Kein Anlass zur Besorgnis
Anfang Mai 2002 warb die Berliner Bank für kleine und mittlere Unternehmen, abgekürzt BKMU, noch mit ihrem „Fondsmaxkredit“. Danach stellte die Bank jedem in der Höhe seines Kontoguthabens einen Kredit in gleicher Höhe zur Verfügung, beispielsweise zum Kauf von Wertpapieren, speziell Aktien. Die Aktien wiederum dienten als abgetretenes Pfand zur Absicherung des Kredits.
Mit dieser Marketing-Masche lockte das Institut einen Großteil seiner Kunden an. Die aber bekamen am 16. Mai dieses Jahres die Quittung für die Großzügigkeit ihres Geldinstituts: Die BKMU musste nach einer Verfügung der Bonner Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) Insolvenz anmelden.
Das Eigenkapital dieser Privatbank war auf ein nicht mehr vertretbares Niveau abgeschmolzen. Und die aufgebrachten Kunden bekamen zu hören, dass sie von ihrem Kontogeld maximal nur 20 000 Euro erstattet bekommen. Der Grund: Das Institut war nicht dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken angeschlossen. Es erfüllte lediglich die Mindestauflagen der EU. Danach sind Bankeinlagen zu 90 Prozent, maximal bis 20 000 Euro, gedeckt. Die BKMU hatte sich die vergleichsweise hohen Kosten für den deutschen Einlagensicherungsfonds gespart, damit zwar Ihr Eigenkapital geschont, aber ihren Kunden letztlich einen Bärendienst erwiesen. Insgesamt 27 Millionen Euro gingen verloren.
Unvermutete Schieflagen
Die Pleite der BKMU war in jüngster Zeit kein Einzelfall. Kurz zuvor, am 6. Mai 2002, hatte die neu formierte Bank- und Börsenpolizei Bafin in Frankfurt die traditionsreiche, aber noch relativ frisch am Neuen Markt gelistete Gontard & Metallbank geschlossen. Auch ihr war aufgrund zu hoher, ungesicherter Kredite die Eigenkapitaldecke viel zu kurz geworden. Ein Jahr zuvor, im Mai 2001, war die börsennotierte Bankgesellschaft Berlin in eine bedrohliche Schieflage geraten. Das Land Berlin konnte als Mehrheitsaktionär das marode, in aussichtslose Immobiliengeschäfte verstricke Institut nur durch eine Bürgschaft über gut 20 Milliarden Euro über Wasser halten.
Nach der Berliner Großbank geriet die regional in der Oberpfalz recht stark vertretene Schmidt- Bank mit Stammsitz in Hof in eine Schieflage. Zu viele faule Kredite hatte diese relativ große Privatbank in ihren Büchern. Nur weil das Institut die Mehrheit an der Tochtergesellschaft Consors, Pionier unter den Online-Brokern, verkaufte und von einem Bankenkonsortium gestützt wurde, blieb die Schmidt-Bank am Leben.
Die etablierte deutsche Bankenwelt wollte eine folgenschwere und Vertrauen schädigende Großpleite wie 1974 bei der Herstatt- Bank in Köln vermeiden. Auf ähnliche Art, aber weniger spektakulär, wurde das noble Kölner Privatbankhaus Delbrück gerettet. Es hatte ebenfalls über seine Verhältnisse hinaus Darlehen gewährt.
Damit nicht genug: Im Juli 2000 erhielt der Online-Broker Systracom eine Banklizenz. Wenig später, als die gerade angelaufene Börsenbaisse ihrem ersten Höhepunkt zustrebte, kam die Pleite. Rund 10 000 Anlegern war es verwehrt, in kritischen Zeiten über ihre Depots zu verfügen. Doch der Einlagensicherungsfonds hielt die Bankkunden letztlich schadlos. Auch das notorisch schwach mit Eigenkapital ausgestattete Bankhaus Partin, zuletzt unter der Regie der nicht gerade vor Bonität glänzenden Göttinger Gruppe, meldete im April 2001 Insolvenz an. Das Haftungskapital reichte nicht mehr aus. Rund 30000 Kunden wurden vom Einlagensicherungsfonds voll und ganz entschädigt. Sogar bei der Dresdner Bank halten sich Gerüchte, der Versicherungskonzern Allianz habe als Aufkäufer ein Schieflage begradigt.
Doch dank des Einlagensicherungsfonds, der bereits im Jahr 1976, zwei Jahre nach der spektakulären Pleite der Kölner Herstatt- Bank, vom Bundesverband deutscher Banken gegründet worden ist, sind die Kunden privater Bankgesellschaften vor Geldverlust durch Insolvenz geschützt.
Ein Fonds als Sicherheitsnetz
Die Kunden öffentlicher Banken – etwa der Sparkassen, der Postbank und der Volks- und Raiffeisenbanken – müssen dank eines ausgeklügelten Sicherheitsnetzes nicht um ihre Einlagen fürchten. Beim Einlagensicherungsfonds zahlen die teilnehmenden Banken jährlich einen Beitrag in Höhe von 0,03 Prozent der Einlagen in den Sicherungsfonds ein. Dafür deckt der Fonds derzeit mit seinem Guthaben rund 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals ab. Dadurch waren beispielsweise die Einlagen der relativ kleinen Gontard & Metallbank pro Kunde mit rund zwölf Millionen Euro abgesichert. Bei der Deutschen Bank wäre im Insolvenzfall sogar die Einzeleinlage eines Kunden in Höhe von 6,7 Milliarden Euro nicht verloren.
