Mona Lisa hatte nichts zu lachen
Cheese“, befiehlt der Fotograf, und das frisch getraute Paar lächelt gehorsam in die Kamera – schließlich soll der „schönste Tag im Leben“ auch als solcher festgehalten werden. Das war nicht immer so. Wer die Hochzeitsbilder seiner Großeltern betrachtet, entdeckt durchweg ernste, unbewegte Gesichter: der Mund ist geschlossen, keine Miene verzogen. Noch bis vor 50 Jahren schickte es sich nicht, in der Öffentlichkeit zu lachen: Zähne zeigen oder gar lauthals losprusten war tabu, höchstens ein dezentes Lächeln durfte den Mund umspielen.
Lachen verboten
Die Lachverbote besitzen eine lange Tradition: Schon für den griechischen Philosophen Platon (428-348 v. Chr.) stand unumstößlich fest, dass der Mensch beim Lachen seine Selbstkontrolle verliert. In seinem Monumentalwerk „Politeia“ schrieb er, das Lachen vertrüge sich nicht mit der Würde des Menschen – allenfalls gestattet sei eine gemäßigte Heiterkeit („modesta hilaritas“), aber kein lautes exzessives Lachen. Dasselbe gilt für die antike Kunst: Lachende Gestalten sind rar. Mit offenem Mund und sichtbaren Zähnen wurden nur die halbtierischen Wesen aus der griechisch-römischen Mythologie – Angst einflößende Giganten, Kentauren, Satyrn und Faune – dargestellt: So fletscht die Gorgo Medusa, deren bloßer Anblick den Betrachter auf der Stelle zu Stein verwandelte, bedrohlich ihre Zähne.
Zugegeben, fast alle Statuen aus dem 6. Jahrhundert vor Christus lächeln. Doch dieser von Archäologen als „archaisches Lächeln“ bezeichnete Gesichtsausdruck ist eben keine spontane Reaktion, sondern stand für die äußere wie innere Schönheit des freien griechischen Bürgers. Bei den Idealfiguren der griechischen Klassik, ein Jahrhundert später, ist das Lächeln bereits wieder verschwunden. Wohl deshalb ist das archaische Lächeln für Kunsthistoriker so etwas wie eine vorübergehende „Mode“, durchaus vergleichbar mit dem „keep smiling“ von heute. Erst später, im hellenistischen Zeitalter (etwa 320 bis 30 v. Chr.), kommt es vereinzelt vor, dass ein offener Mund auf Schmerz – ebenso aber auf ein enthemmtes Lallen nach einem Alkoholgelage – hindeuten konnte. In jedem Fall hatte das „Zähne zeigen“ nach wie vor einen negativen Beigeschmack.
Auch im Mittelalter ging man zum Lachen besser in den Keller: Jesus habe nie gelacht, hieß es, und falls doch, dann, weil er mit allen Lastern auch das des Lachens auf sich genommen habe. Kirchenväter und Theologen von Johann Chrysostomos (40-120) über Augustinus (354-430) bis hin zu Bernhard von Clairvaux (1090-1153) und Hugo von St. Victor (1096-1141) beschäftigten sich mit dieser Frage. Die Bergpredigt lieferte der Kirche den „Beweis“: „Wehe euch, die ihr jetzt lacht“, droht Jesus dort seinen Zuhörern, „denn ihr werdet klagen und weinen.“ Wer lachte, galt als Zweifler.
In seinem Geschichtsroman „Der Name der Rose“ erzählt Umberto Eco vom Kampf des Christentums gegen die Lachkultur. Italien, 14. Jahrhundert: Der greise Mönch Jorge von Burgos versteckt das „Buch der Komödie“ in seiner Bibliothek. Um zu verhindern, dass Lachen gesellschaftsfähig wird, schreckt er auch vor Mord nicht zurück. Eco bezieht sich hier auf das verloren gegangene zweite Buch der Aristotelischen Poetik. Da, vermutet man, habe Aristoteles sich positiv zur Funktion des Lachens geäußert: Lachen als Kunst, Philosophie und Erlösung.
