Infektionskrankheiten

HIV/AIDS – Impfung noch nicht vom Tisch

In kaum einem Gebiet der Medizin hat es in den vergangenen 20 Jahren eine derart stürmische Entwicklung gegeben, wie bei HIV und AIDS. Nun haben die Forscher weitere Erfolge zu vermelden, wie anlässlich der Medica in Düsseldorf bekannt wurde: Schon in Kürze soll mit der Erprobung neuer Impfstoffe gegen AIDS-Viren begonnen werden und das unter anderem auch in Deutschland.

Während bei der Behandlung von HIV und AIDS in den vergangenen Jahren immer wieder Erfolge erzielt wurden, war es um die Entwicklung effektiver Impfverfahren eine Zeit lang still geworden. Nun ist das Thema wieder hochaktuell, nachdem die Testung von zwei Vakzinen in Deutschland angekündigt wurde. Es handelt sich zum einen um einen Impfstoff, der vorbeugend wirksam sein soll, während das zweite Vakzin der therapeutischen Unterstützung dient, wie Professor Dr. Hans Wolf aus Regensburg bei einer Pressekonferenz des Kompetenznetz HIV/AIDS während der Medica in Düsseldorf berichtete.

Die Impfstoffe bestehen nach Angaben des Forschers aus abgeschwächten rekombinanten Vakzinia-Viren, also Kuhpockenviren, die mit verschiedenen Genen des HI-Virus ausgestattet wurden. Die entscheidenden Arbeiten hierzu wurden nach Wolf vom Kompetenznetz HIV/AIDS, das seit rund eineinhalb Jahren die Forschungsaktivitäten in Deutschland bündelt, unterstützt. In einem systematischen Ansatz wurden dabei Prototypen-Immunogene entwickelt. Dann folgten, so der Referent, Prüfungen an Nagetieren und anschließend bei Primaten-Affen.

Zwei der getesteten Produkte erwiesen sich als wirksam und können nun auch am Menschen erprobt werden. Es handelt sich bei der vorbeugend wirksamen Vakzine um einen Impfstoff gegen HIV-Subtyp-C, die weltweit häufigste Virusvariante, die im Rahmen einer europäischen Multicenterstudie bei HIV-negativen Freiwilligen getestet werden soll und das unter anderem auch an der Medizinischen Klinik der Universität Regensburg.

Immunreaktionen durch therapeutische Impfung

Fast interessanter noch dürfte der Ansatz der therapeutischen Impfung sein, bei der versucht wird, mit Hilfe einer Immunisierung bei infizierten Personen eine dauerhafte humorale und zelluläre Immunantwort gegen die HI-Viren zu induzieren, um so eine bessere Langzeitkontrolle der Infektion zu erwirken. Eine solche Vakzine hätte, so hieß es in Düsseldorf, nicht nur für den Betroffenen Vorteile. Denn sie kann möglicherweise, so die Erwartungen, zugleich die Infektiosität der Körperflüssigkeiten bei den Infizierten mindern, damit das Übertragungsrisiko minimieren und die Ausbreitung der HIV-Infektion eindämmen.

Von der Impfstoffentwicklung abgesehen, wurden in der HIV/AIDS-Forschung nach Professor Dr. Norbert Brockmeyer aus Bochum in den vergangenen Jahren erhebliche Schritte nach vorne getan. Es wurden effektive Medikamente entwickelt, die den Ausbruch und den Verlauf der Erkrankung um Jahre verzögern. Die Behandlungsergebnisse der hoch aktiven antiretroviralen Therapie sind in den Industrieländern nach Brockmeyer inzwischen so gut, dass sie durchaus mit einer erfolgreichen Krebstherapie verglichen werden können. „Ebenso wie Krebspatienten nach erfolgreicher Behandlung bei vielen Lebensversicherungen eine Police angeboten wird, sollte das nun aber auch bei HIV-Patienten geschehen“, mahnte der Mediziner. Die therapeutischen Fortschritte setzen sich auch künftig wohl weiter fort, denn in diesem Jahr kam erneut ein HIV-Therapeutikum mit neuem Angriffspunkt auf den Markt, so dass sich die Therapieoptionen derzeit noch erweitern.

Neuinfektionsrate steigt weiter in westlicher Welt

Während in den Industrienationen in Sachen HIV und AIDS kontinuierlich Fortschritte zu verzeichnen sind, ist die Situation in den Entwicklungsländern nach Brockmeyer Besorgnis erregend, da Infizierte in diesen Ländern von den Fortschritten weitgehend ausgeschlossen sind. Weltweit sind nach seinen Angaben inzwischen 42 Millionen Menschen HIV-infiziert. Anders als in den USA und Mitteleuropa, wo vor allem homosexuelle Männer betroffen sind, überwiegt nach Angaben des Bochumer Mediziners in den Entwicklungsländern die heterosexuelle Übertragung.

Besorgnis erregend ist allerdings auch die Situation in der westlichen Welt, weil nach Jahren der Stagnation derzeit die Neuinfektionsrate doch wieder deutlich ansteigt. Ursache ist nach Brockmeyer der Verzicht auf Safer-Sex-Praktiken durch eine Art „neue Sorglosigkeit“, die sich auf eine Unterschätzung der Risiken, auf eine Überschätzung der Therapieerfolge und auch auf Sparmaßnahmen bei den öffentlichen Beratungsstellen gründet. Sie haben zur Folge, so kritisierte der Mediziner, dass Aufklärungskampagnen nicht mehr so intensiv geführt werden können wie früher.

Christine VetterMerkenicherstraße 224, 50735 Köln

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