Leitartikel

Radio Eriwan lässt grüßen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie war das damals in der Schule im Fach „Gemeinschaftskunde“ (heute heißt das wohl eher „Gesellschaftspolitischer Unterricht“) zum Thema „Demokratie und Gewaltenteilung“, Lektion 1: Die Legislative, das sind Bundestag, Bundesrat und – per Unterschrift – unser Bundespräsident, verabschiedet Gesetze. Die Exekutive – sprich: die Bundesregierung – sorgt für deren Umsetzung. So haben wir das alle gelernt.

Und so gilt es eigentlich noch heute. Allerdings, was die aktuelle Gesundheitspolitik angeht, folgt man Radio Eriwan: „im Prinzip ja, aber ....“ Die Zusatzversicherung für Zahnersatz, Teil des mit der CDU/CSU ausgehandelten GKV-Modernisierungsgesetzes, wird nicht wie verabschiedet mit Beitragspauschale und Wahlmöglichkeit zwischen gesetzlicher oder privater Versicherung ausgegliedert.

Ein ganz anderer, allein von der Bundesregierung erarbeiteter Entwurf passierte statt dessen den Bundestag. Er braucht keine Zustimmung durch den CDU/CSU geprägten Bundesrat. Das Ergebnis: Zwar sind die Arbeitgeber nach wie vor raus aus der Beitragspflicht. Aber mit einem Beitragssatz von 0,4 Prozentpunkten für Zahnersatz bleibt für die GKV-Versicherten – abgesehen von dieser indirekten Beitragserhöhung – alles beim Alten.

Also kein Prämienmodell im Zahnersatz, keine Öffnung zu mehr Wahlfreiheit und Liberalität, keine Eigenverantwortung der Bürger. Das alles frei nach dem Motto: „Was schert mich mein Gesetz von Gestern.“ Ein Schelm, der dabei an die Abwehr gegen das von der CDU generell geplante Prämienmodell denkt? Eine Opposition mit so überwältigender Mehrheit im Bundesrat sollte sich durch diese Taktiererei nicht so auf den Holzweg schicken lassen, schon gar nicht, während man laut lamentierend über die eigenen Ziele streitet. Die Union stolpert über sich selbst, die Regierung frohlockt.

Ob die Paragrafen-Biegerei der Ministerialen bereits vor den Verhandlungen zum GMG eingeplant war, oder erst später bewusst wurde, dass die Zahnersatz-Zusatzversicherung quasi einen Piloten für das von der CDU geplante Prämienmodell darstellt und deswegen unbedingt ausgebremst gehört, hilft jetzt nicht weiter. Politisch wie juristisch feine Art ist das jedenfalls nicht, glaubwürdig ohnehin nicht, zielführend schon gar nicht.

Was jenseits dieser politischen Wirren nach wie vor von den gesetzlichen Rückziehern unberührt bleibt, ist hingegen Herausforderung und Chance für Deutschlands Zahnärzte: Ab 2005 gibt es, so im GMG bestimmt und unwiderrufen, für Zahnersatz die befundorientierten Festzuschüsse.

Und in dieser Sache läuft alles nach Plan: Die in harten Verhandlungsrunden bereits im Sommer im Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Befunde und deren Regelversorgungen stehen. Zurzeit verhandeln KZBV und die Spitzenverbände der Krankenkassen über die Honorierung und die für die Umsetzung erforderlichen Regelungen (darunter Punktwert, Heil- und Kostenplan sowie derzeit noch offene Verfahrensfragen). Bis zum Stichtag 30. November werden die einzelnen Festzuschüsse im Bundesanzeiger veröffentlicht. Dann erst ist eine umfassende Information unserer Patienten möglich. In diesen Tagen liefert die KZBV – wegen der noch anstehenden offenen Fragen – in Form eines Ringbuches die bereits gültigen Informationen an die KZVen zwecks Weitergabe in die Praxen. Alle noch ausstehenden Ergebnisse werden aktuell nach Beschlussfassung nachgedruckt und als Ergänzungslieferungen rechtzeitig an die KZVen geschickt.

In solchen Zeiten sollte es mit Blick auf das, was auf dem Spiel steht, nicht schwer fallen, an den Wert berufsständischer Geschlossenheit zu denken. Mit Argusaugen beobachten nicht nur Politik und Öffentlichkeit, sondern auch die Krankenkassen Deutschlands Zahnärzteschaft. Uneinigkeit im eigenen Lager erfreut immer den Gegner. Um so erstaunlicher ist es, wenn ansonsten umsichtige regionale Standesvertreter ganz offiziell – trotz genauer Kenntnis der Sachlage – über mangelnde Informationspolitik seitens der Bundesebene klagen. Wer so Stimmung macht, mag andere Ziele verfolgen, der Kollegenschaft tut er damit keinen Gefallen. Aus Berlin hört man übrigens, dass der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) bereits wieder mit den Hufen scharrt und nach der Revision strebt. Dessen Ziele sind ja bekannt... Das wäre dann auch eine schöne Gesellschaft!

Rein sachlich gesehen ist es ganz einfach: Die Terminlage ist bekannt, das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren ist transpartent. Und vor allem: Was nicht beschlossen ist, darüber kann auch nicht informiert werden. Da ist es anders als bei Rot/Grün: Wir sind doch nicht von gestern!

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzAmtierender Vorsitzender der KZBV

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