Tollwut

Tödliche Gefahr im Traumurlaub

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Tollwütige Hunde sind zur Rarität geworden: Während früher vor allem Hunde und Katzen die Überträger der tödlichen Krankheit waren, sind es heute in den meisten Fällen Füchse (in Osteuropa auch Wölfe), aber auch Rehe, Marder und Dachse. Anders stellt sich die Situation in Asien, Afrika und Südamerika dar: Dort droht vor allem von Haustieren, wie Hunden, Katzen und Rindern, die größte Gefahr. Neuerdings wächst weltweit auch die Zahl der durch Fledermäuse ausgelösten Tollwutfälle. Von der Möglichkeit der Impfung machen jedoch nur wenige Reisende und andere Risikopersonen Gebrauch, beklagten Experten anlässlich des Internistenkongresses in Wiesbaden.

Gefahr in Südostasien, Indien und Brasilien

Die Tollwut zählt zu den wenigen Infektionskrankheiten, die unbehandelt in allen Fällen zum Tode führen. Nach Auftreten der ersten Symptome ist keine Therapie mehr möglich und der tödliche Verlauf kann nur noch mit intensivmedizinischen Mitteln hinausgezögert werden. Das akute Krankheitsbild beginnt manchmal schon sechs Tage, gelegentlich aber erst Monate nach der Virusübertragung aus dem Speichel des infizierten Tieres.

Typische Symptome: Krämpfe und Wasserscheu

Nach Kopfschmerzen und Erbrechen kommt es zu Muskelzuckungen und Krämpfen, Reizbarkeit und Überempfindlichkeit gegen Licht, Geräusche und Luftzug. Eindeutig wird das Krankheitsbild erst beim Auftreten der „Hydrophobie“ (Wasserscheu): Es entstehen schmerzhafte Krämpfe der Schlundmuskulatur beim Trinken, und der ausgeprägte Ekel vor Wasser kann schon beim Hinunterschlucken des eigenen Speichels oder sogar beim Gedanken an das Trinken ausgelöst werden. Es war der geniale Pariser Chemiker Louis Pasteur, der den ersten Impfstoff gegen Tollwut entwickelt hat. Er gewann das Material für seine „Wutschutzkur“ aus dem Gehirn erkrankter Hunde und setzte die Impfung am 6. Juli 1885 erstmals bei einem neunjährigen Jungen aus dem Elsaß ein, der 14-mal von einem tollwütigen Hund gebissen worden war. Nach insgesamt 14 Spritzen war der kleine Elsässer gerettet. Beeindruckend war der Erfolg der Impfung auch bei 19 russischen Bauern, die von tollwütigen Wölfen angefallen worden waren. Sie machten sich auf die über 2 000 Kilometer lange Reise nach Paris. Pasteur gelang es tatsächlich, 16 von ihnen zu retten. Zum Dank erhielt er vom Zaren 100 000 Franken für den Bau seines wissenschaftlichen Instituts, das bis heute Weltruhm genießt.

Das geschah zu einer Zeit, als man noch gar nicht wusste, was ein Virus ist. Der Schutzmechanismus der Impfung ist jedoch bis heute gleich geblieben. Das Tollwutvirus ist „neurotrop“: Es wandert die Nervenbahnen entlang in Richtung Gehirn. Ist es dort angelangt, kommt es zu Lähmungen und die Krankheit endet immer tödlich. Mit der Impfung beginnt im Körper des Patienten ein Wettlauf mit der Zeit: Wer erreicht schneller das Gehirn – das tödliche Tollwutvirus oder die Antikörper, die sich durch die Immunisierung bilden?

Impfung regelmäßig erneuern

Gegen den heute gebräuchlichen, vor 25 Jahren entwickelten Impfstoff müssen sich die Tollwutviren fast immer geschlagen geben. Seine Inkubationszeit ist wesentlich kürzer als die Zeit, die der Tollwuterreger zur Entfaltung seiner gefährlichen Wirkung braucht. Im Gegensatz zu früheren Impfstoffen, die in tierischem Nervengewebe gezüchtet werden mussten und oft schwere, manchmal sogar tödliche neurologische Komplikationen zur Folge hatten, ist dieser Impfstoff so gut verträglich, dass er auch zur vorbeugenden Impfung von gefährdeten Personen, zum Beispiel Tierärzten, Jägern, Waldarbeitern, Bauern in Risikogebieten oder Mitarbeitern von Tollwutlaboratorien, empfohlen wird.

Die meisten Urlauber, die in ferne Länder reisen, haben allerdings von der Tollwutgefahr an ihrem sonnigen Traumziel in aller Regel keine Ahnung, beklagen Tropenmediziner. Am höchsten ist das Risiko in Indien und Nepal, von wo jedoch derzeit keine offiziellen Zahlen vorliegen. In Brasilien wurden 1999 6 130 Fälle gemeldet, von den Philippinen 1 995 und für Vietnam 1 359. In der Russischen Föderation gab es 742 Tollwutfälle, in Sri Lanka 693. In Indonesien, zu dem die beliebten Urlaubsziele Bali und Java zählen, wurden 2001 75 Fälle gemeldet und auch in Thailand wurden zwischen 1995 und 2000 jährlich durchschnittlich 64 Tollwutfälle bei Menschen dokumentiert. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen.

Gefahr lauert im Wald

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO kommt es weltweit jährlich zu mindestens 35 000 Todesfällen an Tollwut. In Deutschland gab es 2002, wie schon in den Vorjahren, keine Tollwuterkrankungen. Der letzte gemeldete Fall trat 1996 auf, als ein Deutscher in Sri Lanka von einem Hund gebissen wurde. Kontakte mit tollwütigen Tieren sind aber auch hier zu Lande möglich: So wurden zum Beispiel Anfang des letzten Jahres zehn Personen von einem aus Aserbaidschan mitgebrachten tollwütigen Hund gebissen. Ein ebenfalls nachweislich tollwütiger Fuchs hat im November letzten Jahres Spaziergänger im Stadtbereich von Frankfurt am Main angegriffen.

Lajos SchöneGerstäckerstraße 9, 81827 München

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