Leitartikel

Die Mohren müssen bleiben

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen“, heißt es in Friedrich Schillers republikanischem Trauerspiel „Verschwörung des Fiesco zu Genua“. Pure Fiktion? Eher ein Stück aus dem richtigen Leben.

Eine – wohl lange Zeit einmalige – Allianz von Freiverbands-Hardlinern, SPD-Linken, grünen Fundis und Unions-„Klosterreifen“ ist sich einig: Die Mohren unserer Republik sollen gefälligst gehen, sie werden nicht mehr gebraucht.

Die Mohren, das sind die K(Z)Ven und ihre Bundesorganisationen. Bei der Begründung hört die neue Freundschaft allerdings schon auf: Der Politik sind ihre ehrenamtlichen KZV-Mohren immer noch „zu sehr“ Zahnärzte, für den Freien Verband schon „zu sehr“ geldgeile Staatsbüttel.

Auch wenn die Vorstellungen über die Abgangsart der Mohren zwischen Schillers Genuesern und denen heutiger Zeitgenossen durchaus differieren – die Genueser haben damals noch „gehenkt“ –, sind politische Häme und Diskreditierungen gegenüber all denen, die im Sinne zahnärztlicher Selbstverwaltung ihre Arbeit tun, seit Jahren an der Tagesordnung.

Zugegeben, die Selbstverwaltungskritiker hatten ja auch Recht: Die „Mohren“ der KZVen haben ihre Arbeit getan. Natürlich mit Erfolg. Erfolglose Selbstverwaltung bräuchte man ja auch nicht abzuschaffen, im Gegenteil. Auch wenn uns allen klar ist, dass man in der Selbstverwaltung nur das gestalten kann, was der Gesetzgeber ermöglicht, auch wenn uns allen klar ist, dass das Auf und Ab einer KZBV-Bilanz letztlich ein Beleg für das Auf und Ab in der deutschen Gesundheitspolitik ist, so waren alle Vorstände der letzten 50 Jahre auch immer ein Prellbock für den Frust und den Ärger der Kollegen, die „die von der KZBV“ immer nur als Bremser und Bürokraten sahen und sehen. Daher an dieser Stelle auch ausdrücklich meinen Dank an die Kollegen und Vorstände, die zu dieser Arbeit bereit waren, die ihre Fähigkeiten und ihre Zeit herhielten und bisweilen auch anderes hinhielten. Der Mohr hat also seine Arbeit getan, Doch kann er, soll er auch gehen?

Diejenigen, die sich am 17. Dezember 2004 zur Konstituierung der ab Jahreswechsel neuen, GMG-gemäß hauptamtlichen Vorstandstätigkeit treffen – viele davon vom FVDZ-Bundesvorstand als Kollaborateure missbilligte Freiverbändler – werden wie bisher für Deutschlands Zahnärzteschaft ihre Arbeit tun.

Zu denken, dass die ehrenamtlich gestrickte KZV ganz im Sinne Schillerschen Sturm und Drangs ein Hort der Freiheit war, ist Augenwischerei. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wer den demokratischen Gepflogenheiten einer Gesellschaft den Rücken kehrt, wird, sobald er klar denkt und schaut, bereits die nächsten Zaunlatten erblicken. Ergo: Freiheit sollte man sich dort nehmen, sie dort gestalten, wo man lebt.

Damit keine Zweifel aufkommen: Die Bundesgesundheitsministerin will das Ende der Freiberuflichkeit. Aber unsere Gedanken bleiben frei, unsere Ideale kann Ulla Schmidt uns nicht mit der Ehrenamtlichkeit nehmen. Jetzt, wo wir über fünf Jahrzehnte bewiesen haben, wie professionell wir hauptamtlichen Zahnärzte in der ehrenamtlichen Selbstverwaltung arbeiten können, wird uns eine veränderte Gesetzeslage nicht abschrecken. Die Zahnärzte werden das, was sie im Ehrenamt mit Erfolg getan haben, auch in den hauptamtlichen Strukturen fortsetzen.

Es wäre unsinnig, gerade jetzt aufzugeben, wo wir mit dem Festzuschusssystem einen Fuß in die Tür zu besseren Zeiten bekommen haben. Das GMG-Festzuschussmodell ist ein erster Beitrag, den Reformstau im deutschen Gesundheitswesen abzuarbeiten. Es ist keine Verheißung auf ein gelobtes Land, in dem Milch und Honig fließen. Aber es vermittelt eine Ahnung, wie und wohin es gehen könnte.

Das Anderen zu überlassen, wäre nicht nur Verrat an allen Kollegen, die die Arbeit in ihren Praxen auch im kommenden Jahr weiter bestreiten müssen und vor allem auch wollen. Es wäre auch Verrat an Freiheitsideen, die im Übrigen nicht der Freie Verband erfunden hat. Es sind Grundlagen eines Selbstverständnisses, das sich durch den gesamten Berufstand zieht. Dem sind wir verpflichtet. Da geht es im nächsten Jahr weiter. Also müssen „die Mohren“ bleiben.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzAmtierender Vorsitzender der KZBV

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