Mit deutscher Handschrift
Verschlankung, mehr Effizienz und mehr Synergieeffekte – unter diesen Gesichtspunkten formte die FDI vor rund zehn Jahren aus fünf verschiedenen Kommissionen eine zentrale Wissenschaftskommission. Das geschah im Wesentlichen unter deutschem Einfluss. Prof. Dr. Elmar Reich, der bisherige Vorsitzende der Kommission, sowie seine Kollegen reagierten damit auf die Zeichen der Zeit, vor allem auf die jüngsten Veränderungen in der Wissenschaft wie in der Zahnheilkunde. Die auffälligste Neuerung ist unter dem Begriff „Evidenzbasierte Zahnheilkunde/ Evidence-based Dentistry (EBD)“ zusammenzufassen.
Zu den wichtigsten Ergebnissen der EBD gehören Leitlinien oder Anleitungen, die heute von vielen Gruppen publiziert werden. Die Bedeutung und Wertigkeit dieser Leitlinien wird nach wissenschaftlichen Qualitätskriterien eingeteilt. Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Meinungen von Experten auf dieser Qualitätsskala der wissenschaftlichen Aussagekraft weit unten einzuordnen sind, während prospektive klinische Studien und Metaanalysen die oberen Ränge der Skala einnehmen. Gerade in der Wissenschaftskommission der FDI gab es in den letzten Jahren intensive Diskussionen über diese Entwicklung. Deren Nutzen für die Zahnärzteschaft sowie deren Verbreitung und Umsetzung in die Praxis zählen zu den Hauptzielen des Gremiums.
Während die FDI noch vor wenigen Jahren überwiegend die Ansichten verschiedener Experten zu klinischen Themen publiziert hatte, war es das Bemühen der Kommission, auch durch die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Partnern, wie der International Association of Dental Research (IADR) oder der Cochrane- Gruppe, Empfehlungen abzugeben, die sich auf eine breite wissenschaftliche Basis stützen. Aus diesem Grunde werden auch alle Artikel und alle wissenschaftlichen Berichte der Wissenschaftskommission, die im International Dental Journal publiziert werden, einer Peer-Review (Begutachtung durch andere Wissenschaftler) bei externen Gutachtern unterzogen.
Fragen an die Verbände
Jeden Winter versendet die FDI Fragebögen an die nationalen Zahnärzteverbände, um deren Bedürfnisse und aktuelle Themenstellungen zu ermitteln. So kann die Kommission zeitnah reagieren und auf Anforderungen eingehen.
Erst vor kurzem kam es zu einer Ausweitung des Themenspektrums. Während noch in den 90er Jahren bestimmte Standardthemen über längere Zeit hinweg kontinuierlich bearbeitet wurden (zum Beispiel Nebenwirkungen von Amalgam und Kompositen oder HIV-AIDS), ist die Wissenschaftskommission in der letzten Amtsperiode dazu übergegangen, aktuelle Fragen abzuarbeiten, um Raum für neue Aspekte zu schaffen. Ein wichtiges Thema war unlängst der Zustand und die Desinfektion von Wasserleitungen in zahnärztlichen Einheiten. Weiterhin gehört dazu die Stellungnahme der FDI zu Amalgam, die von der WHO übernommen wurde. Für die zahnärztliche Therapie in Entwicklungsländern hat die FDI die Einführung der straumatisch restaurativen Technik (ART) nterstützt, die in Industrieländern in der Kinderzahnheilkunde Anwendung gefunden hat.
Auf dem letzten FDI-Kongress 2003 in Sydney wurden allein neun fachliche Stellungnahmen verabschiedet, bei denen die deutschen Vertreter maßgeblich ihre Wünsche einbringen konnten. Dazu gehören Themen wie die zahnärztliche Ausbildung, Mundgesundheitsziele, Auswirkungen der Mastikation auf die Allgemeingesundheit, Fluoride in Füllungsmaterialien, Infektionskontrolle in der Zahnheilkunde und Mundgesundheitsversorgung von Behinderten.
Kooperation mit der WHO
Die Kooperation mit der WHO hat zur Formulierung allgemeiner Gesundheitsziele geführt, zum Beispiel zur Anti-Raucher- Kampagne und zu Noma (Wangenbrand). Manche Fragestellungen, die an die Wissenschaftskommission gerichtet waren, wurden im letzten Jahr an die vor zwei Jahren neu gegründete Praxiskommission übergeben, dazu gehören Themen wie der Bedarf an Personal in der Zahnarztpraxis oder die Qualifikation der Ausbildung.
Die seit drei Jahren wieder intensivere Kooperation mit der International Organization for Standardization (ISO) ist ein weiteres Feld der externen Kooperation. Die ISO entwickelt Standards in der Zahnheilkunde und auf anderen Gebieten. Bei den Experten der ISO handelt es sich meist um Wissenschaftler aus der Industrie. Aber die ISO hat auch große Einflüsse auf die zahnärztliche Praxis, wenn man an Amalgamabscheider, Füllungsmaterialien oder Mundhygieneprodukte denkt. Die Wissenschaftskommission beabsichtigt, einzelne Kooperationsprojekte zusammen mit der ISO zu definieren, die ganz wesentliche Bedeutung für den Arbeitsalltag des Zahnarztes haben. So sind zum Beispiel die wissenschaftlichen Standards für die Einführung neuer Füllungsmaterialien überarbeitungsbedürftig.
Publikationen von Fachartikeln im FDI-Organ International Dental Journal (IDJ) bilden eine gute Basis sowohl für die Aus- und Weiterbildung von Zahnärzten in der Praxis wie auch für Studenten. Dabei hat sich das neue Format des IDJ bewährt, um die Arbeit der Wissenschaftskommission überzeugend darzustellen.
Prof. Dr. Rainer Biffar ist jetzt als neues Mitglied in die FDI-Wissenschaftskommission gewählt worden. Zahlreiche deutsche Referenten konnten zu den FDI-Kongressen gewonnen werden auf Initiativen von Prof. Dr. Peter Reichart und seinem Vorgänger Prof. Dr. Rolf Nolden, Mitglieder im Kongress- Komitee. pr
■ Weitere Details zur FDI unter www.fdiworldental.org. Hier findet sich auch eine Übersicht der Arbeitsaufgaben der Wissenschafts- und Praxiskommission sowie eine Zusammenstellung aller aktuellen Leitlinien, Empfehlungen und Stellungnahmen.