Fortbildungstage der Kammer Sachsen-Anhalt

Rekorde in Wernigerode

Jeder dritte Zahnarzt aus Sachsen-Anhalt war bei den Fortbildungstagen der Kammer dabei – im Mittelpunkt stand die moderne Endodontologie.

„Glückwunsch zu diesem Kongress!“, rief der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, am 17. September 2004 in Wernigerode den Teilnehmern der 12. Fortbildungstage der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt zu. „Allein schon durch Ihr Kommen tun Sie etwas für den guten Ruf des zahnärztlichen Berufsstandes. Sie stellen eindrucksvoll unter Beweis, dass die Zahnärzteschaft der Irrationalität der derzeitigen gesundheitspolitischen Entwicklung etwas sehr Rationales entgegenzusetzen hat – ihre Professionalität, die unter anderem durch die unbeirrte Bereitschaft zur Fortbildung beständig gestärkt wird.“

550 Zahnärzte – das ist etwa jeder dritte niedergelassene Zahnarzt Sachsen-Anhalts – und 295 Zahnarzthelferinnen hatten sich an diesem Septemberwochenende auf den Weg in die bunte Fachwerkstadt am Harz gemacht. Im Mittelpunkt der dreitägigen Fortbildungsveranstaltung standen neue Erkenntnisse und technische Möglichkeiten der Wurzelkanalbehandlung: „Moderne Endodontologie – zwei Schulen, eine Meinung“ war das Thema, das die Besucherzahlen in die Höhe trieb – gezählt wurden rund 300 Anmeldungen mehr als in den Vorjahren.

Als wissenschaftliche Leiter der Tagung hatten die Professoren Claus Löst, Tübingen, und Roland Weiger, Basel, einen komprimierten „Ritt“ durch das Fachgebiet der Endodontologie vorbereitet, der neben einem umfangreichen Vortragsprogramm auch praxisbezogene Seminare und praktische Kurse einschloss, die sämtlich ausgebucht waren. Der Bogen wurde gespannt von der endodontischen Diagnostik und Schmerzbehandlung über Prävention und Therapie von Pulpa-Erkrankungen bis hin zur Wurzelkanalbehandlung und zur Revision von nicht erfolgreichen Füllungen. Die letzten etwaigen Zweifel über die Umsetzbarkeit des von den Wissenschaftlern Dargelegten in den Praxisalltag beseitigte der furiose Vortrag des Tübinger Zahnarztes Dr. Peter Kiefner, der nicht nur belegte, dass Organisation „alles“ sei, sondern dass sie selbstverständlich gepaart sein müsse mit einem soliden Fachwissen, einem profunden Erfahrungsschatz und der strikten Konsequenz in der Therapieplanung und -durchführung von der Ursachensuche und der Schmerzausschaltung bis zur definitiven Wurzelkanalfüllung.

Kapriolen

Die standespolitischen Diskussionen in Wernigerode waren naturgemäß geprägt von den gesundheitspolitischen Kapriolen um die Zahnersatzversicherung ab 2005. Die Zahnärzteschaft hatte den Kompromiss zwischen Regierung und Opposition, mit der Ausgliederung von Zahnersatz aus der gesetzlichen Krankenversicherung wenigstens einen kleinen Schritt in Richtung Umgestaltung der GKV zu gehen, begrüßt. Das Zurückrudern so kurz vor dem Start habe, so Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, nichts mit Pragmatismus zu tun, sondern mit Ideologie; man habe diesen Kompromiss nicht gewollt und streue nun den Patienten Sand in die Augen, indem man vorgebe, eine bessere Lösung anzustreben. In Wahrheit werde der Patient seiner Wahlmöglichkeiten beraubt, sich gesetzlich oder privat zu versichern.

Der Präsident der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt, Dr. Frank Dreihaupt, warf der Bundesgesundheitsministerin vor, sie gehe sorglos mit den Patientenängsten um und zeige sich völlig unsensibel dafür, was die einschneidenden Maßnahmen ihrer eigenen Reform für die Mehrheit der Patienten in Deutschland bedeuten – nämlich nicht nur einen Abschied von dem bisher als sicher und verlässlich Geglaubten, sondern auch eine notwendige neue Orientierung, die erst einmal mit Unsicherheit verbunden ist. Nicht ständig neue Konstellationen seien da gefragt, sondern klare Aussagen über eine zielsichere Politik. Aber gerade an der mangele es offenkundig am meisten.

Auch die Staatssekretärin im FDP-geführten Ministerium für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt, Barbara Freudenberg-Pilster, sparte nicht mit kritischen Urteilen über die Gesundheitspolitik der Bundesregierung. Nach ihrer Ansicht sei die Gesetzesänderung an sich nicht problematisch, sondern vor allem deren Zeitpunkt. Der Verunsicherung der Patienten schon seit Jahresbeginn werde damit neue Nahrung gegeben.

Gewissermaßen den theoretischen Hintergrund zu diesem neuerlichen Beispiel von Konzeptlosigkeit der Politik bot der Festvortrag der Fortbildungstage. Der Rostocker Politikwissenschaftler PD Dr. Hans Jörg Hennecke ging darin der Frage nach, ob es Wege aus der „ordnungspolitischen Verwahrlosung“ in Deutschland gebe.

Seine Antwort kündigt ein Geduldsspiel an: Im Interesse von Verbänden und Gruppierungen habe sich immer mehr verteilungsanstatt ordnungspolitisches Handeln des Staates durchgesetzt. Dabei seien Verquickungen und Verflechtungen entstanden, aus denen man sich realistischerweise nur in kleinen Schritten wieder herausbewegen könne.

Sabine FiedlerGroße Diesdorfer Str. 16239110 Magdeburg

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.