Oft verkannt

Die Gallensteine

Die weitaus meisten Gallensteine gelten als klinisch stumm, also als asymptomatisch. Das aber ist oft ein Trugschluss. Auch wenn es nicht bis zur Kolik kommt, machen doch viele Gallensteine ihren „Trägern“ erhebliche Probleme. Denn, wenn die Kolik einmal da ist, muss häufig die Gallenblase entfernt werden.

Vermehrte Blähungen, Sodbrennen, Schmerzen und Druckgefühle im Oberbauch, Appetitlosigkeit und Unverträglichkeiten bei Nahrungsmitteln, insbesondere gegenüber fetten Speisen: Solche Beschwerden können unter anderem auf Gallensteine hindeuten.

„Stumme“ Beschwerden

Obwohl Literaturberichten zufolge etwa 60 bis 80 Prozent der Gallensteine klinisch stumm sein sollen, gilt das offenbar streng genommen nur für die Gallenkolik. Denn die beschriebenen dyspeptischen Beschwerden plagen die Mehrzahl der Gallensteinträger, wie eine Pilotstudie an der Universitätsklinik München jetzt ergeben hat.

Dort befragte eine Arbeitsgruppe um Professor Dr. Dieter Jüngst 35 Patienten, bei denen asymptomatische Gallensteine diagnostiziert worden waren, mittels eines standardisierten Fragebogens gezielt nach Beschwerden im Bereich des Gastrointestinaltraktes und nach einer entsprechenden Beeinträchtigung der Lebensqualität. Das Ergebnis war für die Mediziner selbst überraschend: „Nur rund ein Sechstel der Menschen mit vermeintlich stummen Gallensteinen hatten tatsächlich keine Beschwerden“, berichtete Jüngst beim 139. Falk Symposium in Freiburg. Mehr als die Hälfte der Patienten aber gaben leichte bis mäßige gastrointestinale Beschwerden an und gut ein Viertel hatte sogar schwere Symptome mit ausgeprägten Einbußen bei der Lebensqualität.

Das Studienergebnis macht nach Jüngst deutlich, dass bei Menschen mit dyspeptischen Beschwerden stets Gallensteine als Ursache ausgeschlossen werden müssen. Außerdem muss bei Patienten, bei denen zum Beispiel im Rahmen einer Routineuntersuchung Gallensteine festgestellt werden, immer genau hinterfragt werden, ob nicht doch durch die Steine Beschwerden verursacht werden.

Vorsicht bei Dyspepsien

Diese können gut durch die Gabe von Ursodeoxycholsäure behandelt werden, wie Jüngst betonte. Hierbei handelt es sich um eine körpereigene Gallensäure, die unter anderem dafür sorgt, dass Cholesterin in der Gallenflüssigkeit gelöst bleibt. Ist das Verhältnis von Cholesterin und Gallensäure ungünstig, so ist die Gallenflüssigkeit an Cholesterin übersättigt, was die Bildung von Gallensteinen unterstützt.

Ursodeoxycholsäure hat einen weiteren günstigen Effekt: So weiß man aus der Behandlung symptomatischer wie asymptomatischer Patienten, dass bei entsprechend frühzeitiger Therapie nicht nur die Beschwerden gebessert werden, sondern dass es weniger zu Komplikationen kommt und seltener eine Operation notwendig wird.

Die OP zur Prophylaxe

Werden die Gallensteine im Rahmen einer Gallenkolik diagnostiziert, so ist das nach Professor Dr. Ulrich Beuers aus München eine Indikation für die operative Entfernung der Gallenblase. Die Berechtigung hierfür liegt in der erhöhten Komplikationsrate, wenn erst einmal eine Gallenkolik aufgetreten ist. In deren Gefolge kommt es nicht selten zu Entzündungen im Bereich der Gallenwege, der Gallenblase und auch der Bauchspeicheldrüse, wie der Mediziner darlegte. Jeder zweite Patient entwickelt außerdem innerhalb nur eines Jahres eine zweite Gallenkolik mit entsprechend erhöhtem Komplikationsrisiko.

Doch auch nach dem operativen Eingriff sind viele Patienten nicht beschwerdefrei. „Rund 35 Prozent von ihnen entwickeln ein Postcholecystektomie-Syndrom“, sagte Jüngst in Freiburg. Die Betroffenen leiden weiter unter wiederkehrenden kolikartigen Schmerzen oder unter zum Teil starken dyspeptischen Beschwerden.

Die Ursache hierfür kann ein vermehrter gastroösophagealer Reflux sein. Aber auch Behinderungen beim Abfluss der Gallenflüssigkeit, die nicht mehr in der Gallenblase gespeichert werden kann, vermögen diese Beschwerden zu verursachen. Als Therapie bietet sich dann ebenfalls Ursodeoxycholsäure an, die den Gallenfluss erleichtert.

Steht ein ständiger Reflux im Vordergrund der Symptomatik, so ist ein Protonenpumpenhemmer indiziert und bei kolikartigen Schmerzen eher ein Spasmolytikum.

Christine VetterMerkenicher Straße 22450735 Köln

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.