Fortschritte in der digitalen Röntgentechnik und Diagnostik
Aus dem vielfältigen Programm des 13. internationalen Kongresses für dentomaxillofaziale Radiologie zitiert dieser Bericht Beiträge zur Sensortechnik, Tomographie, Subtraktionstechnik und zum Strahlenschutz sowie zur idiopathischen Sklerose und zu Differential-Indikationen, die für deutsche Praktiker und Wissenschaftler besonders interessant erscheinen.
Sensortechnik
Spitzenleistung der Technik beschrieben Professor Paul van der Stelt und Mitarbeiter (Amsterdam, Niederlande). Sie präsentierten die viel versprechende Entwicklung einer neuen Sensortechnologie für die intraorale Radiographie. Die Technik basiert auf Methoden der Kernphysik, die bislang nur im Bereich der Positronen-Emissions- Tomographie (PET) eingesetzt wurden. Hoch energetische Strahlung ionisiert Atome in einer Siliziummatrix, in die ein feines Metallgitter eingearbeitet ist.
Die von Röntgenquanten freigesetzten Sekundärelektronen wandern zu den nächsten Streifen der Gitter und lösen dort ein Signal aus, das dank der gekreuzten Gitter punktgenau lokalisierbar ist. Das Verfahren weist bedeutsame Eigenschaften auf für den Bau von Sensoren, die sich auch für die ZMK-Heilkunde eignen können [Abstract 6.1, Page S15].
CT-Bilder aus OPG-Gerät
Doktor Osamu Tokuoka und Doktor Toru Nakamura (Osaka, Japan) haben ein Panorama- Röntgen-Schichtgerät zum Computertomographen umgerüstet [Abstract 8.8, Page S19]. Der Strahlenkegel deckt im Unterschied zum OPG in jeder Projektion den gesamten Kopf des Patienten ab. Als Detektor dient eine Hochgeschwindigkeitskamera mit röntgensensitiver CCD-Technik. Die Drehbewegung des OPG-Gerätes wird zur Erzeugung der CT-Projektion ausgenutzt. Die CT-Bildrekonstruktion benötigt derzeit noch 13 Minuten. Mit dieser Technik können Röntgengeräte für die dentale Diagnostik gebaut werden, die vielleicht schon in naher Zukunft zur Standardausrüstung einer Zahnarztpraxis gehören.
Tuned-Aperture Computed Tomographie
Das patentierte TACT-Verfahren zur dreidimensionalen Bildgebung wurde zwar in der dentalen Radiologie entwickelt, es hat aber in kommerziellen Röntgensystemen erstmals zur Mammographie Einzug gefunden. Technologisch quasi zwischen der konventionellen Tomosynthese und der Computertomographie liegend, kann mit TACT aus einer kleinen Zahl von Röntgenbildern, die aus unterschiedlichen Richtungen aufgenommen wurden, ein Volumen rekonstruiert werden. Mausgesteuert kann der Anwender die dreidimensionale Darstellung des untersuchten Bereiches verzögerungsfrei hin- und her schwenken, wodurch ein sehr plastischer pseudo-holographischer Eindruck erzeugt wird. Im Vergleich zum Spiral-CT und DVT sind die Rohdatenbasis und der Dosisbedarf wesentlich reduziert.
Professor Donald Tyndall (Chapel Hill, USA) präsentierte eine Übersicht zum Entwicklungstand [Abstract RL2, Page S3], Professor Richard Webber (Winston Salem, USA) stellte ergänzend technische Neuerungen vor [Abstract 6.1, Page S15].
Subtraktionstechnik
Die a-postoriori Korrektur geringfügig unterschiedlicher Projektionen von Röntgenbildern des selben Patienten, die zum Vergleich dienen sollen, ist mit neuesten Methoden nun auch automatisch möglich [Abstract RL1, Page S1-S3]. Der von T. Oguro und Mitarbeitern (Kanagawa, Japan) präsentierte Algorithmus nutzt bei der Registrierung die Symmetrie der Fourier- Transformation aus. Der Beitrag wurde mit einem Posterpreis ausgezeichnet [Abstract P27, Page S39].