Eine verkehrte Welt, denn im Unterschied zu heute zeigte die mittelalterliche Kunst die Zufriedenen mit geschlossenem Mund, die Unglücklichen dagegen mit geöffneten Lippen. Wie schon in der Antike spiegelt die mittelalterliche Kunst die geltenden Verhaltensmuster wider: Lautes Lachen und ein weit geöffneter Mund gehörten sich bei den oberen sozialen Ständen, also bei Kirche und Adel, nicht. In ihren Augen benahmen sich nur Bettler, Narren, Betrunkene und verrückte Alte derart ungehörig.
Warum das offene Lachen in der Öffentlichkeit nicht gern gesehen wurde, hatte freilich noch einen anderen, viel offensichtlicheren Grund: die schlechten Zähne.
Zahnerkrankungen zählten zu den verbreitetsten Leiden im Mittelalter: Karies trat fast durchweg an den seitlichen Kontaktpunkten der Zähne auf, weitaus seltener waren die Kauflächen der Molaren betroffen – eine Folge des starken Abriebs, denn durch die raue und faserreiche Kost mussten die Menschen extrem viel kauen. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Nahrung mit Sand verschmutzt war, der die Zähne regelrecht abschmirgelte. Im Laufe des Lebens nutzten sich die Zähne enorm ab, sodass kaum noch Fissuren vorhanden waren, in denen sich Karies hätte bilden können. Das änderte sich schlagartig, als die Kartoffel eingeführt wurde: Sie beendete zwar die immer wieder auftretenden Hungersnöte, erhöhte aber zugleich das Risiko, an Karies zu erkranken. Denn die Erdäpfel avancierten zum Kohlehydratlieferant Nummer eins – nicht nur für den Menschen, sondern auch für die Kariesbakterien. Die von Karies zerfressenen Zähne eiterten – häufig war der Kieferknochen bereits abgebaut – und zogen nicht selten Blutvergiftungen nach sich. Schwere Mund- und Zahnerkrankungen wie solche „Eiterzähne“ konnten bis zum Tode führen. Wer Zahnschmerzen hatte, musste auf die umher reisendenden Bader, Quacksalber oder die berüchtigten Zahnbrecher vertrauen – sie waren die einzige Alternative zu Wundermitteln und Hexenzauber. Das für die Patienten äußerst schmerzhafte Zahnreißen fand lange Zeit auf Jahrmärkten statt und war ein Aufsehen erregendes Spektakel.
Der süße Zahn
Mit dem Import von Zucker und Kakao im Zuge der großen Entdeckerfahrten des 15. und 16. Jahrhunderts kamen diejenigen, die es sich leisten konnten, schnell auf den Geschmack von Pralinés, Konfekt & Co. Sogar Fleischpasteten sollen zum Teil mit Schokolade überzogen worden sein! Die Folge: Erste Zähne fielen oft schon im Jugendalter aus – künstliche Prothesen konnten den Verlust optisch meist nur unzureichend kaschieren. Dass der exzessive Zuckerkonsum die Zähne ruinierte, war kein Geheimnis. In Shakespeares „Romeo und Julia“ bemerkt Mercutio, dass die Damen von Lippenbläschen gequält würden, „weil ihr Atem durch Bonbons verpestet ist“. Im Jahre 1598, fünf Jahre vor ihrem Tod, beschreibt ein Reisender das Aussehen der englischen Königin Elisabeth I: „Die Königin steht – wie man uns sagte – in ihrem 65. Lebensjahr und wirkt sehr würdevoll: Ihr Gesicht ist länglich, ihre Haut hell, aber runzlig, ihre Augen sind klein, aber sehr dunkel und freundlich, sie hat eine leichte Hakennase, ihre Lippen sind schmal und ihre Zähne schwarz, ein Mangel, an dem die Engländer deshalb zu kranken scheinen, weil sie allzuviel Zucker verwenden.“
Am Hofe Ludwig XIV (1638-1715) diente der Fächer keinesfalls nur zum Fächeln und Flirten, sondern auch als Sichtschutz für marode Zähne. Zusätzlich schützte er die übrige Gesellschaft vor dem Pesthauch schlechten Atems und dem widerwärtigen Geruch verfaulter Zähne sowie Mund- und Kiefererkrankungen. In der Tat: Hätte man in den Sälen nicht großzügig Moschus, Ambra und andere kräftig duftenden Essenzen versprüht, es wäre Zeitzeugen zufolge vor Gestank nicht auszuhalten gewesen. Grund dafür waren natürlich auch die hygienischen Verhältnisse: Waschbecken und Toiletten waren in Versailles Mangelware.
