Schlüsselfertige Modellpraxis startete 2019

Ein Jahr Zahnarztpraxis der Zukunft

Eine schlüsselfertige Praxis mit einem flexiblen Beratungsvertrag, aber ohne Darlehen: Vor zwölf Monaten starteten vier Zahnärztinnen in der „Zahnarztpraxis der Zukunft“ (ZPdZ). Kein halbes Jahr nach der Eröffnung kam der Lockdown. Nun ziehen die verbliebenen drei Gründerinnen ein Fazit.

Seit einem Jahr ist die gemeinsam von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) und der Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft (ZA eG) ins Leben gerufene Zahnpraxis der Zukunft nun am Markt. Das Konzept: Zahnmedizinern die Selbstständigkeit zu ermöglichen, ohne dass diese finanziell mit einem Praxiskauf belastet sind.

Die „ZAP*8 – Zahnarztpraxis am Seestern“ im Düsseldorfer Stadtteil Lörick ist 480 Quadratmeter groß und wird seit Oktober 2019 von drei Zahnärztinnen, zusammen mit einem dreiköpfigen Team, in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) betrieben. Eine Gründerin arbeitet in Voll-, die anderen beiden Teilzeit.

Der Support schafft Freiräume

Die Zahnarztpraxis der Zukunft will eine Niederlassung mit mehr Flexibilität bei der Praxisführung bieten. So beziehen die drei Gründerinnen je nach Thema regelmäßig oder anlassbezogen über einen Servicevertrag Know-how und Unterstützungsleistungen von der ZPdZ. Bausteine dieses Vertrags sind laut apoBank beispielsweise die Implementierung eines digitalen Workflows, Hilfe bei der Patientenakquise und Praxiskommunikation, kontinuierliche Beratung bei der Praxis- und Mitarbeiterführung, die rechtssichere Abrechnung von Leistungen sowie Support bei der Handhabung der Liquiditätssicherung und dem Praxismanagement während der Pandemie.

Außerdem haben die Gründerinnen jederzeit die Möglichkeit, Rücksprache mit der ZPdZ zu halten, erklärt die apoBank. „Je nach Thematik stehen ihnen hierfür verschiedene Ansprechpartner, Experten und zahnärztliche Kollegen zur Verfügung.“ Das Angebot reiche von operativen bis zu strategischen Inhalten, die wahlweise situativ oder regelmäßig besprochen werden können. Daneben stellt die ZPdZ die fortlaufende Betriebsfähigkeit der Praxis sicher, kümmert sich etwa um technische Defekte, die Organisation von Wartungs- und Instandhaltungsterminen sowie „die stetige Optimierung administrativer und fachlicher Prozesse“.

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Indem die ZPdZ diese Aufgaben übernimmt, werden die Zahnärztinnen entlastet und können sich auf die Patienten konzentrieren. Außerdem können sie – zwei von ihnen sind Mütter – in ihrer BAG die Aufteilung der Behandlungszeiten flexibel und abhängig von persönlichen und familiären Verpflichtungen vornehmen.

Die Pandemie hat das Team zusammengeschweißt

Kein halbes Jahr nach der Eröffnung kam dann die Pandemie. Anja Feller Guimarães erinnert sich genau: Sie war zur Behandlung im einem Pflegeheim, das von ihrer Praxis betreut wird, als auf dem Rückweg im Radio der Lockdown angekündigt wurde. Ein Schock. „Viele unserer Patienten waren erst einmal verunsichert und trauten sich nicht in die Behandlung“, sagt sie. „Insbesondere zu Beginn mussten wir viel Überzeugungsarbeit leisten, dass ein Besuch sicher ist und in einer Zahnarztpraxis nicht erst seit Corona hohe Hygienestandards herrschen.“

Weil die Praxis zu diesem Zeitpunkt noch im Aufbau war, warf das Feller Guimarães und ihre beiden Kolleginnen Gesa Schmidt-Martens und Anna Bernhardt ziemlich zurück. Die Situation habe aber das Team auch enger zusammengeschweißt, sagt Schmidt-Martens heute. „Wir mussten neue Wege finden, wie wir unsere Patienten erreichen, wie wir Aufklärung leisten können und gleichzeitig ein sicheres Gefühl für die zahnärztliche Behandlung vermitteln.“ Zur Zeit des Lockdowns nutzte die Praxis die Social-Media-Kanäle daher noch aktiver mit dem Ziel, Vertrauen zu schaffen und den Kontakt zu den Patienten nicht abreißen zu lassen.

