Die Deutsche Mark ist von uns gegangen

Keine Trauer beim Abschied

Der Werbespruch für das Waschmittel „Persil“ galt auch für die Deutsche Mark: „Da weiß man, was man hat.“ Die Deutschen hatten – anders als etwa die Dänen – keine Möglichkeit, den Euro abzuwählen. Sie hätten es mit Sicherheit getan, auch wenn man ihnen die Wahrheit gesagt hätte: Die Preisgabe der Mark und damit verbunden die vor allem von den einstigen Siegermächten Frankreich und Großbritannien gewollte Entmachtung der Deutschen Bundesbank ist der Preis für die deutsche Wiedervereinigung.

Doch die Preisgabe der Mark wurde uns als Währungsunion verkauft. Schlimmer noch: Die eigentlich höchst erfreuliche Wiedervereinigung endete volkswirtschaftlich in einem Finanzfiasko. Sie schwächte die einst so extrem starke Mark. Deshalb wäre es heute sinnlos, diesem inzwischen verblassten Symbol deutscher Tüchtigkeit nachzutrauern. Denn die Deutsche Mark ist nicht nur im Vergleich zum US-Dollar, der seinerzeit ein ebenbürtiger und oft unterlegener Partner war, sondern sogar ihren Euro-Kollegen zu einer Währung denaturiert, der man keineswegs mehr die Eigenschaft „Stärke“ zusprechen kann.

Es ist nicht die arbeitende Bevölkerung, es sind nicht die tüchtigen, exportorientierten deutschen Unternehmen, die auf die Mark den Bazillus der Schwindsucht übertragen haben. Es ist die Politik. Es war die Kohl-Regierung, die aufgrund von wirtschaftlicher Naivität und Unbelehrbarkeit die Mark mit und nach der Wiedervereinigung entzaubert hat. Es ist die Schröder- Regierung, die die zaghaften Wirtschaftsreformen der Kohl-Regierung gleich wieder einkassierte. Statt das Wirtschafts- und Arbeitsleben zu liberalisieren, wurden viele neue Zwangsmaßnahmen eingeführt, die den Unternehmen geradezu verbieten, neue Mitarbeiter einzustellen. Und die hohen Sozialabgaben, Steuern und nicht zuletzt auch die oft zwangsläufig anfallenden Überstunden rauben vielen Arbeitnehmern die Lust, engagiert zu arbeiten. Das deutsche Wirtschaftsleben funktioniert oft nur noch auf der Grundlage bezahlter oder sogar unbezahlter Überstunden, weil die immer noch billiger abzugelten sind als neu eingestellte Arbeitskräfte. Ein Trauerspiel. Deutsche Politiker und Gewerkschafter müssten nur in die Niederlande, nach Dänemark oder nach Finnland fahren, um zu lernen, wie man die hausgemachten Probleme, vor allem das der Arbeitslosigkeit, lösen könnte.

Was hat dieses Lamentieren über Politik mit der Stabilität einer Währung zu tun? Sehr viel. Denn eine Währung ist nur so stark wie die Wirtschaft, die hinter ihr steht. Die deutsche Wirtschaft aber ist in eine Rezession abgerutscht. Gemessen am Wirtschaftswachstum präsentiert sie sich als Schlusslicht. Deutschland, ehedem die Wirtschaftslokomotive Europas, rangiert jetzt sogar hinter Griechenland und Portugal. Spitzenreiter sind Finnland, Irland oder die Niederlande – kleine Staaten, die primär auf der Grundlage von Vernunft und nicht von Machterhalt regiert werden.

Rangordnung

Alljährlich stellt das renommierte International Institute for Management Development (IMD) mit Sitz in Lausanne in einem World Competitiveness Yearbook allen maßgeblichen Industriestaaten dieser Welt gleichsam ein Zeugnis aus.

Das Ergebnis ergibt eine Rangordnung unter den wettbewerbsfähigsten Staaten der Welt. Auf Platz eins liegt, wie nicht anders zu erwarten, seit eh und je die stärkste Wirtschaftsnation der Welt, die USA. Es folgen Singapur, Finnland, Luxemburg und die Niederlande. Das kleine, ehedem arme Irland besetzt Rang sieben, Schweden Rang acht, Kanada Rang neun. Deutschland ist hinter Australien auf den zwölften Rang gefallen. Und die „Wachstumsbremsen“, wie sie das IMD definiert, sind auf Deutschland bezogen alle politischer Natur.

Am Ende

So belegt Deutschland im Hinblick auf die Steuerbelastung der Unternehmen von allen 49 bewerteten Industriestaaten den 49sten, also den letzten Rang. Bei der Einschätzung: Arbeiten und Arbeitsuche lohnen sich nicht, weil die Arbeitslosenunterstützung relativ hoch ausfällt, belegt Deutschland Rang 47. Gemessen an der Höhe der Sozialbeiträge und der geleisteten Arbeitsstunden nimmt Deutschland jeweils den blamablen Rang 46 ein.

„Leider bleibt die Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft Jahr um Jahr zum Großteil ungenutzt, weil unpopuläre Strukturreformen in die nächste Legislaturperiode verschoben werden. Und so bleibt Deutschland“, das ist die Einschätzung von Thomas Straubhaar, Präsident des neutralen Hamburger Welt-Wirtschaftsarchivs (HWWA), „eben ein Wachstumsschwächling“. Und Wirtschaftsschwäche ist nun mal gleichbedeutend mit Währungsschwäche. Und einer fundamental schwachen Mark muss man nicht nachtrauern.

Der langjährige Autor unserer Rubrik „Finanzen“ ist gerne bereit, unter der Telefon-Nr. 089/64 28 91 50Fragen zu seinen Berichten zu beantworten.Dr. Joachim KirchmannHarthauser Straße 2581545 München

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