Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
ein freundliches Lächeln ist eines der schönsten Geschenke, das sich Menschen im Alltag machen können. Ein Lächeln verbindet. Es entwaffnet, öffnet Türen, schafft positive Aufmerksamkeit und wird unter uns Zeitgenossen zum immer wichtigeren Instrument nonverbaler Kommunikation.
Das war nicht immer so. Warum Mona Lisa „nichts zu lachen“ hatte, erklärt die Titelgeschichte dieses Heftes. Das berühmteste geheimnisvolle Lächeln der Kunstgeschichte war in früheren Zeiten nicht ungewöhnlich. Offenes, befreiendes Lächeln oder gar befreites Lachen war bis in das letzte Jahrhundert hinein verpönt, galt als unschicklich.
Der Grund: Ein geöffneter Mund bot wegen meist fortgeschrittener Karies keinen schönen Anblick. „Verfaulte“ Zähne waren über lange Zeit bei Erwachsenen wie Heranwachsenden eher Regel als Ausnahme. Der verhaltene Ernst der Menschen, festgehalten auf Bildnissen, Daguerreotypien und Fotografienvergangener Jahrhunderte, geriet mangels oraler Gesundheit zur Konvention. Erst die zahnmedizinische Behandlung, die Erkenntnis notwendiger Zahnhygiene schafften die Voraussetzung für ein befreiendes Lächeln, das auch erwidert werden konnte.
Heute sind ästhetische, weil gesund erhaltene Zähne in den meisten Fällen Teil normaler Erwartungshaltung, wenn sich Menschen gegenübertreten. Die Bereitschaft, sich das sympathische Lächeln – wenn nötig – etwas kosten zu lassen, ist für viele Zeitgenossen nichts Außergewöhnliches mehr. Ein Erfolg des zahnmedizinischen Fortschritts.
Inzwischen sind Lächeln und Lachen, weil gesund, Teil des Anspruchsdenkens menschlichen Miteinanders. Lächeln und Lachen wird in Seminaren gelehrt, offensiv gelacht wird überall, im Privaten, in der Öffentlichkeit,vor der Kamera und im Vortragssaal.
Und die Heilberufler? Immerhin, so habenForscher der Universität Helsinki in einer Studie herausgefunden, beantwortet jeder fünfte Arzt das Lachen seines Patienten mit einem Lächeln. Aber nur jeder zehnte lässt sich vom mimisch-sinnlichen Ausbruch seines Gegenübers – es lacht laut Studie im Schnitt vier mal pro Arztbesuch – im Praxisalltag anstecken. Ob die ärztlichen Probanden in Helsinki sich aus Gründen professioneller Distanz zurückhielten, kann man nur mutmaßen.
In deutschen Landen wird oberflächlich – zumindest in der Fernsehunterhaltung oft sogar erschreckend – viel gelacht. Politiker lächeln aus Profession, aber manchem Heilberufler erstirbt angesichts immer schlechterer Arbeitsbedingungen das Lächeln.
Erklärlich mag das sein, weiterbringen wird es nicht. Und der Vertrauenspatient hat ein freundliches Lächeln verdient. Für die anderen mag gelten: „Lächeln ist“, so hat der Kabarettist Werner Finck einmal gesagt, „die eleganteste Art, seinen Gegnern die Zähne zu zeigen.“
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur