Pilotstudie: Mehr Sicherheit durch Patientenbriefe

Befunde in leicht verständlicher Sprache für alle

pr/pm
Praxis
Patientenbriefe wirken: Sie verbessern das Verständnis ärztlicher Informationen und stärken die Gesundheitskompetenz von Patienten. Das ergab eine Studie, die vom Bundesgesundheitsministerium präsentiert wurde.

Dank eines Patientenbriefs verstehen Patienten ihre Diagnosen besser, sie gewinnen mehr Sicherheit im Umgang mit Erkrankungen und Behandlungen. Außerdem trägt der Brief dazu bei, die Lücke zwischen stationärem und ambulantem Sektor zu schließen. Die ergab eine Pilotstudie, die auf einer Veranstaltung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) am 14. Juni in der Hörsaalruine der Berliner Charité vorgestellt wurde.

Wie genau Patientenbriefe wirken, stellte Ansgar Jonietz, Geschäftsführer der Dresdner

Was hab ich? gGmbH

einem Fachpublikum vor. Der Ausgangspunkt: Die niedrige Gesundheitskompetenz in Deutschland. Die Folge: diese Patienten werden häufiger nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wieder eingewiesen und nutzen die Notfallversorgung häufiger. Ein Lösungsansatz: die Bereitstellung von verständlichen, zielgruppengerechten Informationen, etwa in Form von Patientenbriefen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus.

Was hab ich?

Was hab ich?

Was hab ich? gGmbH

www.washabich.de

Diese Idee griff die Pilotstudie in Bad Ems auf: Jeder Patient braucht anstatt des fachsprachlichen Arztbriefes einen verständlichen Patientenbrief nach dem Krankenhausaufenthalt. Es entstand ein Brief mit Informationen zu den vorliegenden Erkrankungen, durchgeführten Untersuchungen, dem Medikamentenplan sowie zu gesundheitsförderlichem Verhalten nach der Entlassung. Von 2015 bis 2018 erhielten 2.500 Patienten erstmals Briefe nach ihrem Krankenhausaufenthalt.

Zur effizienten Erstellung der Briefe wurde zunächst ein IT-System konzipiert. Textbausteine, die von hauptamtlich bei

Was hab ich

-Ärzten mit Erfahrung im Schreiben laienverständlicher Texte erstellt wurden, dienten als Grundlage. Im Projektverlauf wurden über 3.000 Textbausteine erstellt, darunter Texte zu Diagnosen, Untersuchungsverfahren, Medikamenten und Behandlungsempfehlungen. Jeder Baustein konnte durch verschiedene Parameter individualisiert werden. Für den Medikationsplan wurde für jede Wirkstoffkombination ein Baustein erstellt. Die Medikamentenbausteine waren mit den verwendeten Markennamen der Medikamente verknüpft und enthielten Informationen zu Einzeldosierungen. Datenschutz und Verschlüsselung von Daten wurden gewährleistet. Der Brief wurde den Patienten als farbige DIN A4-Broschüre ausgehändigt, und zwar per Post im Namen der Klinik durch Was hab ich.

Ergebnisse der Pilotstudie:

Ergebnisse der Pilotstudie:

Während in der Pilotstudie die Briefe noch manuell durch Ärzte erstellt wurden, arbeitet

Was hab ich

inzwischen an einer komplett automatisch erstellbaren Variante der Patientenbriefe. Sie sollen als Standard ins Entlassmanagement integriert werden. Ziel ist eine massentaugliche und kostengünstige Lösung für den deutschlandweiten Einsatz. ICD- und OPS-Codierungen oder Medikamentenpläne sollen integriert werden. 21.500 ICD- und OPS-Codes mit leicht verständlichen Textbausteinen können bereits erläutert werden. Seit Juni 2019 erhalten Patienten im Herzzentrum Dresden die ersten vollständig automatisierten Patientenbriefe. Das Projekt wurde vom Innovationsfonds der Bundesregierung gefördert und wissenschaftlich evaluiert. Die Ausdehnung auf weitere Kliniken ist geplant.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten für die Briefe sind: Übertragung auf den ambulanten Sektor, Brief in Fremdsprachen, digitale Varianten oder Versionen für weitere Zielgruppen (Angehörige, Kinder, Eltern).

Seit der Erarbeitung des Patientenrechtegesetzte steht ein verpflichtender Patientenbrief immer wieder im Fokus politischer Diskussionen. Auch bei der 91. Gesundheitsministerkonferenz-Konferenz 2018 wurde ein solcher gefordert. Zwar ist eine Initiative von mehreren Bundesländern, nach der im Anschluss an jede ärztliche Behandlung ein Patientenbrief erstellt werden sollte, kürzlich im Bundesrat gescheitert.

Dennoch: Für das BMG steht das Thema Patientensicherheit ganz vorne auf der Agenda, wie der parlamentarische Staatsekretär im BG, Thomas Gebhart, auf der Tagung in der Charité betonte. Patientenorientierung ist für ihn das Leitbild im Gesundheitswesen. Jeder Einschnitt in die Patientensicherheit hat nicht nur persönliches Leid zur Folge, auch die ökonomischen Konsequenzen für das Gesundheitswesen werden immer deutlicher, erklärte er. Deshalb verspricht sich Gebhardt auch viel von der Digitalisierung und der elektronischen Patientenakte. Sie wird seiner Ansicht nach helfen können, dass Informationen nicht verloren gehen.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.