Europäischer Gerichtshof

Zahnärztin muss Kopie der Patientenakte unentgeltlich herausgeben

Martin Wortmann
Praxis
Deutsche Regelungen verstoßen gegen EU-Recht: Zahnärzte und andere Behandler müssen ihren Patienten unentgeltlich eine erste Kopie ihrer Patientenakte zur Verfügung stellen.

Erst für eine zweite Kopie dürfen sie Kostenersatz verlangen, urteilte heute der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Anderweitige deutsche Regelungen verstoßen danach gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Im Streitfall hatte ein Patient den Verdacht, dass seiner Zahnärztin ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Um dies überprüfen zu können, verlangte er eine Kopie seiner Patientenakte. Nach den deutschen Regelungen können Zahnärzte dafür Ersatz der durch das Kopieren entstehenden Kosten verlangen.

Entsprechend war hier die Zahnärztin nur gegen Kostenersatz zum Kopieren der Akte bereit. Der Patient war allerdings der Ansicht, dass ihm die Aktenkopie dennoch unentgeltlich zusteht. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe legte den Streit dem EuGH vor.

Der stellte nun fest, „dass in der DSGVO das Recht des Patienten verankert ist, eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich ohne dass ihm hierdurch Kosten entstehen“. Behandler könnten ein Entgelt erst verlangen, wenn ein Patient später eine weitere Kopie haben möchte.

Die Zahnärztin ist laut DSGVO verantwortlich für die Daten ihrer Patienten

Zur Begründung erklärten die Luxemburger Richter, die Zahnärztin sei datenschutzrechtlich als „Verantwortliche“ für die Daten ihrer Patienten anzusehen. Als solche sei sie laut DSGVO verpflichtet, eine erste Kopie der Daten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Dabei sei der Patient „nicht verpflichtet, seinen Antrag zu begründen“.

Auch in der Akte enthaltene Dokumente müssten mit bereitgestellt werden, soweit diese zum Verständnis erforderlich sind. Umfasst sind danach alle Daten aus der Patientenakte, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte oder Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten.

Entgegenstehende Regelungen in Deutschland sind danach nicht mit der DSGVO vereinbar. „Selbst mit Blick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Behandelnden dürfen die nationalen Regelungen dem Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie seiner Patientenakte auferlegen“, urteilte der EuGH.

Nach diesen Maßgaben muss nun abschließend wieder der BGH über den Streit entscheiden.

Europäischer Gerichtshof
Az.: C-307/22
Urteil vom 26. Oktober 2023

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.