KZBV-Vertreterversammlung

Abschied von rein ehrenamtlicher Selbstverwaltung

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Abschluss einer Ära für die einen, ein „Begräbnis erster Klasse“ für andere: Die KZBV-Vertreterversammlung, die am 11. November 2004 in Frankfurt erstmals im Rahmen des deutschen Zahnärztetages stattfand, zog einen Schlussstrich unter 50 Jahre rein ehrenamtlicher KZBV-Arbeit. Also kein Anlass für schönfärbende Festreden zu Gunsten des Jubilars, der qua GKV-Modernisierungsgesetz ab kommendem Jahr auf neue Füße gestellt wird. Aber auch kein Grund für die Versammlung, die langjährige Erfolgsgeschichte zahnärztlicher Selbstverwaltung auszuschweigen.

Weder Fest- noch Grabrede wollte der amtierende Vorsitzende der KZBV mit seinem Bericht zur jährlichen Vertreterversammlung der Delegierten halten. Geboten hat Dr. Jürgen Fedderwitz im Kongress-Zentrum der Frankfurter Messe eine für den traditionellen Rahmen ungewöhnliche, weit „über den beruflichen Tellerrand“ hinausreichende analytische Betrachtung zur Lage der Nation. Die Prognose des KZBV-Chefs für den „Patienten Deutschland“: Seine „wohlfahrtsstaatlich geprägte Lebenseinstellung macht eine Therapie schwer.“ Die deutschen Sozialversicherungssysteme seien über Jahre „verhängnisvoll belastet und geplündert worden für die Finanzierung von Wahlgeschenken“.

Nicht nur der Bundesregierung, auch der CDU, so wertete Fedderwitz die aktuelle politische Situation, traue man in Deutschland keine Problemlösungen mehr zu: „Die christdemokratischen Vorschläge zur Gesundheitsreform werden von drei Vierteln der Bundesbürger schroff abgelehnt.“ Dass eine große Partei, will sie was bewerkstelligen, die andere große Partei brauche, werde nicht als „Defizit an politischen Handlungs- und Gestaltungs- ja letztlich Durchsetzungsmöglichkeiten“ gesehen, sondern als Garantie für Stabilität sogar positiv bewertet. Fedderwitz: „Konfrontiert man uns Deutsche mit der Wirklichkeit, entscheiden wir uns für den Traum. So haben wir es uns bequem gemacht über die Jahre im Wolkenkuckucksheim. Die Politiker handeln doch nur konsequent: Abwarten und Tee trinken.“

Dabei sei man eigentlich längst weiter: „Wir haben in diesem Land kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ Auf die Erfüllung von Lothar Späths These, Deutschland habe erst wieder eine wirklich leistungsstarke Gesellschaft, wenn diejenigen, die bereit seien, Verantwortung zu übernehmen, am Ende nicht die Dummen sind, könne man nicht warten, betonte der KZBVVorsitzende. Für das Beschreiten von Auswegen brauche man „die Verantwortung, die Bereitschaft, einen eigenen Beitrag zu leisten,“ so, wie es die Zahnärzteschaft mit ihren Konzepten seit Jahren vorschlage – und zunehmend umsetze. Fedderwitz: „Die Festzuschussregelung im Zahnarztbereich ist ein, ich meine der erste, Beitrag, den Reformstau im deutschen Gesundheitswesen abzuarbeiten.“

Kein Modell in Reinkultur

Trotz fragwürdiger gesetzlicher Rahmenbedingungen zog Fedderwitz eine positive Bilanz der letzten zwei Jahre ehrenamtlicher Arbeit in der zahnärztlichen Selbstverwaltung: „Ich bin überzeugt, dass die BEMAUmrelationierung unterm Strich ein Gewinn für die Vertragszahnärzte in Deutschland ist. Und ich bin sicher, dass heute in einem Jahr jede Kollegin, jeder Kollege erkannt haben wird, welche Vorteile das neue Festzuschusssystem haben wird – auch wenn es nicht unser Modell in Reinkultur ist.“

Zum Timing der anstehenden Vorbereitungen verwies Fedderwitz auf die nach Plan verlaufende Umsetzung der vom Gesetzgeber vorgegebenen Maßgaben. Und Fedderwitz appellierte ausdrücklich an die Kollegenschaft: „Aus grundsätzlichen – ich sage: aus übergeordnet politischen Gründen fordere ich die Kolleginnen und Kollegen auf, diesen (nach Maßgabe der GOZ anzusetzenden, Anm. d. Red.) Steigerungsfaktor mit dem nötigen Augenmaß anzusetzen.“ Die einleuchtende Begründung des Vorsitzenden: „Die andere Seite und deren willfährige Helfer in Politik und Medien warten nur darauf, eine erneute Abzockerdiskussion lostreten zu können.“ Fedderwitz vertrat diese Einschätzung auch offensiv auf der zum Deutschen Zahnärztetag veranstalteten, ausgesprochen gut besuchten Pressekonferenz. Dahinter stecke der „schlecht getarnte Versuch, die von den Kassen eigentlich ungeliebten Festzuschüsse vielleicht doch noch zu kippen“. Fedderwitz warnte: „Die ersten – bezeichnenderweise wieder vom VdAK – zündeln schon wieder“ (siehe auch zm-Leitartikel 22/2004).

