Wissenschafts-Kongress zum Doppelgeburtstag
Dr. Tycho Jürgensen, Kammerpräsident in Schleswig-Holstein, ging in seiner Begrüßungs- und Festrede auf die Eckdaten von Prof. Hahns Leben ein. So hatte der Jubilar Medizin und Zahnmedizin noch vor dem Krieg studiert und wurde dann aus seiner Assistenzzeit bei Professor Dr. Axhausen in der Charité heraus in den Krieg geschickt. Dort leistete er seinen Dienst als Leiter einer Kieferstation in einem Luftwaffen- Lazarett. Hier bekam Hahn trotz aller Widrigkeiten Geschmack an der Kieferchirurgie. Denn wie auch der Jubilar später selbst berichtet, ging es in diesen vier Jahren an der Front nicht nur um Weisheitszähne, sondern seine Hauptaufgabe war die Rekonstruktion von Schuss-Gesichtsverletzungen.
Die mangelnde Ausrüstung erforderte hohes Improvisationstalent und einen flexiblen Umgang mit unvorhersehbaren Aufgaben. Aber all das war kein Problem für Werner Hahn, sein allseits beliebter Humor ging nicht verloren, und machte auch seinen Mitarbeitern im Feld immer wieder Mut, weiter zu machen. Nach der Facharztausbildung für Kieferchirurgie sowie der Habilitation wurde er Leiter der chirurgischen Abteilung der ZMK-Klinik in Münster. Von dort aus wurde er dann im Jahre 1961 nach Kiel berufen.
Prof. Dr. Wolfgang Hoppe, Münster, einer der ältesten Schüler von Prof. Hahn, stellte in seinem Beitrag mit dem Thema „An der Grenze zwischen chirurgischer und konservierender Zahnerhaltung“ die Gradwanderungen vor, die beide Zahnmediziner täglich gehen mussten. Ist eine endodontische Behandlung hier noch möglich, oder doch lieber gleich die Wurzelresektion? Er belegte die Fakten an spannenden histologischen Erkenntnissen.
Prof. Dr. Karl-Heinz Körber, Kiel, schaffte einen historischen Überblick über die prothetische Zahnheilkunde von gestern und gab einen Ausblick auf neueste Innovationen von morgen. Er stellte einzelne Patientenfälle vor, die Hahn und Körber mit ihrer langjährigen Zeit als Chefs verschiedener Abteilungen miteinander verbanden.
Prof. Dr. Dr. Thomas Kreusch, Hamburg, stellte die kritische Frage nach der Daseinsberechtigung des Kieferchirurgen. Er beantwortete sie mit Behandlungsbeispielen vom Säugling bis zum Greis, die nicht ohne Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen ausgekommen wären, zumindest nicht mit den von ihm demonstrierten Behandlungserfolgen.
Hahns Werken und Wirken wurde von seinem langjährigen Schüler und Freund Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Lange zusammengefasst. Immer wieder zeigte sich in all den Schilderungen, dass der Jubilar ständig wie ein Uhrwerk in Aktion war. Aber dieses Uhrwerk lief exakt und pünktlich und mit Akribie, als käme es aus der Schweiz und nicht aus Trier, wo Hahn das Licht der Welt erblickte.
50000 Zahnärzte erhielten in Kiel den letzten Schliff
In den Jahren zwischen 1982 und 2002 haben rund 50 000 Teilnehmer, im Wesentlichen Zahnärzte und Helferinnen, das Fortbildungszentrum im Kieler Zahnärztehaus besucht. Statistisch gesehen, belegte damit jeder der 1900 niedergelassenen Zahnärzte des nördlichsten deutschen Bundeslandes einmal im Jahr eine Weiterbildungsveranstaltung. So kamen jeden Mittwochnachmittag sowie an Samstagen die Teilnehmer aus dem ganzen Bundesland angereist, was ja doch für die Kollegen, die von den Inseln anreisen müssen, nicht mit unerheblichen Mühen verbunden war.
Der Fortbildungswille der Schleswig-Holsteiner ist groß. So bieten auch der Zahnärztetag in Neumünster sowie die einwöchige Fortbildungsveranstaltung in Westerland wissensdurstigen Zahnärzten und ihrem Team immer wieder Neues aus der Zahnheilkunde an. Aber Hahn leitete und organisierte nicht nur und kümmerte sich um die Referenten sowie die Themenwahl der Veranstaltungen, nein, er nahm auch noch an allen neuen Seminaren persönlich teil. Einerseits, um auch für sich einen Fortbildungseffekt zu erzielen, andererseits, um die Qualität seiner Referenten zu überprüfen, wie er in einem Gespräch mit den zm erklärte.
Schlüsselübergabe – ein Symbol für Kontinuität
Nicht nur in der Universitätszahnklinik war es so, dass Prof. Dr. Dr. Franz Härle die Leitung der kieferchirurgischen Abteilung von Prof. Hahn übernahm, sondern nun, genau zwanzig Jahre später, soll es auch das Heinrich- Hammer-Institut sein, dessen Leitung an Härle übergeht. „Mit 90 muss ich nun endlich mal Schluss machen, solche Ämter zu bekleiden“, meint der Jubilar mit dem bei ihm so bekannten Schmunzeln. Symbolisch für die Übergabe der Amtsgeschäfte – die er ja sowieso immer noch hier oder da beratend übernehmen wird – reichte er seinem Nachfolger einen überdimensionalen Holzschlüssel. Professor Härle ist ziemlich zuversichtlich, dass er ein genauso wohlgeordnetes Institut übernehmen wird, wie er damals eine perfekt organisierte Abteilung übernehmen durfte, als er in Hahns Fußstapfen trat.