Ökonomie und Qualitätssicherung in der zahnärztlichen Praxis
Präparation, Desinfektion und Wurzelkanalfüllungen
In der Endodontie liegt seit 20 Jahren ein abgesichertes Konzept vor, welches innerhalb dieser Zeit immer weiter verfeinert wurde. Prof. Dr. Michael Hülsmann, Göttingen, bezeichnete das Konzept der Asepsis als Schlüssel zum Erfolg einer endodontischen Behandlung, wobei eine weitgehende Keimreduktion erzielt werden muss. Während und nach der Behandlung ist ein Bakterienneuzutritt zu vermeiden. Das Hauptproblem sind die Bakterien in den Dentintubuli der Kanalwände (oft bis zu 1,2 Millimeter tief).
Zur Kontrolle der Aufbereitungstiefe sind die Endometriegeräte der vierten Generation mit einer Genauigkeit von 90 Prozent der radiologischen Treffgenauigkeit von 80 Prozent überlegen. Jedoch soll auf eine Röntgenmessaufnahme nicht verzichtet werden. Diese liefert wichtige Informationen, etwa über die Krümmung des Wurzelkanals oder über das Vorliegen weiterer Kanäle. Bei den maschinellen Kanalaufbereitungssystemen besteht unter den angebotenen Systemen kein signifikanter Unterschied. Es gibt hier jedoch Unterschiede in der Arbeitssicherheit. Aufgrund der Frakturgefahr empfahl Prof. Dr. Hülsmann bei der maschinellen Kanalaufbereitung die Verwendung spezieller Antriebssysteme. Die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse ist hier extrem hoch. Zur Wurzelkanalspülung hat sich NaOCl, welches 90 Prozent aller Bakterien erreicht, bewährt. Auf H2O2 kann verzichtet werden. Enterococcus faecalis, welcher nur bei Wurzellfüllungsrevisionen und offenen Zähnen zu finden ist, hat sich in diesem Zusammenhang als Problemkeim herausgestellt, da er mit NaOCl nicht erreicht werden kann. Hier schafft eine Chlorhexidin-Diglukonat-Spülung Abhilfe. Als medikamentöse Einlage ist Calciumhydroxid zu empfehlen. Dieses sollte aber nur nach Exstirpation einer nekrotischen Pulpa eingelegt werden. Ansonsten seien Wurzelfüllungen in der ersten Sitzung durchzuführen. Zink-Oxid-Präparate sind als Sealer ungeeignet und sollten keine Verwendung mehr finden. Der Referent sah Nachteile der neuen adhäsiven Füllstrategien in der Polymerisationsschrumpfung und dem Einfluss der Wurzelkanalspülmedien auf die Polymerisation. Bei der postendodontischen Restauration sollten Metallstifte und Schrauben keine Anwendung mehr finden.
Funktionsdiagnostik – praktische Umsetzung
Prof. Dr. Holger Jagstat, Leipzig, bezeichnete die Begriffe der „orofazialen Funktionsstörung“, der „orofazialen Myoarthopathie“, des „orofazialen Schmerzsysndroms“ und des „myofazialen Schmerzsyndroms“ als heute abgelöst durch den Begriff der kraniomandibulären Dysfunktion (CMD). Zum Erkennen von CMD-Patienten in der Praxis ist ein Screening-Test notwendig. Der CMD-Kurzbefund (6er-Test) sei hierzu geeignet. Das Vorgehen hierbei ist einfach, schnell und valide. Die Auswertung erfolgt rein additiv. Die Dokumentation ist durch Aufkleber oder eine Software (CMDcheck) möglich.
Die Diagnoseschemata der IHS und der ICD 9 und 10 sind prinzipiell wertvoll, aber in der Praxis unbrauchbar. Ohne brauchbares Diagnoseschema ist aber keine nachvollziehbare Begründung indizierter Maßnahmen möglich. Daher wurde ein „modernes Diagnoseschema zur therapiespezifischen Erfassung von Anamnesen und Befunden bei CMD“ vorgestellt. Dieses stellt Initial-, Neben- und Differentialdiagnosen. Dabei ist in Einzelfällen bei der Therapie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig. Zum Abschluss dieses Workshops wurde vom Referenten die Herstellung einer Relaxierungsschiene Step-by-Step erläutert. Beim zentrischen Relationsregistrat ist dabei wichtig, den Unterkiefer nur langsam zu führen und eine Druckausübung zu vermeiden. Das Gesichtsbogenregistrat erfolgt am liegenden Patienten.
