Lippenkorrekturen: Je weniger, desto attraktiver
Ausgehend von einem Porträt einer jungen Frau erstellten die Forschenden eine Reihe digital veränderter Bilder mit unterschiedlichen Lippenproportionen (Verhältnis zwischen Ober- und Unterlippe) und -volumen. Die Probandengruppe bestand aus Freiwilligen ohne medizinischen oder ästhetischen Hintergrund sowie aus plastischen Chirurgen und Dermatologen. Sie wurden aufgefordert, die Bilder nach deren Attraktivität zu bewerten. Dabei wurde Eye-Tracking eingesetzt, um festzustellen, wie lange die Blicke der Teilnehmenden auf den einzelnen Strukturen ruhten. An der Studie waren unter anderem Forschende aus den USA, Kanada, den Niederlanden sowie der Ludwig-Maximilian-Universität München beteiligt.
Der Goldene Schnitt ist auch hier der Maßstab
Die Probanden fanden ein Lippenverhältnis von 1 zu 1,6 (Oberlippe zu Unterlippe) am attraktivsten und vergaben durchschnittlich 4,21 von 5 möglichen Punkten. Das Verhältnis 1:1,6 gilt allgemein als der „Goldene Schnitt“ für schöne Lippen. Im Gegensatz dazu wurde ein Bild, das eine vollere Unterlippe (Verhältnis 1:2) zeigte, mit einer Durchschnittsbewertung von 2,16 von 5 als weniger attraktiv empfunden.
Ein natürliches, nicht vergrößertes Lippenvolumen wurde von den Teilnehmenden am attraktivsten bewertet und erhielt eine Durchschnittsnote von 4,56. Bei einem Bild, das dieselben Lippen mit einem um 130 Prozent vergrößerten Volumen zeigt, lag die durchschnittliche Bewertung dagegen bei 1,56. Damit bestätigt die Studie die aktuellen Trends für ein natürlicheres Aussehen in der ästhetischen Medizin, folgern die AutorInnen.
Bemerkenswert ist, dass die Probanden bei der Eye-Tracking-Analyse weniger Zeit damit verbrachten, die als am attraktivsten bewerteten Lippen zu betrachten (also die mit einem Verhältnis von 1:1,6 und einem natürlichen Lippenvolumen). Mehr Zeit verbrachten sie mit der Betrachtung der Bilder, die digital veränderte Lippen zeigten. Die Forschenden führen dies auf eine mögliche Diskrepanz zwischen dem beobachteten Bild und dem individuellen Maßstab für Ästhetik zurück. „Visuelle Reize, die mit dem internen, sozial geprägten Schönheitsstandard übereinstimmen, erfordern weniger Anstrengung, um wahrgenommen zu werden“, erklärt Autor Dr. Sebastian Cotofana aus Minnesota, USA). „Im Gegensatz dazu benötigen visuelle Reize, die nicht dem internen Schönheitsstandard entsprechen, mehr Verarbeitungszeit – was sich in unwillkürlichen Augenbewegungen widerspiegelt, die durch Eye-Tracking erfasst werden.“
Frank K, Moellhoff N et al: In Search of the Most Attractive Lip Proportions and Lip Volume: An Eye Tracking- and Survey-Based Investigation. Plast Reconstr Surg. 2022 Aug 1;150(2):301–308. doi: 10.1097/PRS.0000000000009361 Epub 2022 Jun 6. PMID: 35666164
Hintergrund
„Bei der Augmentation der Lippen und/oder perioraler Falten handelt es sich um kosmetische Eingriffe, die ärztliches diagnostisches Fachwissen erfordern, um einer Gesundheitsgefährdung durch den Eingriff vorzubeugen. Die Eingriffe sind daher als Heilkunde anzusehen. Ausübung der Zahnheilkunde ist dazu die berufsmäßige auf zahnärztlich-wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Der von der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde umfasste Bereich erfasst das zum Mund gehörende Gewebe, das heißt, den Mundinnenraum, begrenzt durch das Lippenrot. Die Lippenunterspritzung ist deshalb vom Begriff der Zahnheilkunde umfasst und darf von Zahnärztinnen und Zahnärzten ausgeführt werden. Die Behandlung der Gesichtsoberfläche, insbesondere der perioralen Falten oder der Naso-Labial-Falten, gehört dagegen grundsätzlich nicht zu den der Zahnheilkunde zugewiesenen Körperbereichen. Zu beachten ist allerdings, dass für solche Eingriffe, die nicht medizinisch indiziert sind, Umsatz- und Gewerbesteuer anfallen. Um zu vermeiden, dass die gesamten Einnahmen des Arztes hiervon betroffen werden (‚Abfärbetheorie‘), muss eine strikte, organisatorische Trennung zwischen der freiberuflichen und der gewerblichen Tätigkeit erfolgen.“
Quelle: BZÄK