Zuzahlungen im europäischen Ausland

Selbstbeteiligung ist selbstverständlich

Die Reformdiskussionen der letzten Wochen und Monate haben das Thema Eigenbeteiligung im Gesundheitswesen in den Fokus des Interesses gerückt. Der Gedanke, für Gesundheitsleistungen mehr zuzahlen zu müssen, tut den Deutschen weh, im europäischen Ausland wird das Ganze aber aus anderen Blickwinkeln betrachtet. Hier hat man sich schon längst darauf eingestellt, sich an Arztkosten oder Medikamenten zu beteiligen.

In den Niederlanden sind Zusatzversicherungen und Eigenanteil ein Muss, um sich ausreichend gegen Krankheitsrisiken zu versichern. Die Volksversicherung deckt nur die Basisrisiken ab. Die Schweiz ist bekannt dafür, dass Gesundheit teuer ist. Kosten für Zahnbehandlung oder Zahnersatz zahlt jeder Schweizer aus eigener Tasche (Ausnahme: schwere Krankheit). Zehn Prozent der Kosten für einen Arztbesuch, für Medikamente oder Behandlungen und Therapien muss der Patienten selbst tragen. In Österreich gibt es Selbstbehalte, an die Deutschland auch nach der Reform noch nicht heranreichen dürfte. Den Franzosen stehen ab Herbst Einschnitte im Gesundheitswesen bevor, da die Sozial- und Krankenversicherung tief in den roten Zahlen steckt. Bereits jetzt werden die Erstattungen für ärztliche Leistungen, Medikamente und Prothesen gekürzt.

Beispiele aus verschiedenen Ländern (Quelle: EU-Komission/Missoc – Gegenseitiges Informationssystem der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten der EU und des EWR, Erhebungen Stand 2002) zeigen, dass viele unserer europäischen Nachbarn schon längst darauf eingestellt sind, für Gesundheitsleistungen zuzuzahlen (Näheres zeigt die Tabelle):

• Ambulante Versorgung: Jeder Arztbesuch in Schweden kostet zwischen elf und 16 Euro, bei einem Facharztbesuch beträgt die Selbstbeteiligung zwischen 16 und 27 Euro. In Frankreich wird eine Selbstbeteiligung für den Besuch beim praktischen Arzt in Höhe von 30 Prozent fällig.

• Stationäre Versorgung: In Frankreich beispielsweise zahlt der Versicherte eine Kostenbeteiligung bei Behandlungsaufwendungen von 20 Prozent. In Irland existiert dafür eine Obergrenze, und zwar in Höhe von 330 Euro pro Jahr. In Finnland hingegen ist eine Obergrenze pro Jahr nicht vorgesehen. Dort werden 26 Euro für jeden Aufenthaltstag erhoben.

• Arzneimittel: Die Rezeptgebühren beispielsweise in Österreich und Großbritannien betragen 4,14 Euro beziehungsweise 9,74 Euro pro Verschreibung. In Finnland liegt die Selbstbeteiligung bei 8,41 Euro plus 50 Prozent der darüber hinaus gehenden Kosten für verschriebene Medikamente. In Schweden existiert ein Staffelsystem. Der Patient trägt alle Kosten bis 97 Euro im Jahr selbst. Bei Kosten zwischen 97 und 183 Euro werden 50 Prozent erstattet, zwischen 183 und 356 Euro Kosten werden 75 Prozent erstattet, zwischen 356 und 463 Euro werden 90 Prozent erstattet und Kosten über 463 Euro werden vollständig erstattet.

Positive Wirkung

Das IW Institut der Deutschen Wirtschaft wies bereits im vergangenen Jahr darauf hin, dass Selbstbeteiligung im Gesundheitswesen zu Einsparungen führe (iwd Nr. 37, 12. September 2002). Das zeige sich in weniger Arztbesuchen. Während die Deutschen 1998 im Schnitt 6,5 mal pro Jahr einen – kostenlosen – Besuch beim Arzt machten, konsultierten die – zuzahlungspflichtigen – Schweden ihren Arzt nur 2,8 mal. Bei den Finnen war es 4,2 mal.

Auch die Krankenhausaufenthalte seien kürzer. Während sich ein Deutscher 1998 im Schnitt 10,7 Tage in der Klinik aufhielt, lagen die Zahlen in Ländern mit höheren Selbstbehalten deutlich darunter. So blieben die Franzosen 5,6 Tage im Schnitt im Krankenhaus, die Finnen 4,7 Tage und die Schweden sechs Tage.

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