Behandlungsstrategien für die ästhetische ZHK
Dr. Horst Dieterich, Winnenden, stellte die enge Verknüpfung zwischen der ästhetischen Zahnmedizin und der Zahntechnik heraus. Im Fokus der ästhetischen Zahnmedizin stehen neben jungen Patienten auch die älteren Patienten. Bleaching und ästhetische Zahnmedizin vermischen sich. Den ästhetisch relevanten Bereich entscheidet jeder Patient selbst. Er gab einen Überblick über die Vorstellungen unserer Patienten an eine zahnärztliche Behandlung. Dabei sei dem Patienten die Langlebigkeit der Restauration, die Schmerzfreiheit, das Aussehen (beziehungsweise der ästhetische Eindruck), die Anzahl/Komplexizität der Termine und die Preiswürdigkeit wichtig. Die Kommunikation in der auf ästhetische Verfahren spezialisierten Praxis umfasse neben dem ersten Eindruck die Praxisgestaltung, die Serviceorientierung, die Patienteninformation, das Mitarbeiterverhalten und die Patientenberatung. Der erste Eindruck entsteht fast immer am Telefon. Daher kommt der Mitarbeiterschulung im Telefonverhalten eine wichtige Rolle zu. Die frühere Auffassung der „extension for prevention“ sei heute abgelöst worden durch die „prevention of extension“. Die fotografische Fallverlaufsdokumentation ist eine Qualiätssicherungsmaßnahme. Dr. Dieterich empfahl die Verwendung einer Digitalkamera in Kombination mit einer Fotoarchivierungssoftware.
Implantate: Tipps und Tricks für schwierige Fälle
Zu Beginn des Workshops gingen Prof. Dr. Dr. Dieter Weingart und Dr. Guido Petrin, Stuttgart, auf die Implantationszeitpunkte ein. Die verzögerte Sofortimplantation gilt zurzeit als Standard. Bei der Sofortimplantation im Oberkiefer sollte zur Resorptionsprophylaxe der vestibulären Knochenlamelle tendenziell etwas palatinal versetzt implantiert werden, so dass eventuell ein kleiner Spalt zur vestibulären Lamelle belassen wird. Spalten zwischen Implantat und Knochenlager von kleiner als 1,5 Millimetern brauchen nicht aufgefüllt zu werden. Prof. Dr. Dr. Weingart sprach in diesem Zusammenhang von der so genannten „jumping distance“. Die Sofortbelastung ist im zahnlosen Unterkiefer nur zu empfehlen, wenn gleichzeitig eine Verblockung erfolgt. Dieses Vorgehen sei durch Studien belegt. Zur Augmentation ist der autologe Knochen weiterhin der Goldstandard. Abgerundet wurde dieser Workshop durch zahlreiche ausführliche klinische Fallbeispiele.
Digitale Volumentomographie
Dr. Jürgen Düker, Freiburg, berichtete, dass die in der Zahnmedizin durchgeführte Röntgendiagnostik mit einem Häufigkeitsanteil von 18,4 Prozent an den in der BRD durchgeführten Röntgenaufnahmen beteiligt ist. Jedoch macht deren kollektive effektive Dosis nur 0,1 Prozent an der Gesamtstrahlenbelastung zur Diagnostik aus. Es bestehen Vorteile eines DVT gegenüber einem CT. Neben der geringeren Strahlenbelastung ist der Betrieb eines DVT durch einen Zahnarzt erlaubt. Das Risiko der Strahlenbelastung bezeichnete Dr. Düker beim DVT gegenüber einer Panoramaschichtaufnahme um das Drei- bis Siebenfache erhöht. Zudem sind beim DVT, im Vergleich zu einem CT, die Kosten geringer, die Artefaktneigung durch metallische Restaurationen ist reduziert und eine bessere Einstellung geplanter Implantate ist möglich. Neben der Implantatdiagnostik sind die Indikationen eines DVT insbesondere verlagerte Zähne, die Beurteilung des Nervverlaufes, die Fremdkörperlokalisation, Zysten, Implantatkomplikationen, Knochentumore, Nasennebenhöhlendiagnostik, Frakturdiagnostik und Kiefergelenkserkrankungen. Dr. Claudia Kaefer, Stuttgart, veranschaulichte die Indikationen anhand klinischer DVT-Bilder. Praktisch ergänzt wurde der Kurs durch zwei im Workshop angefertigte DVT-Aufnahmen. Eine anschließende Auswertung und Besprechung erfolgte mit den Kursteilnehmern.
