Leitartikel

Wir bleiben dran

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Wahlergebnis fiel denkbar knapp aus und die Regierungsmannschaft der MS Deutschland stand kurz davor, Schiffbruch zu erleiden – aber der Wind, der Kapitän Schröder auf seiner Brücke entgegenschlägt, muss wahrscheinlich noch um einiges härter werden. Denn offensichtlich hat Rot-Grün seine Lektion auch nach der Abstrafung durch die Wähler nicht gelernt. An Bord wird munter so weiter gemacht wie vor der Beinahe-Havarie: Schröders Crew praktiziert den gewohnten politischen Aktionismus, kündigt Steuererhöhungen erst an, um sie kurz darauf zu widerrufen oder stolpert unglücklich über das internationale Parkett der Außenpolitik. Und auch in Sachen Gesundheitspolitik wird schon wieder SOS gefunkt: Nur wenige Tage nach dem schmeichelhaften Sieg der Koalition tönen der Kanzler und seine Gesundheitsministerin bereits, die Kartelle der Ärzte zerschlagen zu wollen und eine Fortbildungspflicht für Mediziner auf den Weg zu bringen. Warum kümmern sich der Käpt’n und seine Mannschaft nicht einfach mal zur Abwechslung darum, den angeschlagenen Dampfer in gesundheitspolitisch sicheres Fahrwasser zu bringen? Was aus zahnärztlicher Sicht im Gesundheitswesen getan werden müsste, haben wir der Politik schon mehr als einmal vorgetragen, erklärt und für jeden nachvollziehbar begründet. Dass unsere Konzepte und Forderungen bislang auf taube Ohren gestoßen sind, liegt ja vielleicht daran, dass die Koalition viel zu sehr damit beschäftigt war, die ersten vier Jahre ihres gemeinsamen Regierens irgendwie hinter sich zu bringen. Uns Zahnärzte beeindruckt das wenig – weswegen wir unsere Argumente auch ein weiteres Mal vorbringen werden.

Dabei lassen wir uns auch nicht von den Rettungsreifen irritieren, welche die Regierung in blanker Panik über Bord wirft – wie zum Beispiel die Vorstellungen des Gesundheitsministeriums in Sachen Transparenz. Da soll mit der Sammlung von Patienteninformationen in Datenpools das Selbstbestimmungsrecht von Behandler und Behandeltem ausgehebelt werden. Da sollen Patienten per Checkliste „durchgearbeitet“ werden wie eine Maschine. Da soll die zahnärztliche Freiberuflichkeit mit immer mehr Gesetzen und Verordnungen und Regulierungen zunichte gemacht werden. Mit Transparenz im Gesundheitswesen hat das nichts zu tun, vielmehr mit willkürlicher Schikane einer hoffnungslos überforderten Administration.

Natürlich braucht unser Gesundheitssystem Transparenz und natürlich ist das auch das Ziel der deutschen Zahnärzte. Was wir aber nicht wollen, ist noch mehr Bürokratie, die unsere Arbeit in der Praxis blockiert. Wir wollen eine ehrliche Transparenz, die das Kostenbewusstsein und die Entscheidungskompetenz unserer Patienten ausbaut. Das Verhältnis zwischen Patient und Zahnarzt muss gestärkt, und darf nicht durch weitere bürokratische Hürden zerstört werden.

Selbstverantwortung steht im Mittelpunkt unserer Reformvorschläge. Wir glauben, dass die freie Arztwahl untrennbar zu einem freiheitlichen Versorgungssystem gehört. Genau das Gleiche gilt bei der freien Entscheidung des Patienten über Nutzen und Kosten seiner Behandlung. Die Option auf Kostenerstattung muss für jeden Versicherten gegeben sein, genauso wie eine wirkliche Freiheit bei der Wahl seiner Versorgung und seiner Versicherung.

Auch bei der Aussicht auf vier weitere Jahre rot-grünen Wellengang geben wir die Hoffnung nicht auf, dass unser Konzept der befundorientierten Festzuschüsse sich durchsetzen wird. Also blasen wir der Crew auf der MS Deutschland hartnäckig unseren Wind ins Gesicht – damit wir das Schiff endlich auf den richtigen Kurs bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Rolf Jürgen LöfflerVorsitzender der KZBV

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