Jeder büffelt so vor sich hin
Ärzte und Zahnärzte müssen hochqualifizierte Entscheidungsträger sein, wenn sie ihre Patienten erfolgreich behandeln wollen. Daher sollten Medizin- und Zahnmedizinstudierende anstatt Zahlen und Fakten auswendig zu lernen, schon in den frühen Phasen ihrer Ausbildung kritisches Denken und problembasiertes Lernen erlernen, heißt es im Intro der Studie. Vor diesem Hintergrund hätten in den vergangenen Jahrzehnten viele Universitäten und Hochschulen ihre Lehrpläne geändert, um den Studierenden Lernstrategien und -gewohnheiten beizubringen, die die Anwendung und die langfristige Speicherung von Wissen fördern, erläutern die Wissenschaftlerinnen. Diesen Shift habe man besonders in Disziplinen beobachten können, die den Erwerb einer großen Menge an theoriebasiertem Wissen erfordern – wie Medizin und Zahnmedizin.
Die Reform zielte demnach darauf ab, den Studierenden zu helfen, „tiefer zu lernen“. Der Kursstoff wurde so strukturiert und vermittelt, dass jene theoretisch in der Lage sein sollten, ihr Wissen mit klinischen Problemen und Fällen zu verknüpfen und anzuwenden – das volle Gegenprogramm also zum bloßen Auswendiglernen vieler einzelner Informationsschnipsel, bei denen man möglicherweise Schwierigkeiten hat, deren klinische Relevanz zu erkennen, und die man daher eher wieder vergisst.
Allerdings gibt es in der Literatur keinen Konsens darüber, ob solche Ansätze Studenten auf lange Sicht tatsächlich zu effizienteren Lernenden machen. Ziel dieser systematischen Überprüfung war daher zu untersuchen, ob unterschiedliche Lehrmethoden die bevorzugten Lernansätze der Studierenden (tiefer, strategischer und oberflächlicher Ansatz) beeinflussen und sich indirekt auf deren akademische Leistungen auswirken.
Kann man Studierende lehren, effizienter zu lernen?
Die Stichprobe umfasste 49 Studien, davon beleuchteten 87,8 Prozent die Lernansätze von Medizinstudierenden, 10,2 Prozent die von Zahnmedizinstudierenden und eine Studie untersuchte Zahnmedizin- und Medizinstudierende der Grundlagenwissenschaften (2 Prozent). Angeschaut wurde die Situation in 26 Ländern, wobei das Vereinigte Königreich das am intensivsten erforschte Land war (16,3 Prozent), gefolgt von Australien, Deutschland, Indien, Iran, Saudi-Arabien und der Schweiz (alle 6,1 Prozent). Aus Malaysia, Pakistan, Sri Lanka und den USA (jeweils 4,1 Prozent) gingen je zwei Studien ein. China, Dominica, Irland, Nepal, die Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Südafrika, Südkorea, Spanien, St. Vincent und die Grenadinen, Sudan, Taiwan, die Türkei und Simbabwe steuerten je eine Studie bei (jeweils 2 Prozent).
Die in der ausgewählten Literatur am häufigsten untersuchten Lehrmethoden waren didaktische (23 Arbeiten) und praxisbezogene Lehrmethoden (20 Arbeiten), gefolgt von problembasiertem Lernen (15 Arbeiten) und E-Learning-Methoden (7 Arbeiten).
Im Ergebnis ist tiefgehendes (Deep) und strategisches (Strategic) Lernen mit besseren akademischen Leistungen in der medizinischen und in der zahnmedizinischen Ausbildung verbunden: Studierende, die tiefe Lernansätze verfolgen, erbringen signifikant bessere akademische Leistungen. Sie neigen dazu, Inhalte kritisch zu reflektieren, anstatt sie nur auswendig zu lernen. Strategische Lernansätze sind ebenfalls von Vorteil, da sie dazu anregen, die Lernstrategien zu optimieren, um bessere Noten zu erzielen.
Oberflächliches (Surface) Lernen führt dagegen häufig zu schlechteren Resultaten, insbesondere angesichts der hohen Anforderungen in diesen Disziplinen. Während tief und strategisch Lernende tendenziell hervorragende Leistungen erbringen, scheinen oberflächlich Lernende mit der intensiven Arbeitsbelastung und dem Druck zu kämpfen.
Es gibt keine Lehrmethode, die für alle gleich gut funktioniert
Die Ergebnisse zeigen gleichzeitig, dass keine universelle Lehrmethode existiert, die für alle Studierenden gleich gut funktioniert. Verschiedene Lehrmethoden – etwa problemorientiertes Lernen (PBL), praxisnahe Methoden oder E-Learning – haben ihre je eigenen Vorteile, doch scheint der Lernerfolg stärker von individuellen Lerngewohnheiten als von der Lehrtechnik beeinflusst zu werden. Dennoch fördern interaktive und problemorientierte Lehrmethoden tiefes Lernen, während traditionelle Vorlesungen oft zu einem oberflächlichen Lernansatz führen. Lehrmethoden, die auf aktive Teilnahme und Gruppenarbeit setzen, haben sich als besonders effektiv erwiesen, um Studierende zu motivieren und ihr Engagement zu steigern.
Die Forschung sollte daher verstärkt kognitive Neurowissenschaften in die Hochschulausbildung integrieren, um die Studierenden zu ermutigen, die neurobiologischen Grundlagen des Lernens besser zu verstehen, fordern die Wissenschaftlerinnen. Dieser Ansatz könne Lernprozesse gezielter fördern und Studierenden helfen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Regelmäßige Feedback-Mechanismen könnten sie zusätzlich darin bestärken, ihre Lernansätze zu reflektieren und anzupassen.
„Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer durchdachten Lehrmethodik in der Hochschulbildung, insbesondere in der medizinischen und in der zahnmedizinischen Ausbildung, um die Lernqualität und die akademische Leistung der Studierenden zu verbessern“, bilanzieren die Autorinnen.
Evaluating the Dynamics of Learning Approaches: A Systematic Review Investigating the Nexus Between Teaching Methods and Academic Performance in Medical and Dental Education; Marlen A. Roehe, Carmen Trost, Julia S. Grundnig, Anahit Anvari-Pirsch & Anita HolzingerVolume 36, article number 118, (2024) doi.org/10.1007/s10648-024-09952-4