahn- und Mundgesundheit Deutschland. Die bundesweite Initiative setzt sich für den Dialog mit Partnern aus Wissenschaft, Politik, Verbänden und Wirtschaft ein. Mitglieder sind die Bundeszahnärztekammer, Mars Wrigley sowie Prof. Dr. Stefan Zimmer von der Universität Witten/Herdecke. Aktuelle Schirmherren des Forums sind Sabine Dittmar, MdB, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, und Dietrich Monstadt, MdB, Berichterstatter für die Zahnärzte, CDU/CSU-Mitglied im Ausschuss für Gesundheit. Gefördert wird das Forum vom Wrigley Oral Healthcare Program.Eine Studie der Universität Witten/Herdecke zeigt, wie Erwachsene am Arbeitsplatz mehr über Zahngesundheit lernen können

Zusammenfassung

Ziel der Studie: Untersuchung der Umsetzbarkeit und Wirksamkeit eines niedrigschwelligen Präventionsangebots in einem Pilotprojekt zur betrieblichen Prävention.

Methodik: Berufstätige eines Unternehmens mit Tätigkeit in Büro oder Produktion (n = 144; 90 w, 54 m) mit einem durchschnittlichen Alter von 39,25 (StA 11,5) Jahren wurden mithilfe eines Fragebogens zu Gewohnheiten und Wissen in der zahnmedizinischen Prävention befragt und klinisch untersucht. Die Mundhygiene-Indizes Papillen-Blutungs-Index (PBI) und der modifizierte Approximal-Plaque-Index (mAPI) sowie Sondierungstiefenmessungen (STM) wurden erhoben. Anschließend erfolgte eine Schulung in zahnmedizinischer Prävention mit einem eigens produzierten Video sowie die Bereitstellung von zuckerfreiem Kaugummi und Mundspüllösungen zur jeweils zweimal täglichen Anwendung für den Zeitraum eines Jahres. Danach wurden erneut der Fragebogen ausgegeben und die klinischen Parameter erhoben. Die Studie wurde von der Ethik-Kommission der UW/H genehmigt. Die statistische Analyse erfolgte mit SPSS 26.

Ergebnisse: 85 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 39,23 (StA 11,3) Jahren konnten nach einem Jahr nachuntersucht werden (59 w, 26 m). Die Analyse des Fragebogens ergab eine signifikante Verbesserung des Mundgesundheitsverhaltens. Der entsprechende Summenscore verbesserte sich von 10,68 (1,93) auf 9,97 (1,60) (p < 0,05). Der PBI verbesserte sich von 0,43 (0,40) auf 0,31 (0,36) (p < 0,05), der mAPI von 1,54 (0,51) auf 1,35 (0,39) (p < 0,01). Die STM waren von 1,83 (0,39) auf 1,56 (0,36) (p < 0,001) reduziert.

Schlussfolgerung: Das Programm erscheint zur Implementierung in die betriebliche Prävention geeignet und zeigte signifikante Verbesserungen im Mundgesundheitsverhalten sowie in klinischen Parametern.

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