PAR: minimal invasive Therapie, Nahttechniken
Prof. Dr. Jörg Meyle, Giessen, betonte die Wichtigkeit der Entzündungsfreiheit als Erfolgsvoraussetzung parodontalchirurgischer Eingriffe und stellte deren Ziele dar. Das Taschenepithel habe keinen Einfluss auf den klinischen Attachmentgewinn und die Sondierungstiefen. Die Regeneration sei nicht alleine abhängig vom bindegewebigen Reattachment. Als Lappendesign wurden die Papillenschutztechnik, die modifizierte Papillenschutztechnik und die vereinfachte Papillenschutztechnik vorgestellt. Nach einer Darstellung der Nahttechniken erfolgten praktische Übungen zur Einzelknopfnaht, horizontalen Matratzennaht und Laurell-Naht.
Präventives Praxismanagement
Dr. Lutz Laurisch, Korschenbroich, beschrieb die Karies und Parodontitis als Krankheiten in einem umfassenden System sowie deren Faktoren und Einflussgrößen. Die Prophylaxe sei die Antwort auf eine Störung der Balance in diesem System. Er sieht hierbei die Zahnarztpraxis als Anbieter von Gesundheitsleistungen. In der präventiven Zahnmedizin erfolge die Restauration erst nach der Prävention. In der Parodontologie der präventiven Zahnmedizin sei die endgültige Therapieentscheidung erst nach der Vorbehandlung zu treffen. Die Präventionsziele haben sich an der Ätiologie zu orientieren. In diesem Zusammenhang erwähnte Dr. Laurisch die Übertragungsvermeidung, die Kolonisationsvermeidung und die Kolonisationskontrolle. Als Praxis-Präventionsziele nannte er für Kinder die Krankheitsvorhersage und für Erwachsene die Gesundheitsvorhersage. Für die Gruppe der Zwölf- bis 18-Jährigen postulierte er die Anfertigung von Bissflügelaufnahmen nach spätestens zwei Jahren. Die Präventionsstrategie beinhaltet heute die Behandlung des Risikos zu erkranken. Veranschaulicht wurde die Umsetzung anhand eigener Praxisbeispiele. Zur Qualitätsstrategie (TQM) sagte er, dass diese jeden Mitarbeiter mit einbinde.
Neben den oben vorgestellten Workshops erfreuten sich die Workshops „Notfallmedizin in der Praxis – Praktische Übungen für Zahnärzte und ihr Team“ (Dr. Rolf Bublitz, Dr. Rainer Georgi, Stuttgart), „Zahnverletzungen im Kindes und Jugendalter“ (Prof. Dr. Gisela Hetzer, Dresden), „Hygiene und steriles Arbeiten bei operativen Eingriffen in der Praxis – Demonstrationen für das zahnärztliche Team“ (Prof. Dr. Matthias Trautmann, Dr. Rolf Bublitz, Stuttgart), „Therapiekonzepte in der Kinderzahnheilkunde – von der Diagnostik bis zur Füllung“ (Prof. Dr. Karl-Heinz Kunzelmann, PD Dr. Norbert Krämer, Erlangen), „Ästhetische Optimierung durch direkte Restaurationsverfahren“ (Prof. Dr. Dr. Hans-J. Staehle, Heidelberg), „Von der Schneidekante zur panfazialen Fraktur: Traumatologie von A – Z“ (Dr. Dr. Martin Roser, Dr. Guido Petrin, Stuttgart), „Präventionskonzepte für Kinder und Jugendliche“ (Dr. Elfie Laurisch, Korschenbroich), „Harmlose Schleimhautveränderung oder Tumor? Die wichtige Rolle des Zahnarztes“ (Dr. Gert Daake, Dr. Dr. Martin Roser, Stuttgart) und „Parodontologie: Mikrobielle Diagnostik und antibiotische Therapie“ (Prof. Dr. Jörg Meyle, Giessen) eines regen Interesses.
Dr. Marc HemelikPoliklinik für Chirurgische Zahn- Mund- undKieferheilkundeUniversitätsklinikum BonnWelschnonnenstr. 1753111 Bonn