Britisches Fairplay
Die EU hat auch ihre guten Seiten. So können deutsche Bundesbürger im Rahmen des gemeinsamen Marktes britische Lebensversicherungen erwerben. Das ist in fast jeder Hinsicht eine bessere Wahl als deutsche LV-Policen.
Die Lebensversicherung ist eine britische Erfindung, ursprünglich gedacht zur Altersabsicherung von Klerikern und Medizinern. Das britische Lebensversicherungssystem wurde zum Vorbild für die zivilisierte Welt. Und ist es bis heute geblieben. Seit Mitte 1994 dürfen britische Kapitallebensversicherungen als Produkte des gemeinsamen EU-Marktes auch in Deutschland vertrieben werden. Dadurch ergibt sich ein weiterer Vorteil: Die aufgelaufenen Kapitalerträge sind, anders als in Großbritannien, nach zwölf Jahren Policenlaufzeit von Steuern befreit.
Britische Lebensversicherungen rentieren sich im Jahresdurchschnitt zumeist zu mehr als zehn Prozent. Der Grund: Sie sind überwiegend in Aktien investiert, sie profitieren daher von den Gewinnen der gemanagten, unternehmerisch tätigen Wirtschaft. Trotzdem haben die britischen Assekuranten bei weitem nicht die Probleme ihrer deutschen Kollegen. Diese nämlich vernichteten zum Schaden der Versicherten mehrstellige Milliardenbeträge durch verfehlte Aktienspekulationen.
Speicherdepots für schlechte Zeiten
Die britischen Assekuranten verstehen etwas von Aktien und gehen weitaus professioneller als deutsche Versicherer mit diesem renditeträchtigen, aber auch riskanten Anlageinstrument um. So werden Kursgewinne, die in guten Börsenjahren realisiert wurden, wie in einem Stausee gespeichert. In den oft folgenden schlechten Börsenjahren werden daraus die Magerrenditen gleichsam „bewässert“. So erzeugt man nach dem Prinzip der „künstlichen Bewässerung“ in gewisser Weise einen langfristigen Gleichstand der Renditen auch über schlechte Jahre hinweg.
Einige (wohltuende) Besonderheiten britischer Lebensversicherungen: Es gibt zwar keinen Garantiezins, aber die Zinszusage zu Beginn eines jeden Jahres ist garantiert. Für das laufende Jahr sind es drei Prozent. Doch dieser Basiszins wird in aller Regel gegen Ende eines jeden Jahres um eine am Markt tatsächlich erwirtschaftete Prämie aufgestockt. Anders als die stark schwankenden und sinkenden Überschussrenditen deutscher Versicherer wird die Renditehochrechnung, mit der eine britische Police startet, in geringer Schwankungsbreite bis zum Laufzeitende durchgehalten. Derzeit sind es 7,5 Prozent. Der entscheidende Unterschied zur deutschen Lebenspolice: Bei den Briten gibt es keine Renditen und keine Rückkaufwerte nach Gutsherrenart. Hier wird jede Police zu jeder Zeit mit dem wahren Wert ausgewiesen, der für sie erwirtschaftet wird.
Anders als die deutschen Assekuranten bieten die meisten britischen Lebensversicherer eine private Vermögensverwaltung durch die Versicherung an. In den Versicherungspool können Einmaleinzahlungen wie auch regelmäßige oder sporadische Nachzahlungen fließen. Dieses Geld nimmt – gegen eine gemeinhin übliche Verwaltungsgebühr – wie die Versicherungsprämien an der allgemeinen Renditeentwicklung teil. Auf Wunsch kann man sich das Kapital wieder auszahlen oder auch verrenten lassen, ohne dass der Kapitalstock, wie im Prinzip bei deutschen Rentenversicherungen, beim Tod des Versicherten verfällt. Der Vorteil: Diese Art der Vermögensverwaltung hat den Charakter eines risikoarmen und dennoch renditeträchtigen Rentenfonds. Von den Kursschwankungen eines Rentenfonds bekommt der Anleger nichts zu spüren.
Auf die Erträge kommen Steuern
Da keine Kapitallebensversicherung im Spiel ist, sind die Erträge aus der Vermögensverwaltung immer zu versteuern. Die nicht unwichtige Steuerrechnung lautet wie folgt: In der Ansparzeit fallen keine Steuern an, da das Portfolio der Versicherung thesaurierend ist. Ein Beispiel für eine „Verrentung“ durch monatliche Entnahmen: Es wurden insgesamt 100 000 Euro eingezahlt und 50 000 Euro an Rendite erzielt. Die kumulierte Rendite beträgt somit 50 Prozent. Es werden im Monat 500 Euro, im Jahr also 6000 Euro, entnommen. Davon müssen 50 Prozent oder 3 000 Euro dem Finanzamt als Einkommen gemeldet werden. Bei einem persönlichen Steuersatz von beispielsweise 25 Prozent (im Ruhestand) wären im Jahr 750 Euro an Steuern zu zahlen. Da die Jahresrendite wahrscheinlich höher ausfällt als die vier Prozent, die jährlich von den 150 000 Euro Sparkapital entnommen werden, wächst der Kapitalstock trotz monatlicher Entnahmen sogar weiter an.