Reaktionen auf die Rürup-Vorschläge

Kritik von A bis Ypsilon

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Die Rürup-Kommission hat ihre Hausaufgaben gemacht und zur Benotung vorgelegt. Beim ABC ist sie aber nur bis zum Y gekommen – genauer gesagt, bis zum „Ypsilon-Modell“. Für die meisten, welche die Ergebnisse der Reformtruppe rund um Bert Rürup in den vergangenen Tagen kommentiert haben, ist das lediglich eine euphemistische Beschreibung dafür, dass sich der Kommissionschef und sein Konterpart Karl Lauterbach auf keinen gemeinsamen Weg einigen wollten und konnten, wie das deutsche Gesundheitswesen langfristig zu finanzieren sei.

Aus Sicht der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) überlassen die führenden Köpfe der Reformkommission des Gesundheitswesens die Qual der eigentlichen Wahl denjenigen, die sich hinter ihnen erfolgreich versteckt zu haben glaubten: den Politikern. Sowohl ein weiterhin beitragsfinanziertes aber auch ein so genanntes Pauschalprämien-Modell seien gleichwertig machbar. Das eine stehe eher im Zeichen des sozialen Ausgleichs, das andere verspreche die größeren wirtschaftlichen Impulse. „Die Kommission stellt das Parlament vor die Entscheidung“, so Lauterbach. Für BZÄK-Präsident Dr. Dr. Jürgen Weitkamp ist diese Vorgehensweise „ein fataler Fehlschlag“: „Da hat wirklich der Berg monatelang gekreißt, und heraus kommt ein Mäuschen an Entscheidungsmut.“ Aus Sicht der Zahnärzteschaft sei diese Vorgehensweise ein weiterer Beweis dafür, wie gering der politische Reformeifer bei den Sozialsystemen in Wirklichkeit ist. „Jetzt wollen sich schon die angeblich unabhängigen Experten nicht mehr die Finger verbrennen“, so Weitkamp. „Ein erbärmliches Ergebnis“ sei es, was die Kommission vorgelegt habe, meint Unions-Gesundheitsexperte Horst Seehofer. Monatelang habe Rürups Kommission „die Republik unterhalten“ und „eine Menge Steuergeld gekostet“. Die einzige Botschaft, die dabei vermittelt würde, sei: „Wir zocken bei den Kranken ab.“ Rürups Maßnahmen seien „sozial unausgewogen und in sich widersprüchlich“. Auch FDP-Gesundheitspolitiker Dieter Thomae kann den Kommissions-Vorschlägen nicht viel abgewinnen. Für den Liberalen sind sie der „Flop des Jahres in der Gesundheitspolitik“. Statt sich auf ein neues Konzept zu einigen, würden „altbekannte Sparmaßnahmen“ aufgezählt. Thomae: „Dafür wäre keine Kommission notwendig gewesen.“ Dass der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine Bauchschmerzen mit Rürups Plänen haben würde, überrascht nicht wirklich. Die Ausgliederung des Krankengeldes sei „der falsche Weg“, so DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer, die es begrüßt, dass sowohl Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt als auch die SPD-Fraktion von den Kommissions-Vorschlägen abrücken wollen. „Die Ablehnung undifferenzierter Praxisgebühren sowie der Privatisierung von Zahnbehandlungen oder Zahnersatz ist ein richtiges und wichtiges Signal“, so Engelen-Kefer. Rürup sei, so die Gewerschaftlerin weiter, in seiner Kommission „überfallartig“ vorgegangen, habe „ein sorgfältiges Abwägen seiner Tischvorlagen“ nicht zugelassen und lediglich „nachgebetet“, was seitens der Bundesregierung schon längst vorgeschlagen wurde. „Das ist nicht originell und auch kein großes Ergebnis.“ Harte Töne von Engelen-Kefer, die vielleicht doch ein bisschen verwundern – schließlich war sie selbst Mitglied der Rürup-Kommission.  

Gudrun Schaich-Walch, SPD-Fraktionsvize und für Gesundheitsfragen zuständig, wendet sich gleichfalls gegen Rürups Idee, für Arztbesuche eine generelle Gebühr von 15 Euro einzuführen. Zwar sei es sinnvoll, „Doktor-Hopping“ seitens der Patienten zu verhindern, aber das gelte lediglich im Bereich der Fachärzte.

„Ein schlappes Ergebnis ihrer Arbeit“ bescheinigt der Kommission auch Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marburger Bundes. Sie habe „kein eindeutiges Modell zur zukunftsfesten Finanzierung des Gesundheitswesens“ vorgelegt – und damit die Chance vertan, „endlich die entscheidenden Weichen zu stellen“. Einmal mehr zeige die Rürup-Kommission, dass es unsinnig sei, ein „nach Proporz zusammengesetztes Expertengremium“ zur Lösung „drängender politischer Prozesse“ einzusetzen.

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