Neue Approbationsordnung für Ärzte

Ausbildung mit mehr Nähe zur Praxis

Erstmals seit über 30 Jahren ist die Approbationsordnung für Ärzte reformiert worden. Nach jahrelangem Streit stimmte der Bundesrat jetzt der Reform des Medizinstudiums zu. Die Studenten werden ab dem Wintersemester 2003/2004 mit mehr Nähe zur Berufspraxis ausgebildet.

Als einen „Meilenstein auf dem Weg in eine bessere Arztausbildung“ begrüßte der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, die neue ärztliche Approbationsordnung (ÄAO). Es werde künftig mehr Praxisorientierung, mehr Freiheit zur Unterrichtsgestaltung und eine Verminderung der „unsäglichen“ Multiple-Choice-Fragen geben. Die Ausbildung zur Allgemeinmedizin werde verbessert, Theorie und Klinik stärker verzahnt und die Gruppengrößen am Krankenbett reduziert.

Über Jahre hinweg war die Novellierung der ärztlichen Approbationsordnung am Streit zwischen den Kultus- und Gesundheitsministern der Länder gescheitert. Gerade die mit der Verkleinerung der Gruppengrößen verbundene Verringerung der Ausbildungskapazitäten hatten eine Reform immer wieder verhindert.

Arztberuf soll attraktiver werden

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hob hervor, dass der Arztberuf künftig wieder attraktiver werde. Die Inhalte der neuen ÄAO trage dem demographischen Wandel und neuen wissenschaftlichen wie technischen Entwicklungen Rechnung. Schwerpunkte lägen auf den Bereichen Prävention, Geriatrie und Allgemeinmedizin. Die Rolle des Hausarztes werde verstärkt. Die Medizin brauche den gut ausgebildeten Generalisten, der Kooperation und Kommunikation gewährleiste.

Insbesondere beinhaltet die Approbations-Ordnung folgende Inhalte:

• Eine Anpassung des Studiums an die veränderten Anforderungen in der medizinischen Versorgung. Dazu gehören Aspekte der Gesundheitsversorgung, vor allem koordinierende, allgemeinmedizinische, pharmakotherapeutische und gesundheitsökonomische Fragestellungen.

• Eine Verzahnung von theoretischem und klinischem Unterricht. Die Verknüpfung erfolgt fortlaufend während des Studiums.

• Ein fächerübergreifender und fallbezogener Unterricht. Das Studium soll sich künftig nicht mehr nur an den einzelnen Fachgebieten ausrichten, sondern sich an Krankheitsbildern orientieren. Es werden Querschnittsbereiche geschaffen, die von den Hochschulen angeboten und geprüft werden müssen. In diesen Bereichen werden die Inhalte themenbezogen, am Patienten ausgerichtet, problemorientiert und fächerverbindend vermittelt.

• Die Verbesserung des Unterrichts am Krankenbett. Als zentrales praxisbezogenes Ausbildungselement wird der Unterricht am konkreten Fall verbessert. Das geschieht insbesondere durch die Verringerung der Gruppengrößen, die am Patienten ausgebildet werden. Die Studentenzahl am Krankenbett wird von acht auf sechs herabgesetzt und es werden Blockpraktika eingeführt. Als Folge wird damit gerechnet, dass die Zahl der Studienplätze sinken wird.

• Eine Stärkung der Allgemeinmedizin, deren Anteil an Studium und Prüfungen deutlich vergrößert wird. Allgemeinmedizin kann als Wahlfach im Praktischen Jahr absolviert werden, ein Blockpraktikum ist zwingend vorgeschrieben.

• Eine Reform des Prüfungswesens. Dazu zählt, dass die Zahl der Staatsprüfungen auf zwei reduziert wird und die Wertigkeit des schriftlichen Antwortwahlverfahrens (Multiple Choice) vermindert wird. Wie bisher wird das Medizinstudium mindestens sechs Jahre dauern. Es gliedert sich in vier Semester Grundlagenvermittlung, sechs klinische Semester und das praktische Jahr (PJ).

Dr. Bettina Boxberger vom Marburger Bund begrüßte die Reform. „Diese verbesserte praktische Ausbildung macht die Arzt-im-Praktikum-Phase (AiP), die derzeit über 18 Monate nach dem Studium abzuleisten ist, überflüssig“. Der Beschluss des Bundesrates mache den Weg frei, diese Phase abzuschaffen. Boxberger forderte die Politik auf, diese Gesetzesvorgabe unverzüglich durch eine Änderung der Bundesärzteordnung im Bundestag zu streichen. In den Monaten vor der Entscheidung des Bundesrates hatten Medizinstudenten gegen die Reform protestiert, da ihrer Meinung nach die Theorielastigkeit nicht abgebaut und die Prüfungsbedingungen verschärft würden.

Offen bleibt jetzt die Frage, wann die Politik die ebenfalls längst überfällige Novellierung der Approbationsordnung für Zahnärzte in die Wege leiten wird (siehe dazu auch den Leitartikel dieser Ausgabe auf Seite 8). pr/pm/dpa

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