Strenge Etikette
Über die Jahrhunderte hinweg waren besonders Frauen vom Lachverbot betroffen. Eine feine Dame hielt den Mund geschlossen – das höchste der Gefühle war ein angedeutetes, ja, geradezu verhaltenes Lächeln. Alles, was darüber hinausging, wurde als obszön empfunden. Anders bei jungen Mädchen: Für sie gehörte sich ein anmutiges Lächeln durchaus.
Weisen die mittelalterlichen Figuren noch vorwiegend flache, austauschbare Gesichtszüge auf, rückte die Renaissance das Individuum in den Mittelpunkt. Leonardo (1452-1519), Tizian (1488-1576) und Michelangelo (1475-1564) brachten ihre weiblichen Modelle als individuelle Persönlichkeiten auf die Leinwand. Und dennoch: Das Lachen blieb weiterhin tabu. Auch die Mona Lisa ist da keine Ausnahme. Ihr berühmtes Lächeln ist für uns heute kaum mehr wahrnehmbar. Kunsthistoriker rätseln noch heute, was es damit auf sich hat, so fremd ist es geworden. Wahrscheinlich hielt auch sie den Mund aus gutem Grund geschlossen – ein offenes Lächeln mit kariösen Zähnen hätte ihre viel gepriesene Schönheit wohl sofort zunichte gemacht. Isabella Brant, Rubens’ (1577-1640) erste Frau, lächelt immerhin deutlich erkennbar und bringt gerade dadurch die Privatheit des Gemäldes zum Ausdruck.
Aber auch das Bewusstsein von der eigenen Vergänglichkeit spielte im Hinblick auf das Lächeln eine immer größere Rolle. Ein Grund dafür ist ohne Frage der Dreißigjährige Krieg (1618-1648), der große Teile der Bevölkerung hinwegraffte. Marodierende Soldaten zogen über Land und metzelten alles nieder, die Pest tat ein Übriges. Dichter wie Andreas Gryphius (1616-
1664) fanden Worte für die Kriegsgräuel, Maler wie Jacques Callot (1592-1635) hielten sie in Bildern fest. Grinsende Totenschädel und zahnlose, hohnlachende Greise zeugen von der allumfassenden Präsenz des Todes, der Endlichkeit des Daseins und übertriebener Eitelkeit („vanitas“). Lachen wurde zur Signatur der gefallenen Menschheit. Äußerst populär waren Klappbilder wie dieses: Auf der Vorderseite ist ein junges Brautpaar abgebildet. Dreht man das Bild aber um, blickt man auf zwei Tote, zerfressen von Würmern und Fliegen – die Münder weit geöffnet.
„Lachen ist der Prüfstein des Geschmacks, der Gerechtigkeit und der Güte“, befand im 18. Jahrhundert der französische Philosoph Denis Diderot (1713-84). Das Lachen entspringe einem Laster des menschlichen Herzens – weshalb ein Philosoph, ein Richter oder ein Magistrat niemals lachen würden.