Strahlenschutz
Bastian Ott und Mitarbeiter (Aachen, Deutschland) haben die in einem von der DFG geförderten Projekt weiter entwickelten Verfahren zur digitalen Bildsubtraktion als Web-Service verfügbar gemacht. Zwei vergleichbare Röntgenbilder des selben Situs von verschiedenen Aufnahmezeitpunkten werden via Internet scorpius.imib.rwth-aachen.de) übermittelt; per E-Mail erhält man das Differenzbild nach Registrierung [Abstract 1.3, Page S6].
Doktor Penelope Allisy-Roberts (Sevres, Frankreich) brachte einen Überblick, der die unterschiedlichen Auffassungen und gesetzlichen Bestimmungen zum Strahlenschutz zeigte, die zwischen vielen Ländern bestehen [Abstract PL2, Page S2]. Gravierende Niveauunterschiede bestehen nicht nur weltweit, sondern bereits innerhalb Europas. Zumindest bei staatlicher Reglementierung von Strahlenschutz und radiologischer Qualitätskontrolle steht Deutschland in der Gruppe der Staaten, die hohen Aufwand treiben. Die IADR wird versuchen, eine Übersicht über die unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Fachlich bestand Einigkeit, dass hoch empfindliche Filme, eine enge Einblendung mittels Rechteck-Tubus und -Filmhalter sowie eine korrekte Entwicklung entscheidend für den Strahlenschutz sind. [Abstract 4.5, Page S13; Abstract 10.1, Page S21; Abstract 10.2, Page S22].
Ideopathische Sklerose
Doktor Dónal McDonnell (Dublin, Irland) sowie Professor Agnar Halse und Professor Olav Molven (Bergen, Norwegen) behandelten einen Befund, der in der täglichen Praxis oft lebhafte Diskussionen auslöst. Innerhalb von zehn Jahren konnte McDonnald 400 ideopathische Osteosklerosen erfassen, davon 96 Prozent im Unter- und nur vier Prozent im Oberkiefer [Abstract 17.1, Page S28]. Professor Halse und Professor Molven sehen in den bis zu siebzehn Jahren verfolgten Befunden bei 130 Patienten die Bestätigung, dass diese anatomische Variante keiner Therapie bedarf – im Gegensatz zu der hier zu Lande manchmal noch immer geforderten „Sanierung“ [Abstract 2.8, Page S9].
Differenzialindikationen
Der Unterschied im Wert von Panorama- Röntgen-Schichtbild (PRS) und Zahnfilm (ZF) wird weiterhin diskutiert. So plädieren Doktor Jocelyn Sewell und Mitarbeiter (London, UK) sowie Doktor Nicholas Drage (London, UK) dafür, bei Zahnverletzungen (Unfällen) und Notfällen statt der häufig unbefriedigenden Panorama-Aufnahme die detailreiche und Dosis sparende Intraoral- Aufnahme anzufertigen [Abstract 2.4, Page S8; Abstract 4.3, Page S12].
Deutliche Grenzen des PRS werden hingegen bei der Identifizierung von Wurzelkrümmungen, die Kontakt zum Mandibularkanal aufweisen, gesehen [Abstract 4.2, Page S12].
Fazit
Dieser Ausschnitt aus dem umfangreichen Programm beruht auf den Beobachtungen von drei Teilnehmern. Er ist zwangsläufig lückenhaft und erfasst nur einen Teil der technischen Neuerungen, die bald Einzug in die zahnärztliche Praxis finden könnten.
Professor Dr. Till Jung
Zentrum ZMK-Heilkunde, Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
Dr. Andreas Künzel
Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Aufnahme, Universitäts-Klinikum Düsseldorf
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
Dr. Thomas M. Lehmann
Institut für Medizinische Informatik,
Universitätsklinikum Aachen
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen
Literatur: Lovelock, Douglas (Ed): 13th International Congress of Dentomaxillofacial Radiology. Dentomaxillofac Radiol 2001;Vol 30 Suppl 1.