Externes Bleichen - lieber sanft als hart
Die meisten Patienten lassen ihre Zähne aus kosmetischen Gründen bleichen. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) weist in Ihrer Stellungnahme darauf hin, dass auch medizinische Gründe für Bleichverfahren sprechen können. Einerseits würden durch Bleichen invasive Präparationen vermieden und Zahnsubstanz geschont, andererseits könne bei starken Verfärbungen das psychische Wohlbefinden des Patienten stark beeinträchtigt sein [5]. Zudem wird aus der Praxis immer wieder darauf hingewiesen, dass Bleichmaßnahmen die individuelle Motivation zur Mundhygiene steigern können.
Das Thema externes Bleichen wurde in München überwiegend von Professor Thomas Attin, Göttingen, und seiner Arbeitsgruppe bestritten. Attin stellte zunächst fest, dass die Methode auf Grund der Literatur als wirksam anzusehen ist. Nach einer Studie von Matis et al. nimmt jedoch die nach zwei Wochen erreichte Helligkeitsstufe innerhalb der nächsten sechs bis zwölf Wochen wieder ab. Sechs Monate nach Therapie-Ende tritt ein Verlust von durchschnittlich 45 Prozent gegenüber dem zunächst erreichten Niveau ein. Der Wert lag in der Studie aber immer bei einem delta-E-Wert von 5,0 [6]. Eher unerwartet war das Ergebnis einer anderen Untersuchung. Farbstoffe, zum Beispiel in schwarzem Tee, werden offenbar im Anschluss an eine Bleichtherapie nicht verstärkt in den Schmelz eingelagert [1].
Eine Stunde täglich genügt
Im Vordergrund der Münchner Referate standen die biologischen Auswirkungen des externen Bleichens. Eine Literaturübersicht zum Thema zeigt laut Attin, dass Nebenwirkungen wie Hypersensibilität und Weichteil-Irritiationen fast ausschließlich mit der Dauer der Anwendung in Beziehung stehen. Weiter habe sich herausgestellt, dass die Konzentration der Wirkstoffe Carbamidperoxid und Wasserstoffperoxid in den Schienen bereits nach ein bis zwei Stunden stark abfällt. Daher sei eine Bleichdauer von einmal täglich einer Stunde ausreichend.
In dieselbe Richtung weisen Studienergebnisse zum Einfluss verschiedener Bleichmittel auf die Bruchfestigkeit von Rinderschmelz, die in München von ZA Thomas Müller, Göttingen, präsentiert wurden. Müller und Mitarbeiter fanden, dass eine signifikante Abnahme der Bruchfestigkeit nur bei einem acht Stunden täglich anzuwendenden Produkt auftrat (Opalescence zehn Prozent/Ultradent).
In einer weiteren In-vitro-Untersuchung aus Göttingen fanden Dr. Annette Wiegand und Mitarbeiter, dass der Grad der Zahnbürsten-Abrasion einerseits vom pH-Wert und der Wasserstoffperoxid-Konzentration des Bleichmittels und andererseits wiederum von der Bleichdauer abhing. In vivo ist der Schutzfaktor des Speichels nicht zu unterschätzen.
Schienensysteme schonender
Professor Dr. Christian Hannig und Mitarbeiter, Göttingen, testeten die intraorale Freisetzung von Wasserstoffperoxid aus verschiedenen Bleichmitteln. Dabei fanden sie für Produkte mit konventioneller Schienenanwendung signifikant niedrigere Werte als für ein Produkt, das auf die Zähne aufgeklebt wird (White strips/Blend-a-med). Dieses Produkt erreicht zwar laut Dr. Dirk Lindner und Mitarbeitern, Göttingen, ähnliche gute Bleichergebnisse wie ein zuhause angewendetes Schienensystem (VivaStyle/ Ivoclar Vivadent). Wegen der geringeren Weichgewebsbelastung seien Schienen aber den aufklebbaren Streifen vorzuziehen.
Die Verstärkung des Bleicheffektes mit Licht - auch Power-Bleaching genannt - lehnt Attin ab. Diese könne zu einer Erhöhung der Pulpatemperatur um fünf bis acht Grad Celsius mit Enzyminhibition, daraus resultierenden Entzündungszeichen und vermehrter Überempfindlichkeit führen [3]. Diese Auswirkungen sind laut Attin zwar reversibel, dennoch zieht der Göttinger Hochschullehrer aus Vorsichtsmaßnahmen ein zuhause angewendetes Bleichverfahren mit Schienen vor. In Bezug auf laserunterstütztes Bleichen fand Attin keine aussagekräftigen Untersuchungen zu Nebenwirkungen, so dass dieses Verfahren seiner Aussage nach derzeit nicht zu beurteilen sei.
