Internationales Implantologie-Symposium

30 Jahre enossale Implantologie

Der 60. Geburtstag von Professor Dr. Dr. Hubertus Spiekermann sowie seine Verdienste um die Etablierung der enossalen Implantologie in Deutschland waren der Anlass für ein Internationales Implantologie-Symposium Ende Februar in Aachen. Der Kongress, der in dem mit 400 Teilnehmern rundum gefüllten Hörsaal des Aachener Klinikums stattfand, umfasste wissenschaftlich ein breites Spektrum aktueller Themen der enossalen Implantologie sowie fachübergreifender medizinischer Forschungsgebiete.

Den einleitenden Worten des Dekans der medizinischen Fakultät Professor Dr. Friedrich Lampert folgend eröffnete Professor Spiekermann den ersten Abschnitt der Vorträge. Er gab einen persönlichen Rückblick auf die Entwicklung der enossalen Implantologie der letzten drei Jahrzehnte. Nach anfänglicher Skepsis sei die Implantologie heute ein integraler Bestandteil der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Zu den Meilensteinen dieser Entwicklung zählte der Jubilar neben der Entwicklung moderner Implantatsysteme die Erfindung von Kunststoffeinbettungen und Dünnschlifftechniken für die Aufbereitung histologischer Präparate, die Fortschritte in der Augmentationstechnik und der Knochenregeneration, sowie die guten Ergebnisse mit den in den letzten Jahren zunehmend angewandten Sinusbodenelevationen.

Professor Dr. Dipl.-Ing. Ernst-Jürgen Richter, Würzburg, ging in seinem Vortrag umfassend auf die verschiedenen Generationen und Konstruktionsmöglichkeiten von Verbundbrücken ein, die sowohl Implantate als auch natürliche Zähne als Brückenpfeiler nutzen. In den Anfängen habe man zunächst versucht, durch intramobile Elemente ein zahnähnliches Verhalten von Impantatpfeilern zu erzeugen. Auf Grund neuerer Erkenntnisse hinsichtlich der initialen Zahnbeweglichkeit sei man heute jedoch von diesem Prinzip abgerückt und verwende vornehmlich starre, verschraubte oder zementierte Konstruktionen.

Professor Dr. Dr. Wilfried Wagner, Mainz, bewertete in seinem Vortrag die Chancen und Gefahren einer kontinuierlichen Ausweitung der Indikationsstellung für enossale Implantate. Die heutigen Trends in der Implantologie kondensierte Wagner auf fünf Punkte: einen immer häufigeren Einsatz von Implantaten, eine stetige Erhöhung der Implantatanzahl, eine immer schnellere Behandlung und eine immer komplexere sowie zunehmend technikorientierte Therapie.

Der Referent rief dazu auf, die Lebensqualität der Patienten stärker zu berücksichtigen und warnte zugleich davor, bestimmte Trends unkritisch zu übernehmen, da die wissenschaftliche Effizienz einiger Verfahren fraglich sei.

Risiken der Implantologie

Zur Bewertung technischer Risiken der Implantologie nahm Professor Dr. Klaus Lang, Bern, einen Risikovergleich zwischen konventionellen prothetischen Versorgungen auf natürlichen Zähnen und implantatgetragenen Konstruktionen vor. Während bei natürlichen Pfeilern biologische Risikofaktoren eine bedeutende Rolle einnehmen, ständen bei Implantaten neben der Periimplantitis vor allem technische Faktoren wie Schraubenfraktur oder Implantatfraktur im Vordergrund. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Periimplantitis sei bei Patienten, die ihre Zähne auf Grund von Parodontopathien verloren hätten, höher als bei Zahnverlusten durch Karies.

Optimierung des Sinus-Lift-Verfahrens

Operationen stellte Professor Dr. Georg Watzek, Wien, vor. Die 15-jährigen Erfahrungen mit dieser Operation hätten jedoch auch bestimmte Probleme gezeigt. Das spezielle Risiko bestehe darin, dass bei Misserfolgen mit Sinusboden-Elevationen extrem größere Defekte als die Ausgangssituation zeigte, entstehen können. Die Lösung dieses Problems sieht Watzek in der strikten Einhaltung der vorgegebenen Kontraindikationen. Umfassend erläuterte der Referent die geringe Knochenqualität dieser Region. Implantate mit einer rauen, oberflächenaktiven Beschichtung seien der glatten Variante vorzuziehen.

Professor Dr. Peter Schärer, Zürich, erörterte in seiner Präsentation die Dogmen der Züricher Schule zur Erzielung einer perfekten roten Ästhetik in der Implantologie. Der Referent bevorzugt Sofortimplantationen und empfiehlt die Plazierung des Implantatkopfes drei bis vier Millimeter apikal der Schmelz-Zement-Grenze der Nachbarzähne.