Die Zahnärzte seien, so der Vorsitzende, „nicht die Brandstifter“. Allerdings werde man sich den Umgang mit der GOZ auch nicht von außen vorschreiben lassen: „Das machen wir selbst“, stellte Fedderwitz klar. Er betonte aber auch: „Wir werden alles tun, damit dieser Systemwechsel reibungslos für Patienten und Zahnärzte über die Bühne geht.“ Schließlich sehe man das Festzuschusssystem auch als Lösung für „andere Leistungsbereiche der Zahnmedizin, die mit den herkömmlichen Finanzierungsmethoden der GKV zukünftig nicht mehr gestemmt werden können“.

Eine äußerst fähige Selbstverwaltung

Mit den zahnärztlichen Konzepten, die in den zurückliegenden Jahren immer wieder stark angefeindet wurden, befinde sich die Zahnärzteschaft auf dem „richtigen Weg“: „Wir Zahnärzte haben bisher unsere Hausaufgaben gemacht und werden das auch weiter tun“, bekräftigte der KZBV-Vorsitzende mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen: „Wer hätte das gedacht, dass einmal ein an Zahl kleiner Berufsstand zum beispielgebenden Vorbild wird, dass sich das Festzuschusssystem zum Modell mit Gewinn in Zeiten allgemeinen Verlierens mausert und damit ein Vorbild für die bitter nötige Genesung des Patienten Deutschland ist?“ Mit den Verhandlungsergebnissen um das Festzuschusssystem im Zahnersatz habe man „zu Zeiten der Ehrenamtlichkeit ein letztes Mal gezeigt“, wozu diese Selbstverwaltung fähig ist. Dies gelte es jetzt, durch hauptamtliche Vorstandsstrukturen fortzuführen. Dass die Selbstverwaltung erfolgreich war, bestätige nicht zuletzt das GMG selbst mit dem Beschluss, frei nach der Maßgabe des „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“ der KZBV, den KZVen und ihren Schwesterkörperschaften der Ärzteschaft als „eher lästigem Störfaktor“ weitere Erfolge streitig zu machen.

Mit einer besonderen Ehrung bedankte sich der Vorsitzende im Namen der KZBV beim inzwischen in den Ruhestand getretenen langjährigen Leiter der KZBV-Vertragsabteilung, RA Holger Tadsen. Tadsen, der im Februar 1972 in die KZBV eintrat und die Geschicke der Vertragsabteilung über lange Jahre gelenkt hat, betonte in seiner Dankesrede, dass seiner Erfahrung nach der Erfolg berufspolitischer Arbeit sich in kleinen Schritten einstelle, auch das „nicht optimale Ergebnis immer Ausgangspunkt für weitere Verbesserungen sein sollte“. Tadsen hofft, dass die Zahnärzte ihre Chancen auch in dem jetzt anstehenden Korsett des GMG weiterhin wahrnehmen.

Eine ausdrückliche Würdigung von 50 Jahren rein selbstverwalteter KZBVArbeit vollzog der Vorsitzende der KZBV-Vertreterversammlung Dr. Gunther Lichtblau. Nach dieser letzten VV ihrer Art trete die Zahnärzteschaft ab Januar 2005 in eine „neue Zeitrechnung“ ein. Die durch das GMG bedingte Änderung sei erfolgt, „obwohl die bisherigen Vorstände auch ohne Professionalisierung die Probleme immer pünktlich und vernünftig gelöst haben“. Lichtblau, der einen sehr dezidierten Abriss von fünf Jahrzehnten KZBV-Erfolgsarbeit bot, wünschte „denjenigen, die sich weiter für ein Amt zur Verfügung gestellt haben, eine glückliche Hand“.

Einen Bericht über die KZBV-Öffentlichkeitskampagne der Jahre 2003 und 2004 gab KZBV-Vorstandsmitglied für Öffentlichkeitsarbeit ZA Dieter Krenkel. Das diesjährige Konzept, in dem die Schaltung von Anzeigen zu Gunsten einer vermehrten Unterstützung der Zahnarztpraxen mit Materialien zur Aufklärung der Patienten über die im Rahmen des GMG anstehenden Veränderungen reduziert wurde, sei – so zeigten es die Abrufe aus den Praxen – ein großer Erfolg. Die Delegiertenversammlung beauftragte den Kassenprüfungsausschuss mit der noch zu tätigenden Kassenprüfung der Kampagnenjahre 2003 und 2004.

Dr. Günther E. Buchholz lieferte den Delegierten einen ausführlichen Bericht zur Planung des Haushaltes und Investitionshaushaltes des kommenden Jahres. Ein Antrag zur Geschäftsordnung aus Bayern mit dem Hinweis, dass die VV nicht die Arbeit der künftig Hauptamtlichen leisten solle, man folglich keinen Haushaltsentwurf verabschieden wolle, wurde abgelehnt. Haushalt und Investitionshaushalt wurden von den Delegierten mit jeweils großer Mehrheit verabschiedet.

Mit ausdrücklichem Dank an den Vorsitzenden Dr. Lichtblau sowie seine Stellvertreter Dr. Jochen Schmidt und Dr. Konrad Koch sowie die Delegierten schloss der KZBV-Vorsitzende die VV. Die konstituierende Sitzung der neuen Vertreterversammlung findet am 17. Dezember in Köln statt.

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