Auf der Suche nach Perspektiven
Gut 250 Gäste waren zum politischen Austausch in zwangloser Atmosphäre ins Dachgartenrestaurant neben der Glaskuppel des Reichstages gekommen. In einer gesundheitspolitisch besetzten Begrüßungsansprache forderte der KZBV-Vorsitzende Dr. Rolf-Jürgen Löffler die anwesenden Politiker auf, „strukturelle Reformen endlich aktiv durchzusetzen“. Deutschland, so zeigten jüngste internationale Vergleiche, sei als „Opfer von Regulierungsdichte und sozialem Fortschritt inzwischen das konjunkturelle Schlusslicht in Europa“.
Die Taktik der derzeitigen Regierung, medizinische Rationalisierungsreserven freizusetzen, schaffe zwar „eine bessere Datenlage und eine durchleuchtete Ärzteschaft, aber keine medizinischen Fortschritte“. Beispiele verfehlter Politik, so der KZBV-Chef, gebe es genug: So schlucke die jeweils zum Ende eines Quartals abrufbare Auskunft an Versicherte, wie sie § 305 des Sozialgesetzbuches V festlege, wenn sie von allen genutzt würde, schon 21 Prozent der zur Verfügung stehenden Finanzmittel, berechnete Löffler. Seine konsequente Forderung: „Geben Sie den Patienten die Freiheiten, wie sie in unseren europäischen Nachbarländern üblich sind.“ Allein in der gesetzlichen Krankenversicherung seien die künftig anstehenden Aufgaben nicht mehr zu lösen, konstatierte Löffler angesichts nach wie vor bestehender Budgetierung: „Für begrenzte Mittel kann es nur begrenzte Leistungen geben.“
Der Patient ist kein Werkstück
Die staatliche Reglementierung gefährde Arbeitsplätze im zahnärztlichen Bereich, der zur Zeit immerhin 179 000 Arbeitnehmerinnen und 37 000 Auszubildende beschäftige. Nicht gefährdet seien hingegen, so Löffler, die Stellen in den Verwaltungen der deutschen Krankenkassen. Der KZBVChef mahnte eine Zukunftsperspektive für das Gesundheitswesen und die Patienten an. Hier habe die Zahnärzteschaft mit ihrem Vorschlag befundorientierter Festzuschüsse und der Neubeschreibung einer präventionsorientierten Zahnheilkunde bereits gangbare Wege aufgezeigt. Es mache keinen Sinn, „auf Budgets und Checklisten-Medizin zu setzen“, warnte der Vorsitzende: „Der Patient ist kein Werkstück.“
Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch betonte erneut die Absicht des Gesundheitsministeriums, noch in diesem Sommer eine Einigung zur Novellierung des Bema zu erzielen. Damit wäre auch die Grundlage zur Diskussion über eine Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte geschaffen. All das müsse, so Schaich-Walch, eingebettet werden in das, „was wir unter Solidarität verstehen“. Eine Abwahl von Leistungen käme deshalb nicht in Frage.
Für die Finanzmittel in der GKV kann die Staatssekretärin sich vorstellen, dass ähnlich wie bei den Fallpauschalen im stationären Sektor im ambulanten Bereich ein Preissystem mit Zuschüssen einen vernünftigen Ansatz biete. Hierzu gehöre auch ein Zuschuss für präventive Leistungen.
Anreize für Prävention
Mehr Transparenz im Gesundheitswesen und das Anhalten der Bürger zu mehr Eigenverantwortung forderte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSUBundestagsfraktion Wolfgang Lohmann. Wer für Patienten nachvollziehbare Strukturen wolle, der müsse allerdings auch feste, kalkulierbare Vergütungen für Ärzte und Zahnärzte schaffen. Wert legt die CDU/CSU auch auf zusätzliche Anreize für die Prävention. Hier müsse bereits heute für spätere Erfolge investiert werden. Gerade die Zahnärzteschaft habe bereits bewiesen, dass Prävention zu Erfolgen führe.
Mehr Eigenverantwortung und zusätzliche Entscheidungsmöglichkeiten forderte Lohmann aber auch bei der Wahl des Versicherungsschutzes. Im Wettbewerb, so die Vorstellung der C-Parteien, müsse es Angebote mit unterschiedlichen Paketlösungen für Leistungen geben, unter denen der Versicherte wählen könne.
Feste Preise statt floatender Punktwerte, die Abschaffung von Budgets zur Rettung der Freiberuflichkeit und mehr Eigenverantwortung der Patienten forderte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Dieter Thomae. Er forderte dazu auf, das Sachleistungssystem endlich „in den Himmel zu jagen“ und ähnlich wie im Rentensystem ein Grundsystem solidarisch zu finanzieren, das durch eigenverantwortliche Zusatzlösungen ergänzt werden kann.
In einem arrondierenden Schlusswort erinnerte der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, mit ironisierendem Augenzwinkern daran, dass man im Wahlkampf mit den Zahnärzten gewissenhafte Zuhörer habe, die „aber auch ein gutes Gedächtnis haben, das über den 22. September hinausreicht“. Aus Sicht der Zahnärzteschaft seien die Schlüsselworte für diesen Wahlkampf „die Deregulierung des Systems, ein Ende der Strangulierung“ und mehr Eigenverantwortung als Lösung im Sinne aller Beteiligter.