Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die schwedischen und finnischen Forscher unter Leitung von Prof. Laura Fratiglioni vom Zentrum für Geriatrie, Epidemiologie und Neurologie am Karolinska-Institut in Stockholm (BMJ 2004, 539-542) untersuchten 1 464 Männer und Frauen im Alter zwischen 65 und 79 Jahren. Die Nachuntersuchung erfolgte im Durchschnitt 23 Jahre später. Zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses waren die Probanden klinisch gesund.
Bei der Nachuntersuchung wurde der Alkoholkonsum nach der Häufigkeit des Trinkens erfragt nach den Kategorien „nie“, „mäßig“ (das heißt einmal im Monat) oder „häufig“ (das heißt mehrmals im Monat).
Gleichzeitig wurde das Genprofil der Teilnehmer nach Allelen durchforstet, die sich in vorausgehenden Studien als relevant für die Ausbildung einer Demenz isolieren ließen.
Schicksalhaftes Gen
Bei der Analyse der genetischen Ergebnisse half die Bestimmung des Genes für Apolipoprotein e4. Dieses Gen ist aus anderen Zusammenhängen dafür bekannt, das Risiko für die Ausbildung einer Demenz zu erhöhen. Es zeigte sich, dass es auch für den Einfluss eines vermehrten Alkoholkonsums im mittleren Lebensalter auf das Risiko einer Demenz im höheren Lebensalter mit verantwortlich ist.
Wie Abbildung 1 demonstriert, folgt das Risiko einer Demenz bei Personen, die dieses Gen nicht tragen, einer U-förmigen Kurve. Sowohl völlig abstinent lebende Probanden als auch die Vieltrinker hatten im Vergleich mit den moderaten Alkoholkonsumenten ein etwa doppelt so hohes Risiko für eine leichte Verschlechterung der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter. Wie die Abbildung jedoch auch zeigt, leiden Träger dieses Gens darunter, mit wachsendem Alkoholkonsum wesentlich stärker der Gefahr einer Demenz im Alter ausgesetzt zu sein: Während bei abstinenten Trägern des Gens eher ein vermindertes Risiko von 60 Prozent im Vergleich zu genetisch normalen Nicht- Trinkern verzeichnet wurde, hatten mäßig trinkende Genträger bereits ein auf 230 Prozent erhöhtes Risiko, starke Trinker ein um 360 Prozent gesteigertes Risiko. Sie mussten also mit einem um den Faktor sechs erhöhten Risiko für Demenz im Alter im Vergleich zu den Abstinenten rechnen. Wie die Autoren erklären, lässt sich diese Risiko-Beeinflussung bislang noch nicht mechanistisch erklären.
Allerdings, so sei hinzugefügt, könnte auch ein gleichsinniger Einfluss von Alkohol auf kardiovaskuläre Risiken mit zur Erklärung herangezogen werden. Dieses Risiko wird offensichtlich durch eine dämpfende Wirkung geringerer Alkoholmengen auf die Bildung von atherosklerotischen Gefäßveränderungen (Abbildung 2) erklärt. Ein ähnlicher Prozess könnte durch Alkohol eventuell auch im Gehirn getriggert werden. Diese Hypothese harrt allerdings noch ihrer Verifizierung.
Natürliche Schutzstoffe
Längere Zeit hatten die Epidemiologen günstige Einflüsse eines auch nur moderaten Alkoholkonsums vor der Öffentlichkeit geheim zu halten versucht. Wurde doch allgemein gefürchtet, dass jedwede positive Aussage über Alkoholika gefährdeten Personen ein zusätzliches Alibi zum zügellosen Trinken geben könnte.
Die Frage stellte sich aber schon sehr früh, ob sich nicht speziell im besonders gut präventiv wirkenden Rotwein Inhaltsstoffe finden lassen, die – ohne Alkohol konsumieren zu müssen – doch einen prominenten Schutzeffekt entwickeln. Hier wurde man fündig: Spezifische Rotwein-Phenole konnten als Schutzstoffe identifiziert werden. Sie wirken vor allem als potentes Antioxidans.
Überraschend gut wirksam ist offensichtlich die Kombination solcher aus Rotweintrauben extrahierter Schutzstoffe mit dem an Alpha-Linolsäure reichen Öl der chinesischen Schwarznessel Perilla fructans.
Eine am 1. Oktober über Apotheken als diätetisches Lebensmittel erhältliche Kombination aus beiden Komponenten zeigte sich bei standardmäßig behandelten Arteriosklerosepatienten bereits nach vier Wochen als wirksam auf Lipidprofil, Blutdruck, schmerzfreie Gehstrecke und Lebensqualität der Patienten. Es wird interessant sein, wie weit diese Möglichkeit einer risikoarmen Nutzung von Rotweinextrakten auch für Patienten mit erblich erhöhter Gefahr einer Demenz anwendbar wäre. Für Patienten mit den klassischen kardiovaskulären Erkrankungen ist eine solche Intervention schon heute ohne Frage empfehlenswert.