Wie in vielen anderen Praxen auch kam es im ersten Halbjahr zu einem spürbaren Patientenrückgang. Darum hatten die Zahnärztinnen übergangsweise Kurzarbeit für ihre Mitarbeiterinnen angemeldet. Seit Juli steigen die Patientenzahlen aber kontinuierlich wieder an.

Eine Gründerin sprang in den ersten Wochen ab

Direkt nach dem Start hatte die Modellpraxis schon einmal mit einigen Unwägbarkeiten zu kämpfen. Mitgründerin Dr. Susanne Kowollik, die im November 2019 noch bei der Eröffnungsfeier dabei war und ab Januar 2020 als Vollzeit-Behandlerin vorgesehen war, entschied sich kurzfristig, weiter in der Uniklinik Düsseldorf zu arbeiten und nicht der BAG beizutreten.

Und nachdem zu Beginn des Jahres wie geplant verschiedene Fortbildungsangebote in den Praxisräumen stattgefunden hatten, musste dann das ursprüngliche Hospitations- und Seminarkonzept der ZPdZ aufgrund der Pandemie bis auf Weiteres ausgesetzt werden. Das galt auch für den geplanten Aufbau eines weiteren Standorts, der für 2020 projektiert war, sowie für die Feier zum ersten Praxisgeburtstag. Statt einer geplanten Ausstellungseröffnung mit dem Düsseldorfer Künstler Michael Sichelschmidt wurden nur die Praxiswände umdekoriert.

Keine volle Kostenerstattung für TI-Konnektor

Das Sozialgericht Stuttgart hat jetzt eine Klage gegen die vermeintlich unzureichende Kostenerstattung beim Betrieb von Konnektoren für die Telematikinfrastruktur (TI) in erster Instanz abgelehnt.

„Natürlich ist das eine Enttäuschung“, erklärte Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI GENO Deutschland und MEDI Baden-Württemberg, der auf das Urteil hingewiesen hatte. Der Verband unterstützt ausdrücklich Klagen von Ärzten und Psychotherapeuten, die sich gegen die „unzureichende und pauschalierte Kostenerstattung durch die KVen bei Installation und Betrieb des TI-Konnektors“ wenden.

Das Sozialgericht Stuttgart hat seine Entscheidung demnach formal darauf gestützt, dass die den Ärzten entstehenden Kosten im Rahmen der TI-Finanzierungsvereinbarung vorgesehenen Pauschalen verbindlich seien.

Entstandene und erstattete Kosten sind zu nah beieinander

Gleichwohl zeigten die Richter Verständnis für die Position der Ärzte und wiesen auf die sogenannte Beobachtungspflicht hin, die gegebenenfalls Anpassungen erzwinge. Im zu entscheidenden Fall erscheine die Diskrepanz zwischen entstandenen und erstatteten Kosten aber noch nicht groß genug. Das Gericht ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit die Berufung zum Landessozialgericht zu.

Eine schlecht verhandelte Vereinbarung?

„Die Vereinbarung zwischen KBV und dem Spitzenverband war also schlecht verhandelt, man hat billigend in Kauf genommen, dass die Praxen auf vielen Kosten sitzen bleiben“, bemängelt Baumgärtner. „Man fragt sich als Vertragsarzt, warum wir Kosten für eine Telematikinfrastruktur tragen sollen, die uns und unseren Patienten keine Vorteile bringt und die Datensicherheit in unseren Praxen gefährdet.“

Trotz der ablehnenden Entscheidung im Einzelfall vertritt MEDI GENO Deutschland weiterhin nachdrücklich die Position, dass die TI-Kosten vollumfänglich erstattet werden müssen. Der Betrieb der gesamten TI als Daseinsinfrastruktur sei analog zum Bundesautobahnennetz Aufgabe des Staates und nicht mehr dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnen. ck/pm

Sozialgericht Stuttgart

Az.: S 5 KA 3545/19; Urteil vom 30. Oktober 2020

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