Schauriges Vampirlachen
Dass das Entblößen der Zähne noch im 19. Jahrhundert eher schaurige als schöne Gefühle weckte, belegt ein einziger Name: Dracula. Bram Stokers Roman aus dem Jahre 1897 zieht eine wahre Flut gruseliger Schauermärchen nach sich. Das diabolische Hohngelächter der Vampire rückt das Lachen verstärkt in ein schlechtes Licht: Die überdimensionalen Eckzähne des Vampirs erinnern an die Reißzähne eines Wolfes, der weit geöffnete Mund wird zur Mordwaffe. In den Geschichten von Blut saugenden Kreaturen kommt das Vampirlächeln einer Vorankündigung des nahen Todes gleich. Eine bedrohliche Vorstellung: Der morbide Untote saugt seinem Opfer den Lebenssaft aus und kommt dadurch wieder zu – schier unbesiegbaren – Kräften.
Fast 80 Jahre zuvor erscheint 1818 Mary Shelleys Frankenstein. Das aus Leichen geschaffene Monster ist so stark wie Herkules, intellektuell jedoch auf der Höhe eines Kleinkindes. Sein Lächeln – bei ihm ein Zeichen der Freude – ist das debile Lächeln eines Schwachsinnigen. Auch der Romantiker E.T.A. Hoffmann, seiner Zeit bekannt als „Gespensterhoffmann“, erzählt von unheimlichen Figuren, deren starres, hohles Lächeln darauf hindeutet, dass sie künstlich geschaffene Automaten, und keine Menschen sind. Der starre Blick, das unbewegte Lächeln dieser Technikgeschöpfe sind Ausdruck ihrer Emotionslosigkeit. Die Geschichten handeln von den Schrecken der aufziehenden Industrialisierung, gleichwohl spinnen sie die Vision von den Naturwissenschaften und ihren vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiten weiter. Berühmtestes Beispiel ist die Puppe Olimpia in Hoffmanns „Der Sandmann“ (1816-17): Ihr verfällt der Student Nathanael, durch sie stürzt er am Ende in Tod und Verderben.
Positive Wertungen des Lachens und Lächelns bleiben weiterhin sekundär. Lächelnde Frauen wirkten noch vor 100 Jahren auf Männer geradezu beängstigend: Gustav Klimts berühmte „Judith“ (Wien 1901), Mörderin des Holofernes, lächelt verführerisch. Eine schöne, erotische Frau – und dennoch gefährlich: Sie verkörpert die damals so gefürchtete Femme fatale, der die Männer reihenweise verfallen, nur um am Ende kaltblütig vernichtet zu werden.
Bonus der Zahnheilkunde
Noch bis Ende des 19. Jahrhundert besaß das zur Schau gestellte Lächeln einen negativen Touch. Dann aber ändert sich die Einstellung zum Lachen rasant. Ein wichtiger Grund dafür ist sicherlich die Verwissenschaftlichung der Zahnheilkunde: Neue Erkenntnisse, wie die von Willoughby Dyton Miller, der 1896 die Entstehung von Karies als chemischen Prozess erklärte, waren ebenso bahnbrechend wie die Entdeckung der „X-Strahlen“ durch Wilhelm Conrad Röntgen ein Jahr zuvor. Das neue Wissen erschloss viele weiße Flecken auf der zahnmedizinischen Landkarte und eröffnete gleichzeitig neue Behandlungsmethoden. Diese kamen den Patienten und damit auch dem Lächeln zugute: Mit einem gesunden Mund und strahlend weißen Zähnen machte das Lachen mehr Vergnügen, umgekehrt waren diese plötzlich ein echter Hingucker. In dem Maße wie im Laufe der letzten 100 Jahre, vor allem in Gang gesetzt durch die Bismarck’sche Sozialgesetzgebung, immer mehr Bürger in den Genuss einer regelmäßigen Zahnbehandlung und -pflege kamen, stieg auch der Wert des makellosen Lächelns. Einen kräftigen Schub erhielten Versorgung und Prävention mit Einführung der mittlerweile rund 120 Jahre alten Schulzahnpflege: Sie legte den Grundstein für die heutige Gruppenprophylaxe.