Insgesamt sicher
Farbliche oder mechanische Eigenschaften von Füllungsmaterialien werden nach Angaben von Attin durch externes Bleichen nicht negativ beeinflusst. Einzelne Studien hätten jedoch eine erhöhte Quecksilberfreisetzung aus Amalgamfüllungen ergeben. Insgesamt bewertet Attin das externe Bleichen dennoch als sichere Methode. Trotzdem solle in der Praxis schonenden Home-Bleaching-Verfahren mit niedrigeren Konzentrationen von etwa zehn Prozent Carbamidperoxid und der einmal täglichen Anwendung für ein bis zwei Stunden der Vorzug gegeben werden, da Nebenwirkungen so mit höherer Sicherheit vermieden werden könnten.
Bei freiliegenden Zahnhälsen sollten laut des Referenten wegen der Gefahr einer Penetration in die Pulpa vor einer Bleichtherapie Dentinversiegler (Desensitzer) verwendet werden. Dasselbe gelte bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit. Hier gibt es zum Beispiel von Ivoclar Vivadent einen Desensibilisierungslack, der vom Hersteller auch für die Anwendung in Verbindung mit Bleichtherapien empfohlen wird (VivaSens). Grundsätzlich sei auch eine therapiebegleitende Fluoridierung indiziert [2,4].
Tipp-Ex und Whitening-Center
Die Fantasie der Entwickler bringt angesichts des wachsenden Marktes immer neue Anwendungsmethoden hervor. Ein neues, in den USA frei verkäufliches Bleichmittel wird "wie Tipp-Ex" auf den Zahnschmelz aufgetragen (Simply White/Colgate). Das enthaltene 18-prozentige Carbamidperoxid soll für 30 Minuten aktiv sein. Anschließend wird der Lack laut Dr. Paul Brunton, Manchester, UK, weggebürstet oder heruntergeschluckt. Das Bleichergebnis sei mit etwa vier Vita-Farbstufen sehr gut.
Potentiell erreichbare Aufhellungsstufen hängen von der Ausgangssituation sowie der natürlichen Zahnfarbe ab. Statt über mögliche Nebenwirkungen zu referieren, berichtete Brunton von signifikanten Verbesserungen des Gingivitis-Index im Verlauf der Studie. Diese könnte jedoch nach einer von Attin geäußerten Vermutung auch mit der verbesserten Mundhygiene der Testpersonen zusammenhängen.
Während in Deutschland wirksame Bleichmaßnahmen der zahnärztlichen Praxis vorbehalten sind, können in anderen europäischen Ländern und den USA auch höher konzentrierte Bleichprodukte frei im Handel erworben werden. In den Niederlanden bereits vorhandene so genannte Whitening-Center könnte es bald auch in Deutschland geben - zum Beispiel mit einem frisch approbierten Assistenten als zahnärztliches Personal. Die in München versammelten Experten lehnen solche Einrichtungen einhellig ab. Einerseits führten die dort praktizierten kurzfristigen Bleichmethoden nur zu vorübergehenden Erfolgen. Andererseits könnten Nebenwirkungen auftreten, die nur von einem Zahnarzt zu beurteilen und gegebenenfalls behandelbar seien.
"Bleaching is still a medical regime"
Als Fazit stellten Professor Thomas Attin, Karl Glockner sowie die Tagungsleiter Marco Oddera und Guido Vanherle, Leuven, Belgien, übereinstimmend fest, dass das Bleichen von Zähnen in ein Behandlungskonzept eingebunden sein muss. Externes Bleichen sollte aus Sicherheitsgründen mit Hilfe von schonenden Homebleaching-Verfahren durchgeführt werden - eventuell kombiniert mit einer initialen Anwendung in der Praxis. Für den Experten Thomas Attin bedeutet dies auch, dass niedrige Konzentrationen und eine täglich ein- bis zweistündige Anwendung stärker konzentrierten Produkten und einer längeren täglichen Bleichdauer vorzuziehen ist. Auf so genanntes Power-Bleaching, insbesondere mit zusätzlicher Lichtaktivierung, sollte aus Gründen der biologischen Sicherheit besser verzichtet werden.
Dr. Jan H. KochLändestraße 485354 Freising