Chancen für einen Zinsnachlass
Beide Seiten haben ihren Nutzen, wenn ein Darlehen nicht direkt, sondern indirekt über einen Sparvertrag (zum Beispiel Bausparen) oder über Prämienzahlungen in eine Kapital bildende Lebensversicherung getilgt wird. Der Darlehensnehmer zahlt im Laufe der Darlehensjahre immer gleich hohe Zinsen. Sie vermindern sich nicht, wenn auf Tilgung verzichtet wird. Das kann von großem Vorteil sein, wenn sich die Zinsen als Werbungskosten steuerlich geltend machen lassen, so etwa bei vermieteten Immobilien. Und die Erträge aus einer Kapitallebensversicherung sind nach zwölf Jahren noch steuerfrei.
Verschärftes Gesetz
Nun aber gibt es bereits seit dem 1. Mai 1993 ein verschärftes, kundenfreundlicheres Verbraucherkreditgesetz. Es schreibt beispielsweise vor, dass in einem Darlehensvertrag alle Kreditkosten genannt werden müssen. Der Nominalzins samt den Nebenkosten drückt sich seitdem im Effektivzins aus. Erst dieser macht Kreditkonditionen untereinander in etwa vergleichbar.
Überdies schreibt § 4 des Verbraucherkreditgesetzes vor, dass die Darlehenskosten über die gesamte Laufzeit in einer Summe genannt sein müssen. Das jedoch ist selten der Fall, wenn ein Darlehen zur Tilgung ausgesetzt ist und die Tilgungssumme auf einer separaten Schiene angespart wird. Fehlt in einem Darlehensvertrag die Angabe dieser Gesamtkosten – sind also die Kosten, die der Tilgung dienen, nicht aufgeführt – ist der Vertrag gesetzeswidrig. So urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Aktenzeichen BGH, XI ZR 156/01).
Betroffene Darlehensnehmer sollten daher Ihre Kreditverträge nach dem Passus durchsuchen: „Die Gesamtkosten betragen voraussichtlich xx DM (respektive Euro).“ Fehlt im Rahmen eines „verbundenen Kreditvertrags“ die Angabe der Gesamtkosten für die gesamte Laufzeit, bestehen gute Aussichten auf einen nicht unbeträchtlichen Zinsrabatt. Denn bei gesetzwidrigen Verträgen gilt der „gesetzliche Zinssatz“ von vier Prozent – gleichgültig, welcher Zinssatz im Vertrag steht. Doch der dürfte bei den Kreditverträgen, die nach dem 1. Mai 1993 abgeschlossen wurden (nur für diese gilt das BGH-Urteil), in der Regel wesentlich höher ausfallen.
Etwas komplizierter wird die Sache, wenn mit einem Kombi- Kredit eine Immobilie finanziert wurde, wenn also ein „Realkredit“ ausgegeben wurde, dem die finanzierte Immobilie als Sicherheit zu Grunde liegt und die zu tilgende Darlehenssumme mit einem Bausparvertrag oder über eine Kapitallebensversicherung angespart wird. Möglichkeiten auf einen nachträglichen Zinsrabatt bestehen nur dann, wenn allein der Effektivzins des Darlehens, nicht jedoch der Effektivzins der Gesamtfinanzierung angegeben ist. Ergibt eine nachträglich Berechnung, dass der Gesamteffektivzins höher ist als der angegebene Effektivzins, muss die Bank die Differenz erstatten.
Klageflut droht
Nun müssen Bankschuldner aber davon ausgehen, dass ein Geldinstitut nicht freiwillig nur mit einem Verweis auf das erlassene höchstrichterliche Urteil Zinsen zurückzahlt. Die Banken nehmen in aller Regel ihre Kunden erst ernst, wenn diese einen kundigen Rechtsanwalt vorschicken. Dieser kann natürlich klagen, was er notfalls auch tun sollte. Aber da eine Klageflut droht, dürften viele Banken bei den Betroffenen zu einem Vergleich bereit sein. jk