Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
„Tue Gutes und rede darüber.“ – dieses tradierte „erste Gebot“ für Öffentlichkeitsarbeit gilt nach wie vor, kommt aber in politisch schlechten Zeiten – wohl mangels Masse – kaum noch zur Anwendung. Im Bemühen der Bundesregierung um die „Sozialreformen“ hat diese Maxime jedenfalls ihre Passform verloren. Das im Zeitalter medialen Infotainments von Journalisten in der Regel angewandte „Even bad news are good news“ ist vielmehr die gängige Antwort auf die Sparbemühungen dieser Regierung.
Was da noch bleibt, ist wohl eine abgewandelte Form des PR-Gebotes: „Tue etwas und rede es gut“. Dieses Motto beherzigt jedenfalls Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt mit den jetzt ausgegebenen Geldern zur Stützung des Gesetzes. „Die Gesundheitsreform: Eine gesunde Entscheidung für alle!“ heißt der Titel einer Broschüre des „Redaktionsbüros Gesundheit“ der Ministerin, die jetzt zusammen mit einer Reihe vorgefasster, gebrauchsfertig „downloadfähiger” Artikel uns Redaktionen zur Verfügung gestellt werden.
Zwei glückliche Gesichter auf dem Deckblatt der Broschüre suggerieren Erfolg auf ganzer Linie. „Mehr Mitsprache, mehr Qualität, mehr Effizienz“ sind, so die Headlines, das, was unser Gesundheitswesen ab Januar 2004 laut dieser BMGS-Kampagne wieder zum Blühen bringen soll. Was uns wirklich blüht, dazu haben die Betroffenen viel gesagt. „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker,“ heißt es ja auch im Vorwort der Ministerin zur Aufklärungsbroschüre.
Wer die Antworten der Ärzte und Apotheker zur Reform kennt, kann als Patient diesen Euphemismen nicht glauben. Und was die Zahnärzte zu dieser „Reform“ sagen, lesen Sie regelmäßig in diesem Heft. Wahr ist sicherlich, dass das neue Volksparteien- Gesetz diese Kampagne nötig hat. Denn auch wenn CDU-Chefin Angela Merkel nach Veröffentlichung des Parteien- Kompromisses gesagt hat, dass „die Reform gelungen sei, wenn die Gruppen, die betroffen sind, alle Kritik üben,“ ist das zwar „Politik“ im Sinne des Duden, nämlich „berechnendes, zielgerichtetes Vorgehen“, aber keinesfalls das, was die Bürger von ihren Volksvertretern erwarten. Schon deshalb ist dieses Geld im Sinne der Politik gut angelegt, ganz im Sinne des Duden.
Fakt ist, dass es gut eineinhalb Monate vor In-Kraft-Treten des neuen Gesetzes für viele der Forderungen des Gesetzgebers noch keine praktikablen Lösungen gibt. Vater Staat überlässt das den Selbstverwaltungen der Leistungsträger und Krankenkassen. Was von den angestrebten Kosteneinsparungen tatsächlich übrig bleiben wird, lässt sich sicherlich im kommenden Jahr ablesen. Und das Gesundheitsmodernisierungsgesetz ist, darin sind sich alle einig, nur die Reform vor der Reform.
Unser Tipp an den Gesetzgeber: Tue Gutes, dann reden wir darüber.
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur