Nichtige Treuhandverträge
Nach Schätzungen der Verbraucherschützer haben sich in Deutschland etwa 300 000 Investoren so genannte Schrottimmobilien andrehen lassen. Das sind Objekte, die ihren Preis nicht wert sind. Denn sie sind nicht gerade in begehrten Lagen angesiedelt und deshalb nur schlecht oder überhaupt nicht zu vermieten. Ein Großteil dieser Immobilien wurde im Rahmen eines „Hausbesuchs“ verkauft. Wurde mit diesem so genannten Haustürgeschäft zugleich das Hypothekendarlehen vermittelt und wurde überdies versäumt, schriftlich darauf hinzuweisen, dass in diesem Fall der Investor vom Kreditvertrag innerhalb einer gesetzlich vorgegebenen Frist (generell eine Woche, seit Oktober 2001 zwei Wochen) zurücktreten konnte, dann war laut BGH der Immobilieninvestor getäuscht worden.
Kredit widerrufen
Deshalb kann der Käufer, wenn Kreditvertrag und Immobilienkauf eine „wirtschaftliche Einheit“ bilden und als „Haustürgeschäft“ ihren Ausgang nahmen, den Kreditvertrag widerrufen. Die gezahlten Zinsen und Gebühren werden erstattet. Ob die Bank auch die zumeist wertlose Immobilie zurücknehmen muss, ist offen. Im Regelfall muss der Geschädigte wohl gegen seine Vertragspartner prozessieren, will er nach dem BGH-Urteil (XI ZR 91/99) Recht bekommen. Jedenfalls liegt bei ihm die Beweislast. (Siehe hierzu auch den ausführlichen Bericht im zm 8/2002, Seite 92).
Nun hat der BGH am 14. Mai 2002 in letzter Instanz ein weiteres Urteil zum Thema Schrottimmobilien gesprochen. Danach können sich die Käufer von einem aussichtslos unrentablen Objekt direkt trennen, wenn der Kreditvertrag nichtig ist. Sie bekommen von der betroffenen Bank die geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen erstattet. Ein Haustürgeschäft muss nicht einmal vorliegen. Bedingung ist, dass der Kreditvertrag aus folgendem Grund nichtig ist: Der Immobilienerwerb fand auf der Grundlage eines Treuhandvertrags statt. Danach musste der Treuhänder die notarielle Vollmacht haben, alle erforderlichen Rechtsgeschäfte im Rahmen eines Immobilienerwerbs ausführen zu dürfen (Kaufvertrag, Kreditvertrag, Grundschuldbestellung oder sogar den Abschluss eines Mietvertrags). „Meines Erachtens sind zwischen 30 und 40 Prozent der Schrottimmobilien über Treuhänder vertrieben worden“, prognostiziert der Münchner Rechtsanwalt Dr. Rudolf Meindl. Er hat sich als Kenner dieser hoch komplexen Materie profiliert und sieht im aktuellen BGHUrteil „weitaus größere Chancen auf Rückabwicklung“ als im so genannten Haustürurteil.
Schließlich diente eine in Vollmacht vorgenommene „Geschäftsbesorgung“ dazu, den primär an einer Steuer sparenden Kapitalanlage interessierten Immobilienkunden von einiger Mühsal zu entlasten.
Der BGH sieht sein aktuelles „Treuhandurteil“ im Einklang mit vorausgegangenen höchstrichterlichen Entscheidungen und ist der Meinung, dass im verhandelten Fall der Treuhänder als Geschäftsbesorger „eine umfassende Rechtsbetreuung zu erbringen“ hatte. Diese war in der eingespielten Treuhandpraxis geradezu unvermeidbar. Aber, so betont der BGH: „Diese ganz überwiegend rechtsbesorgenden Tätigkeiten von Gewicht“ verstießen gegen das Rechtsberatungsgesetz. Mit anderen Worten: Wenn kein vom Immobilienkäufer beauftragter Rechtsanwalt beim Abschluss eines Treuhandvertrags zur „umfassenden Rechtsbetreuung“ eingeschaltet war, sind laut BGH alle abgeschlossenen Verträge nichtig. Es sei denn, der Kredit gebenden Bank wurde vor oder bei Abschluss des Kreditvertrags das Original der Treuhandurkunde vorgelegt. „In der Praxis hat man sich diese Formalie wohl oft erspart“, meint Rechtsanwalt Meindl und betont, „dass der BGH ganz eindeutig die ausgefertigte Urkunde und keine beglaubigte Abschrift meint“.
Umfassende Informationen über die „Rückabwicklung gescheiterter Immobilienanlagen“ gibt es unter der Internetadressewww.dr-meindl.de.
Der Bundesgerichtshof äußert in seinem Urteil auch eine klare Vorstellung, wie ein Schadensfall zu regeln sei: Ist eine Treuhand- Vollmacht und damit der abgeschlossene Darlehensvertrag nichtig, hat der durch einen Immobilienkauf Geschädigte Anspruch auf Rückzahlung der bereits gezahlten Zinsen und Tilgungsraten. Die Bank wird gleichsam Eigentümer der finanzierten Immobilie. Sie kann diese an den Bauträger zurückgeben und von ihm die Rückzahlung des Darlehens verlangen. jk