Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

die gesundheitspolitischen Ereignisse versprechen alles andere als einen wohligen Sommermonat: Am 1. Juni kämpft Kanzler Gerhard Schröder auf dem SPD-Sonderparteitag für seine Agenda 2010. Bundesministerin Ulla Schmidt will ihr Gesundheitsmodernisierungsgesetz über die ersten parlamentarischen Hürden peitschen.

Hinter den hochtrabenden Namen der SPD-Projekte verbergen sich keine Reformen. Ansätze, die für den vom Ex-Bundespräsidenten Roman Herzog gewünschten „Ruck durch die Gesellschaft“ anstoßen könnten, fehlen im SPD-Programm. Wohl der ausschlaggebende Grund für das eklatante Stimmungstief, das die Sozialdemokraten zurzeit im Ansehen der Bevölkerung verbuchen müssen. Auch diese SPD-Pläne erweisen sich als für den Bürger teure Sparpakete, die nicht einmal reichen, um Eichels Haushaltslöcher zu stopfen.

Und der DGB verprasst mit seiner bundesweiten Kampagne „gesund und gerecht“ flächendeckend in deutschen Metropolen die von den organisierten Arbeitnehmern oft nur noch mit bitterer Miene gezahlten Mitgliederbeiträge, behindert somit die von ihm selbst im letzten Wahlkampf protegierte Regierung, endlich ihre Hausaufgaben zu machen. Unter dem Deckmäntelchen sozialer Gerechtigkeit kämpfen die Gewerkschaften nur noch gegen schwindende Mitgliederzahlen an.

Was sich hinter der Kampagne „gesund und gerecht – eine gesunde Reform für alle“ verbirgt, ist nichts anderes als eine Ausweitung der Verschiebebahnhöfe und verdrängt notwendige Änderungen auf spätere Zeiten. Rezepte dieser Art lohnen nicht einmal mehr den Aufdruck ihres jeweiligen Verfallsdatums.

Beim Hin und Her der öffentlich diskutierten SPD-Thesen zur Bewältigung der Strukturkrise ist es kein Wunder, dass zurzeit fast jeder sich berufen fühlt, eigene Vorschläge zur Lösung auf den Tisch zu legen. Inzwischen zählen die Pressekonferenzen Legionen, die den Journalisten in der Bundeshauptstadt neue Wege in eine bessere Zukunft suggerieren. Dabei ist längst alles gesagt.

Und wer wie die Bundesgesundheitsministerin meint, statt befundorientierter jetzt therapiebezogene Festzuschüsse in den Gesetzesentwurf einzubinden, hat das von der deutschen Zahnärzteschaft angebotene Konzept nicht verstanden, sondern ignoriert nur die Erfahrungen, die unter der Ägide Seehofer gemacht wurden.

Einige Beobachter richten ihre Aufmerksamkeit noch auf Roman Herzog. Sie hoffen, dass der Ex-Bundespräsident, ehemals Mentor für einen gesellschaftspolitischen Neuanfang, in seiner neuen Aufgabe als Leiter der CDU/CSU-Kommission eine glücklichere Hand zeigt und Bewegung in den Verhandlungsprozess um die neue Gesetzgebung bringt. Der Sommer bleibt spannend.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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