Minister Lauterbach steht jetzt unter Zugzwang

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In der Gesundheitspolitik sind wir es als Standesvertretung gewohnt, dicke Bretter zu bohren und mit Beharrlichkeit für die Positionen zu kämpfen, die wir für die Patientenversorgung für richtig halten. Dabei haben wir stets ein klares Ziel vor Augen. So wie bei unserem Kampf gegen investorengetragene MVZ (iMVZ), vor deren Gefahren die KZBV schon seit Jahren eindringlich und sachlich fundiert warnt. Am 16. Juni konnten wir nun einen Etappensieg erringen. An diesem Tag hat der Bundesrat mit deutlicher Mehrheit den von den Ländern Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein sowie Hamburg eingebrachten Entschließungsantrag „Schaffung eines MVZ-Regulierungsgesetzes“ beschlossen. Die Entschließung enthält einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Eindämmung von iMVZ und beruht auf einem breit getragenen Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom Frühjahr. Das klare Votum des Bundesrates ist ein starkes Signal an den Bundesgesetzgeber, die Versorgung endlich wirksam vor den Gefahren durch iMVZ zu schützen. Deshalb begrüßen wir die Entschließung der Länderkammer außerordentlich. Insbesondere die räumliche Beschränkung der Gründungsbefugnis, die MVZ-Schilderpflicht und die Einführung eines MVZ-Registers sind wichtige Elemente, um der Vergewerblichung der Versorgung Einhalt zu gebieten.

Aus unserer Sicht sollte darüber hinaus für den Bereich der zahnärztlichen Versorgung noch ein zentraler Baustein ergänzt werden, um den Gefahren von iMVZ für die Patientenversorgung speziell in diesem Versorgungsbereich tatsächlich wirksam zu begegnen. Von entscheidender Bedeutung ist, dass neben der räumlichen zwingend auch eine fachliche iMVZ-Gründungsbeschränkung gesetzlich verankert wird. Hierzu sollte der bereits 2019 mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz für den zahnärztlichen Bereich beschrittene Sonderweg konsequent weiterverfolgt werden. Zahnärztliche MVZ sollten nur von Krankenhäusern mit einer zahnmedizinischen Fachabteilung bzw. einem zahnmedizinischen Versorgungsauftrag gegründet werden dürfen.

Jetzt ist Bundesgesundheitsminister Lauterbach unter Zugzwang. Es ist höchste Zeit, dass er nun endlich seinen eigenen klaren Worten auch Taten folgen lässt. Wir erinnern uns: Kurz vor dem Jahreswechsel hatte Lauterbach vollmundig angekündigt, die Finanzinvestoren würden ihr letztes schönes Weihnachtsfest gehabt haben. Jetzt ist es an ihm, diese Ankündigung auch wirksam umzusetzen.

Im Sinne des Patientenwohls ist eine wirksame Regulierung des Investorentreibens überfällig. Das unterstreicht der breit und parteienübergreifend getragene Beschluss der Länder sehr deutlich. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der die Forderungen des Bundesrates ergänzt und eine fachliche Gründungsbeschränkung für zahnärztliche MVZ aufgreift, sollte jetzt so schnell wie möglich vorgelegt werden – am besten noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Versorgungsgesetz I.

Allerdings zeigen uns unseren bisherigen Erfahrungen, dass der Minister viele Bälle in die Luft wirft, aber nur bei wenigen Themen bislang tatsächlich geliefert hat. Ein Großteil der teils hochkonfliktären Gesetzesvorhaben hat es noch nicht einmal über den Ankündigungsmodus hinausgeschafft. Die GKV-Finanzreform, die beiden Digitalgesetze, das Versorgungsgesetz I und II, das Bürokratie-Entlastungsgesetz – überall sind nicht viel mehr als Überschriften bekannt. Aus den Erfahrungen der ersten Hälfte dieser Legislaturperiode wissen wir, dass die Zeitpläne des BMGs mit großen Unwägbarkeiten verbunden sind. Für uns bedeutet das, dass wir uns darauf vorbereiten müssen, in den kommenden Wochen und Monaten auch sehr kurzfristig mit einer Fülle von Gesetzgebungsverfahren konfrontiert zu werden. Uns bleibt also nur ein kurzes Zeitfenster, um unsere eigenen Konzepte und Vorschläge einzubringen und Dinge zum Besseren zu wenden. Ganz entscheidend ist daher, dass wir mit unseren Themen und Forderungen selbst offensiv nach vorne gehen. So wie wir es jetzt mit unserer Kampagne „Zähne zeigen“ tun. Wir werden diese verantwortungslose Kostendämpfungspolitik nicht lautlos hinnehmen, sondern unsere berechtigten Forderungen zusammen mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, deutlich hörbar nach außen tragen.

Martin Hendges
Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

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