Mindestens ebenso bedeutsam für die bevölkerungsnahe Versorgung aber war die Arbeit der niedergelassenen Zahnärzte. Sie sorgten für eine regelmäßige Behandlung und fungierten darüber hinaus als direkte Ansprechpartner“ ihrer Patienten. Nicht ohne Folgen: Zahnerkrankungen nahmen ab, der Wunsch nach Zahnbürste und Zahnpasta zu. Und mit ihm entstand eine ganze Industrie aus Zahnputzfirmen, Zahnpastaherstellern, allein um das neue Bedürfnis nach gesunden, schönen Zähnen und ihrer Pflege zu stillen. Der technisch-medizinische Fortschritt entwickelte sich und brachte neben neuen theoretischen Erkenntnissen auch neue Behandlungspraktiken. Die zahnärztliche Wissenschaft beeinflusste peu à peu das Verhalten – Lachen in der Öffentlichkeit galt unversehens als schick – und in einem zweiten Schritt auch die Bildwürdigkeit dieses Lachens.
Obendrein schwappte Ende der 50er Jahre eine regelrechte Welle des Lächelns aus den USA Richtung Europa. In Übersee war das Big Smile schon viel früher gesellschaftsfähig. Prophylaxe und Prävention besitzen dort eine lange Tradition: Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gingen die so genannten Dentalhygienikerinnen an die Schulen und brachten den Kindern das Zähneputzen bei. Zudem wurde seit den 40er Jahren das Trinkwasser in vielen US-Städten mit Fluorid angereichert, ab 1962 hatten 2 302 Gemeinden fluoridiertes Wasser aus der Leitung.
Im 21. Jahrhundert geht es in der Zahnheilkunde längst nicht mehr nur um Schmerztherapien oder reine Instandsetzungen: Die ästhetische Zahnmedizin verbindet inzwischen funktionelle Zielsetzungen mit kosmetischen Korrekturen. Ein Lächeln kann dadurch harmonischer und attraktiver wirken.
Heute gelten schöne Zähne als Statussymbol. Tom Cruise kokettiert mit Brackets, Altstars wie Paul Newman und Jack Nicholsen grinsen selbstbewusst in die Kamera, das Hollywood-Lächeln von Julia Roberts – angeblich das teuerste der Welt – ist sowieso unbezahlbar.
Ein Lächeln – 1 000 Worte
Auch wenn es sich in großer Gesellschaft nicht ziemte – privat war das Lächeln gestattet und unterstrich die Intimität dieses kostbaren Moments. „Ich habe seit einer Ewigkeit auf Euch gewartet“, scheint Nataschas Lächeln zu besagen, als Fürst Andrej sie bittet, mit ihm zu tanzen (Leo Tolstoi: Krieg und Frieden, 1863-69). Mit einem Lächeln vermag sie beinahe so viel zu sagen wie mit Worten.
Dass ein Lächeln 1 000 verschiedene Bedeutungen haben kann, stellte der Anatom Charles Bell bereits im Jahr 1806 fest. Ein Lächeln signalisiert Spaß und gute Laune. Vielleicht auch Zustimmung und Sympathie – manchmal allerdings auch Schadenfreude, Mitleid oder gar Verachtung. Ein Lächeln kann trösten, aber auch mit Ärger, Wut und Trauer verbunden sein. Und last but not least: Lächeln ist – schenkt man den Frauenmagazinen Glauben – der Flirtfaktor Nummer eins! Insgesamt 18 verschiedene Arten von Lächeln unterscheiden die Verhaltensforscher heute. Nur eine Variante ist der Ausdruck spontanen, echten Vergnügens. Dann ziehen sich beide Mundwinkel zugleich nach oben – das „ehrliche Lächeln“ beginnt symmetrisch – Krähenfüße rund um die Augen sind dabei ein absolutes Muss!
