Angst hat viele Gesichter
„An jedem Zahn hängt ein Mensch.“ Mit dieser gerade auch kindgerechten „human touch“-Feststellung eröffnete Dr. Wolfgang Gutermann als Vorsitzender des Verwaltungsrates vom Informationszentrum Zahngesundheit (IZZ) und amtierender Vorsitzender des Landesverbandes der KZVen Baden-Württembergs seine Begrüßung der aus verschiedenen Bundesländern angereisten Medienvertreter. Gutermanns Eröffnungsmotto blieb Programm, zog sich nachvollziehbar als Leitfaden durch das gesamte Presseforum, das, so der Vorsitzende, bewusst „nicht aus dem wissenschaftlichen Hochparterre“, sondern zielgruppengerecht gestaltet war. Die Fachreferenten boten entsprechend sowohl im Hörsaal des Kinderkrankenhauses Olga-Hospital wie auch im Zahnmedizinischen Fortbildungszentrum (ZFZ) eine für Journalisten informative und anschauliche Präsentation zu den Möglichkeiten moderner Kinderzahnheilkunde.
Ergänzt durch eine zwischenzeitlich zugeschaltete Live-OP an einem stark kariösen Kleinkind erläuterten die am Stuttgarter Modell beteiligten Fachärzte die Vorteile der engen Zusammenarbeit zwischen Zahnmedizin, Onkologie, Neurologie, Kardiologie und Anästhesie des Kinderkrankenhauses. ZFZ-Direktor Prof. Dr. Johannes Einwag schaffte mit einem mitreißenden Vortrag über psychologische Aspekte in der Zahnsanierung die Plattform für die medizinischen Ausführungen der Fachdisziplinen. Einwag machte selbst nüchtern-objektiv eingestellten Medienvertretern deutlich, dass „Angst viele Gesichter hat.“ Der ZFZ-Direktor verdeutlichte anhand psychologischer und medizinischer Motive bestimmter Fälle, welche Vorteile Zahnsanierungen unter Narkose bieten. „Zeitoptimiertes Arbeiten, viele Sachen parallel zu machen“ als Begründung leuchtete dem Plenum, darunter viele medizinische Fachjournalisten, ein. Mit Interesse folgten die Zuhörer den Ausführungen des ZFZ-Direktors zu den praktischen Lösungen für seine „Problempatienten“: Von „Kindersprechstunden“ über Behandlungen mit Ablenkung, vorbereitenden und nachbereitenden Sequenzen bis zur Hypnose reichten die Beispiele des Praktikers aus dem zahnheilkundlichen Alltag. Das Forum reagierte auf den Vortrag mit sehr spezifischen Fragen, beispielsweise zur Zeitdauer der Komplettsanierungen oder den vorrangigen Ursachen der frühkindlichen Karies. Die dazu gehörige Antwort – „zu 90 Prozent Fläschchen“ – mahnt zu öffentlicher Aufklärung.
Hoher Aufwand
Deutlich wurde der hohe Aufwand, der in einer wohlverstandenen, Angst abbauenden Kinderzahnheilkunde notwendig wird. Eine Arbeit, die laut KZV-Vorsitzendem Gutermann, „bis heute nicht mit einem Zuschlag von der Krankenkasse“ gestützt wird.
Die interdisziplinär zusammenarbeitenden Fachkollegen des Kinderkrankenhauses verdeutlichten in Einzelvorträgen das besondere Gewicht, das oraler Gesundheit für den gesundheitlichen Gesamtzustand onko-, neuro- oder kardiologischer Patienten haben kann. Interessant für die vortragenden Mediziner: Insbesondere den Fachjournalisten sind die möglichen Zusammenhänge zwischen Entzündungen durch Läsionen im Mundbereich und kardiologischen Erkrankungen durchaus bewusst. Interessant aber auch die Aufforderung des Kardiologen Dr. Frank Uhlemann an zahnmedizinische Fachkollegen, sich im Falle von Endokarditis- Patienten im Zweifelsfall in der Fachklinik unterstützendes Know how zu holen: „Wir freuen uns über jeden Anruf eines Zahnarztes.“
Der Nachmittag des Presseforums bot Patientendemonstrationen von Kindern in der Nachsorge. Detallierte Frage- und Antwort- Runden gaben den interessierten „Schreiberlingen“ die Möglichkeit, nach der frontal komplexen Wissensvermittlung des Vormittages spezifische Einzelfragen zu stellen, aber auch das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Praxispersonal und ehemaligen „Problempatienten“ zu beobachten.
Der Vortrag des ZFZ-Direktors Einwag zu „Möglichkeiten und Grenzen wirksamer Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen“ schnürte den Medienvertretern ein „Grundlagenpaket“ für die Informationsarbeit zu allem, was Patienten allein – und gemeinsam mit dem Zahnarzt für ihre Mundgesundheit tun können. Alles in allem, so betonten gerade auch die Fachjournalisten, „viel Stoff“ für die künftige Medienarbeit.