Deutscher Rheumatologiekongress 2024

Sjögren-Syndrom als Risikofaktor für juvenilen Schlaganfall

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Zahnmedizin
Patienten mit Sjögren-Syndrom haben ein deutlich niedrigeres Alter bei Schlaganfällen als vergleichbare Patientengruppen. Bei jedem Zweiten wurde die Sjögren-Diagnose erst nach dem Schlaganfall gestellt.

Forschende der Medizinischen Hoch­schule Hannover haben auf dem Deutschen Rheumatologiekongress in Düsseldorf eine Studie vorgestellt, in der gezeigt werden konnte, dass Schlaganfälle in jüngeren Lebensjahren beim Vorliegen eines primären Sjögren-Syndroms häufiger auftreten.

Für die Studie wurden Daten von insgesamt 548 Patientinnen und Patienten mit primärem Sjögren-Syndrom über einen Fünfjahreszeitraum (2018 bis 2023) untersucht. Mit Hilfe von Propensity-Score-Matching nach Alter zu Studienbeginn wurden für die Schlaganfall-Gruppe der Sjögren-Patienten zwei Kontrollgruppen im Verhältnis 1:3 gebildet: Sjögren-Patienten ohne Schlaganfall-Anamnese sowie eine Gruppe von Patienten mit Hirninfarkt ohne Sjögren-Syndrom. Darüber hinaus wurden Daten der Schlaganfall-Patienten mit Sjögren Syndrom, die jünger als 50 Jahre waren (juveniler Schlaganfall) mit den Älteren (späterer Schlaganfall) verglichen.

Die Ergebnisse zeigen ein signifikant niedrigeres Medianalter der Sjögren-Patienten beim Auftreten eines Schlaganfalls im Vergleich zu Schlaganfall-Patienten ohne Sjögren-Syndrom (53 versus 60 Jahre, p=0,042). Bei 18,9 Prozent der Sjögren-Patienten trat ein Schlaganfall vor dem 40. Lebensjahr auf – bei Patienten ohne Sjögren Syndrom waren es lediglich 5,4 Prozent. In der Altersklasse 40 bis 50 lagen 21,6 der Sjögren-Patienten mit Schlaganfall. 40,5 Prozent der Sjögren-Patienten erlitten einen Schlaganfall vor ihrem 50. Lebensjahr (Medianalter 41) und waren damit durchschnittlich 25 Jahre jünger als Sjögren-Patienten mit einem späteren Schlaganfall über 50 Jahren (59,5 Prozent, Medianalter 66,5).

Das Sjögren-Syndrom

Das Sjögren-Syndrom zählt zu den häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und äußert sich durch eine chronische Entzündung der exokrinen Drüsen. Betroffen sind dadurch vor allem die Mund- und Vaginalschleimhaut sowie die Tränendrüsen. Im Allgemeinen erkranken Frauen weitaus häufiger als Männer. Das Syndrom kann verschiedene Ausprägungen haben und entweder nur lokale exokrine Drüsen betreffen, aber auch extraglandulär systemisch mit Beteiligung verschiedener Organe auftreten. Es kann in seiner primären Form allein oder sekundär mit Assoziation zu anderen Immunerkrankungen auftreten.

Xerostomie und Sicca-Syndrom sind Leitsymptome der Erkrankung und liegen bei 98 Prozent der Betroffenen vor. Die Stomatitis sicca kann sich dadurch äußern, dass Patienten über Probleme beim Einspeicheln der Nahrung oder Schwierigkeiten beim längeren Sprechen berichten. Auch eine erhöhte Kariesprävalenz sowie häufigere Candida albicans Infektionen können als Folge der Xerostomie auftreten. Bei mehr als einem Drittel der Patienten treten im Rahmen des Sjögren-Syndroms rezidivierende Entzündungen der Parotiden, zumeist beidseits, auf. Extraglandulär können Arthralgien und Polyarthritiden (beobachtet bei rund der Hälfte der Patienten,) sowie das Raynaud-Syndrom auftreten.

Beide Schlaganfallgruppen (mit und ohne Sjögren-Syndrom) wiesen überwiegend ähnliche kardiovaskuläre Risikofaktoren auf, während sich diese in der Kontrollgruppe ohne Schlaganfall deutlich weniger zeigten. In allen Schlaganfall-Gruppen war der Anteil der Männer höher.

Bei nahezu die Hälfte der Schlaganfall-Patienten (48,6 Prozent) aus der Sjögren-Gruppe wurde zum Zeitpunkt des Schlaganfalls die Diagnose des Sjögren-Syndroms noch nicht gestellt. Dies betraf vor allem Patienten mit juvenilem Schlaganfall, obwohl diese bereits Sicca-Symptome zeigten.

Die Ergebnisse bestätigen eine Assoziation zwischen Sjögren-Syndrom und einem erhöhten Schlaganfallrisiko, insbesondere in jüngeren Lebensjahren. Während die kardiovaskulären Risikofaktoren in beiden Schlaganfall-Gruppen ähnlich waren, waren die Sjögren-Patienten beim Auftreten des Schlaganfalls deutlich jünger. „Dieser Umstand deutet darauf hin, dass autoimmun-entzündliche Prozesse eine Rolle bei der Pathogenese der Schlaganfälle bei diesen PatientInnen spielen könnten“, vermuten die Autorinnen und Autoren. Die verzögerte Diagnosestellung beim Sjögren-Syndrom spricht dafür, das Screening zu optimieren, insbesondere für jüngere Patienten.

52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) 2024, Meeting Abstract VK.05; DOI: 10.3205/24dgrh194

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