Ein Berliner Forscherteam um den Humanbiologen Prof. Carsten Niemitz hat jüngst erforscht, wodurch sich ein besonders angenehm wirkendes Lächeln auszeichnet: Probanden, deren Lachen als angenehm bewertet wurde, besitzen eine dynamische Mimik. Sie schließen beim Lachen kurz die Augen – unbewusst signalisieren sie dem Gegenüber dadurch, dass sie keine Gefahr darstellen.
Spiegel der Seele
Für Wittgenstein (1889-1951) war das Gesicht der Mittler zwischen Selbst und Welt. Auch heute noch gilt das Gesicht als Spiegel der Seele, erlaubt es doch Einblicke in die Gedanken anderer. Ein Großteil der Körpersprache verläuft über das Gesicht – kein anderes Körperteil ist für die Kommunikation so bedeutend. Mehr als Worte und Taten entscheidet oft ein Blick ins Gesicht, ob Menschen einander trauen oder sich doch lieber aus dem Weg gehen. Wie eine Person wahrgenommen wird, hängt nicht zuletzt von ihrem Gesicht ab – über die Physiognomie unseres Gegenübers ziehen wir Rückschlüsse auf Charakter, Typ und Lebensgeschichte. Am Gesicht lassen sich auch Alter, Geschlecht und Individualität ablesen. Ärger, Glück, Angst, Trauer und Überraschung werden über alle kulturellen Grenzen hinweg wiedererkannt – auch der Ausdruck des Lachens sieht bei allen Menschen gleich aus.
Schon Babys können lachen. Das Gesicht und das Lachen spielen eine entscheidende Rolle bei der Sozialisierung des Kindes und seiner Beziehung zu anderen Menschen. Dieses Wissen zieht weite Kreise: Viele Erwachsene wollen heutzutage die gesundheitsfördernde Wirkung des Lachens nutzen – und machen zum Beispiel so genannte Lach-Therapien.
Lachen ist die beste Medizin
Den Anstoß, das Lachen medizinisch zu erforschen, gab der Wirtschaftsjournalist Norman Cousins. Er litt in den 60er Jahren an einer schmerzhaften Wirbelsäulenerkrankung. Als nichts half, unterzog er sich systematisch einer Lachkur: Er sah sich über Monate die Filme berühmter Komiker an und ließ sich witzige Bücher vorlesen. Nach zehn Monaten konnte Cousins mithilfe seines Lachtrainings seine Schmerzen lindern. Mittlerweile beschäftigen sich weltweit mehr als 200 Wissenschaftler mit der Gelotologie, der Lachforschung, darunter Biologen, Psychologen, Anthropologen, Neurologen, Sprachwissenschaftler und Verhaltensforscher. Sie befassen sich unter anderem mit der Frage „Was ist unterhaltsamer, eineinhalb Stunden Wetterbericht oder Charlie Chaplins filmisches Meisterwerk „Moderne Zeiten“? Die Antwort darauf dürfte den meisten nicht schwer fallen: Chaplin. Doch was ist gesünder? Nach Untersuchungen an zwei Dutzend Allergiepatienten sind japanische Wissenschaftler überzeugt: Chaplin. Wie die Forscher berichten, ließ der Konsum von „Moderne Zeiten“ die Hautschwellungen der Allergiker zurückgehen. Das TV-Wetter hatte dagegen keine Auswirkungen auf die Beschwerden der Patienten. Verglichen mit unseren Großeltern hat sich eine ganze Menge getan: Die auf Fotos gebannten starren und strengen Gesichter sind Vergangenheit. Stattdessen zeigen die Bilder lachende Paare, Freunde und Familien. Dass heute so gern, lange und laut gelacht wird, ist – nicht zu vergessen – ein Verdienst der Zahnmedizin. Denn nur mit gesunden und schönen Zähnen macht Lachen richtig Spaß.