Mundgesundheit ist Herzenssache
Kurz nach der Geburt ihrer Zwillingstöchter im Jahr 2018 wurde die Zahnärztin Katharina Wernicke mit einer heftigen Diagnose konfrontiert: Bei einer ihrer Töchter wurden drei schwere Herzfehler diagnostiziert. Es folgten zahlreiche Operationen und Therapien, begleitet von großer Unsicherheit für die junge Familie. Heute geht es der vierjährigen Elise besser, ihr Gesundheitszustand hat sich stabilisiert.
Als Wernicke das Erlebte Revue passieren ließ, fiel ihr auf: Das Thema Zahn- und Mundgesundheit hatte während der ganzen Zeit kaum eine Rolle gespielt. „Niemand hat uns gefragt, ob und wie wir die Mundhygiene bei Elise durchführen. Es gab auch keine Aufklärung darüber, dass gute Mundgesundheit für herzkranke Kinder von enormer Bedeutung ist“, sagt die 40-jährige Zahnärztin, die eine Praxis in Oldenburg betreibt.
Aus Gesprächen in Selbsthilfegruppen und aus Betroffenen-Chats in den sozialen Medien weiß sie, dass die Mundgesundheit sehr oft erst ein Thema wird, wenn die Kinder Schmerzen haben oder eine Herz-OP wegen Karies oder einer Zahnfleischentzündung nicht stattfinden kann. Für beides sind herzkranke Kinder anfällig, unter anderem, weil sie oft hochkalorische, stark zuckerhaltige Astronautennahrung erhalten, um bei Kräften zu bleiben. Manchmal ist auch eine Ernährung über eine Magensonde notwendig und die Mundhygiene rücke dabei in den Hintergrund.
„Wenn die Zahngesundheit dann im Argen liegt, muss vor der OP erst eine Sanierung stattfinden, damit die Entzündung nicht vom Mund auf den Organismus übergreift. Diese Eingriffe können häufig nur in ITN, in Zahnkliniken mit angeschlossenen Kinderkardiologischen Abteilungen stattfinden. Bei ambulanten Eingriffen ist einiges zu beachten. Auf unserer Homepage, www.zahnputzfuchs.de, können sich Zahnärztinnen und Zahnärzte über diese Besonderheiten informieren“, erklärt Wernicke.
So kann die Praxis helfen
Durch eine gute Prophylaxe, die rechtzeitig beginnt und konsequent durchgehalten wird, lassen sich diese Komplikationen in vielen Fällen vermeiden, ist die Oldenburger Zahnärztin überzeugt. Aus diesem Grund hat sie 2023 das Projekt „Zahnherzen“ gestartet. „Unser Ziel ist, die betroffenen Kinder und Jugendlichen und deren Eltern über die mit einer unzureichenden Mundhygiene verbundenen Risiken bei Herzkrankheiten aufzuklären“, sagt Wernicke.
Deshalb wendet sich die Initiative in Kooperation mit dem Verein „Zahnputzfuchs“, der sich für chronisch und schwer erkrankte Kinder engagiert, an Zahnkliniken mit Kinderabteilungen sowie kinderkardiologische Stationen, um auch dort das Thema Mundgesundheit in den Vordergrund zu rücken. „Wir würden für die Familien gerne ein Netzwerk von Kontaktpersonen an Kliniken in ganz Deutschland aufbauen“, berichtet die Zahnärztin. Gleichzeitig soll ein bundesweites Netzwerk von niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzten entstehen, die sich in ihren Praxen dem Thema Prophylaxe und Prävention bei herzkranken Kindern annehmen.
Wernicke: „Aufklärung kann wirklich in jeder Praxis stattfinden, es braucht keine spezielle räumliche oder technische Ausstattung.“ Natürlich müsse man sich ein wenig in das Thema einlesen und zum Beispiel lernen, welche Medikamente es gibt und in welcher Wechselwirkung sie mit der Mundgesundheit stehen können. Zahnherzen stehe ihnen dabei beratend zur Seite und informiere auch darüber, welche Behandlungen man in der Praxis vornehmen kann und welche nur in einer Klinik mit angeschlossener Kinderkardiologie stattfinden sollten.
Sie möchten mitmachen?
Für schwer und chronisch erkrankte Kinder können sich Zahnärztinnen, Zahnärzte und Praxismitarbeitende unter anderem in diesen gemeinnützigen Initiativen engagieren:
Projekt „Zahnherzen“
Tel.: 0441/883077
zahnarzt-wernicke@web.de
Verein „Zahnputzfuchs“
kontakt@zahnputzfuchs.de
www.zahnputzfuchs.de
Wichtig für ein Engagement ist aus ihrer Erfahrung vor allem diese Voraussetzung: „Kinder mit schweren Herzerkrankungen und ihre Familien haben emotional viel mitgemacht. Dafür sollte man offen sein und ausreichend Zeit für sie einplanen.“