Dr. Uli Grunder, Zürich, griff das Thema der Rekonstruktion und des Erhaltes der Papillen auf und wies auf die Schwierigkeiten der Rekonstruktion von Papillen zwischen zwei Implantaten hin. Er empfiehlt einen Mindestabstand des Implantates von 1,5 Millimetern zu den Nachbarzähnen. Sollten drei Zähne im Frontzahnbereich ersetzt werden, dürfen niemals drei Implantate inseriert werden, da mit zwei Implantaten, kombiniert mit einer rein implantatgetragenen Brücke, die Ausformung des Weichgewebes erheblich leichter zu erreichen sei. Nach Grunders Ansicht seien Sofortimplantate nur selten erfolgreich, da ein optimales knöchernes Attachment nur in wenigen Fällen post extractionem vorliege.

Priv. Doz. Dr. Marcus Hürzeler, München, bewertete die möglichen ästhetischen Vorteile einer Sofortimplantation. Ultimatives Ziel seiner Technik sei die Erhaltung der Weichgewebearchitektur. In erster Linie erfülle die Sofortimplantation eine gewebeprophylaktische Stützfunktion im Sinne einer „socket preservation technique“. Hürzeler ging in diesem Zusammenhang auch auf die Grenzen einer Sofortimplantation ein. Diese seien vor allem von der Morphologie der bukkalen Wand der Extraktionsalveole abhängig.

Professor Dr. Fouad Khoury, Olsberg, berichtete von Erfahrungen mit mandibulärem Knochen zu knöchernen Rekonstruktionen im Rahmen der implantologischen Versorgung. Die retromolare Region ist für Khoury die Region der ersten Wahl als intraorale Entnahmestelle, da sie eine geringere Komplikationsrate als der Kinnbereich aufweise. Wenn das Angebot innerhalb der Mundhöhle zur gering ist, greift der Referent bevorzugt auf den Beckenkamm zurück, dem er eine höhere osteogene Potenz zuschreibt. Khoury hält die Kombination von partikuliertem Knochen mit hoher osteogener Potenz und verschraubten Knochenblöcken, die der Formgebung dienen, für die geeignetste Technik zur Augmentation.

Ziele der Implantologie

Die moderne Implantologie sollte nach Professor Dr. Dr. Friedrich Neukam, Erlangen, folgende Zielvorgaben erfüllen: die Rekonstruktion einer zufrieden stellenden Ästhetik und eine optimale Funktion. Er plädierte für den verstärkten Einsatz technisch einfacherer Augmentationsverfahren, die zu verkürzten Behandlungszeiten führen. Neukam unterstrich wiederholt die Vorzüge autologer Knochentransplantate, die durch zusätzliche Zugabe von PRP (Plateled Rich Plasma) einen beschleunigten Knochenanbau und damit kürzere Behandlungszeiten ermöglichen würden. Dieser Effekt trete bei alloplastischen Materialien nicht auf. Der Referent sieht vor dem Hintergrund kürzerer Behandlungszeiten keinen Vorteil beim Einsatz der Distraktionsosteogenese.

Die perio-implantologisch-prothetische Rehabilitation komplexer Fälle wurde von Dr. Axel Kirsch, Stuttgart-Fliederstadt, näher dargestellt. Den entscheidenden Schlüssel zum Erfolg sieht der Referent in einer akribischen Behandlungsplanung sowie einer strikten Systematik während des Behandlungsablaufes. Kirsch stellte zahlreiche Fallbeispiele vor, bei denen durch eine gezielte Abfolge verschiedener chirurgischer Behandlungsabschnitte beeindruckende Ergebnisse erzielt wurden.

Professor Dr. Friedrich Lampert, Aachen, berichtete von ersten Forschungsergebnissen seiner Abteilung im Zusammenhang mit der Hemmung der epithelialen Migration auf molekularer Ebene (Tissue engineering). Dies würde in der Parodontologie bedeutende Fortschritte hinsichtlich der Knochenregeneration ermöglichen. Als Trägermaterialien bioaktiver Wirkstoffe stehen unter anderem Polylactice zu Verfügung, die in einer speziellen Gestaltung hergestellt werden müssten.

Professor Dr. Dr. Dieter Riediger, Aachen, stellte die Vorteile eines vaskularisierten Beckenkammtransplantates gegenüber dem freien Knochentransplantat heraus. Als wesentliche Vorteile bezeichnete er die auf Grund mikrochirurgischer Anastomose erhaltene primäre Ernährung, die sich in einer geringeren Infektionsrate widerspiegelt, sowie die geringere Resorptionsrate. Das vaskularisierte Beckenkammtransplantat stellt ein exzellentes Implantatlager dar.

Dr. Sascha A. Jovanovic, USA, stellte in seinem Vortrag „Realität und Illusion der horizontalen und vertikalen knöchernen Rekonstruktion“ verschiedene chirurgische Prinzipien zum Wiederaufbau von Defekten nach Zahnverlust vor. Diese schlossen bei umfangreichen Defekten auch den Einsatz der Distraktionsosteogenese ein. Für die Zukunft wünscht sich der Referent ein Implantatdesign, das den Verlauf der Schmelz- Zement-Grenze des natürlichen Zahnes nachahmen kann. Dies würde erhebliche Vorteile für den Erhalt der Papillen mit sich Bringen

Dr. Dieter Edelhoff

Universitätsklinikum Aachen

Klinik für Zahnärztliche Prothetik

Pauwelsstraße 30

52074 Aachen

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