Vor Verlust geschützt sind die Einlagen auf den Konten wie auch alle so genannten Inhaberschuldverschreibungen. Dazu zählen etwa Festgeld, Sparbriefe oder sonstige Ausleihungen an die Bank. Dazu gehören aber auch die Einzahlungen auf so genannten Wertpapierderivate wie etwa Indexzertifikate oder Optionsscheine, die eine Bank kreiert und emittiert hat. Denn das hierfür eingenommene Geld wertet die Bank wie ein Darlehen, mit dem sie arbeitet. Der Derivat- Käufer muss und kann darauf vertrauen, dass die Bank die wieder zum Verkauf gestellten Titel zu den im Prospekt fixierten Bedingungen zurücknimmt und deren aktuellen Wert mit Geld bedient. Sollte eine Großbank, die bei Derivaten ein allzu großes Rad gedreht hat, mit zum Verkauf gestellten Papieren geradezu überschwemmt werden, könnte das – theoretisch – durchaus zur Insolvenz führen. Wie einst bei Herstatt, als sich niemand vorstellen konnte, dass ein einzelner Devisenhändler eine Bank in den Abgrund spekulieren konnte.
Sondervermögen ist völlig sicher
Aktien-, Anleihen- oder Fondsbesitzer müssen sich überhaupt keine Sorgen machen, egal, bei welcher Bank das Depot eröffnet wurde. Denn diese „substantiellen“ Depotguthaben der Kunden sind so genanntes „Sondervermögen“. Hier ist die Bank nur Verwalter und Treuhänder. Deshalb hat der Insolvenzverwalter kein Recht, das Vermögen der Depotinhaber anzugreifen. Im Pleitefall kann sich der betroffene Bankkunde eine neue Depotbank suchen. Diese lässt das Depot bei dem fallierten Institut einfach „einziehen“.
Was für die Banken gilt, trifft auch auf Fondsgesellschaften zu – auch auf bankunabhängige. Sollte eine Fondsgesellschaft in die Pleite abrutschen (was kaum vorstellbar ist, da sie keine eigenen Geschäfte betreibt, sondern nur fremdes Geld verwaltet), zahlt die Depotbank das angesammelte Vermögen an die Kunden aus. Sollte die Depotbank Insolvenz anmelden (was schon eher vorstellbar ist), sucht sich die Fondsgesellschaft einfach eine neue.
Kontosperre bei Insolvenz
Zwar sind die Kundeneinlagen einer Bank, die dem Einlagensicherungsfonds angehört, so gut wie hundertprozentig vor Verlust geschützt. Aber dennoch muss im Fall einer Bankpleite mit großen Unannehmlichkeiten gerechnet werden. Alle Konten sind gesperrt. Es werden keine Überweisungen oder Daueraufträge ausgeführt. Lebensnotwendige Rechnungen wie Miete, Strom oder Telefon werden somit nicht mehr automatisch bezahlt. Auch EC-Karten funktionieren nicht mehr. Die betroffenen Kunden können sich von ihrem Konto kein Geld mehr besorgen, auch nicht über die Geldautomaten intakter Institute. Auf sein Wertpapierdepot hat der Kunde auch keinen Zugriff mehr. Wertpapierkäufe und -verkäufe sind vorübergehend nicht möglich; ärgerlich, wenn hier Eile geboten ist. Die Betroffenen müssen warten, bis der Insolvenzverwalter das ganz normale Bankgeschäft auf seine Art neu geregelt hat.
Wer sein Geld ausländischen Banken anvertraut hat, auch wenn sie in Deutschland eine Filiale unterhalten, genießt in aller Regel nicht den außerordentlich hohen Schutz wie bei deutschen Geldinstituten. Einige Beispiele: Im Mutterland des Kapitalismus, den USA, sind Einlagen nur bis zu rund 80 000 Euro geschützt, in der Schweiz sind es nur rund 18 000 Euro. Lediglich Norwegen (Einlagenschutz bis 250 000 Euro), Italien (103 291 Euro), Japan (rund 80 000 Euro) oder Frankreich (70 000 Euro) weichen vom EU-Standard (90 Prozent bis maximal 20 000 Euro) nennenswert ab. Allerdings gibt es auch ausländische Großbanken mit Filialen in Deutschland, die sich dem deutschen Einlagensicherungsfonds angeschlossen haben, so etwa die Frankfurter Dependance der niederländischen ABN Amro Bank. Hier sind derzeit die Kundenguthaben (pro Kunde) in Höhe von bis zu 94 Millionen Euro gesichert.
Vorsicht bei Bankfilialen
Nun locken nicht gerade selten ausländische Banken mit lukrativen Zinsversprechen deutsches Sparkapital an. Wer bei solchen Instituten ein Giro- oder Festgeldkonto eröffnet, sollte unbedingt auf eine schriftliche Bestätigung bestehen, auf welche Art und wie hoch die Einlagen gesichert sind. Wird die EUNorm nicht übererfüllt, sollte der Sparer auch nicht mehr als 20 000 Euro überweisen.
Auf den Namen und die Herkunft einer Bank zu achten, die zumeist mit verlockenden Konditionen den deutschen Sparern anzulocken versucht, ist vor allem seit der Einführung des Euro angeraten. Denn in Euro-Land besteht ja kein Währungsrisiko mehr. Aber im Währungsbund der 13 gibt es nach wie vor unterschiedliche Zinssätze, teilweise wesentlich höher als hierzulande, derzeit etwa in Spanien oder Irland. Werden etwa die deutschen Festgeldzinsen um einen halben oder auch ganzen Prozentpunkt überboten, macht die Auslandsbank immer noch ein gutes Geschäft. Ob sie allerdings auch zahlungsfähig bleibt, ist in heutiger Zeit die wichtigere Frage.
Joachim Kirchmann